Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Thüringer Wald

683

Thüringer Wald.

quellen" (hrsg. von Wegele und Liliencron, Jena 1854 bis 1886, Bd. 1-5); "Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte" (das. 1854 ff.); Galletti, Geschichte Thüringens (Gotha 1781-85, 6 Bde.); Wachter, Thüringische und obersächsische Geschichte (Leipz. 1826-30, 3 Bde.); Knochenhauer, Geschichte Thüringens in der karolingischen u. sächsischen Zeit (Gotha 1863) und zur Zeit des ersten Landgrafenhauses (das. 1871); Koch, Geschichte Thüringens (das. 1886); Rothe, Chronik von T. (hrsg. von Fritzsche, Eisenach 1888); Gebhardt, Thüringische Kirchengeschichte (Gotha 1880); Bechstein, Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringer Landes (Hildburgh. 1838).

Thüringer Wald (hierzu "Geologische Karte des Thüringer Waldes"), Kettengebirge in Mitteldeutschland, erstreckt sich zwischen Thüringen im N. und Franken im S. in südöstlicher Richtung von der Werra unweit Eisenach bis zum Wetzstein bei Lehesten, nach andern nur bis zur Werra und Schwarza, wo es, den Charakter des Plateaus annehmend, in den Frankenwald übergeht (s. Karte "Sächsische Herzogtümer"). Die Länge des Gebirges, über dessen Kamm in seiner ganzen Ausdehnung ein uralter Grenzweg, der sogen. Rennstieg (s. d.), führt, beträgt, die Linie der Werra- und Schwarzaquelle als Grenze angenommen, 75, bis zum Wetzstein 110 km, während die Breite im äußersten Nordwesten kaum 10 km, im SO., zwischen Rudolstadt und Sonneberg, 35 km beträgt. Das Profil des langgestreckten Gebirgszugs mit seinen zahlreichen, schön gerundeten Gipfeln und muldenförmigen Vertiefungen bildet eine fortlaufende, sanft gekrümmte Wellenlinie, die namentlich von der Nordseite her einen ungemein malerischen Anblick darbietet. Der Kamm selbst erhebt sich nur an wenigen Stellen über 900 m, während die Höhe seiner Ausläufer zwischen 200 m (bei Eisenach und Saalfeld) und 490 m (bei Ilmenau) schwankt. Im allgemeinen kann man den T. W. nach seiner Längenausdehnung in zwei Hälften teilen, die in ihrer von der geognostischen Zusammensetzung abhängigen Oberflächengestalt sich wesentlich voneinander unterscheiden. Auf ihrer etwa durch die Linie Eisfeld-Amtgehren bezeichneten Grenze haben die Gewässer, welche das Gebirge drei Hauptströmen (Elbe, Weser und Rhein) zusendet, ihren Quellknoten. Der nordwestliche Teil bildet eine schmale, gegen Eisenach keilförmig zugespitzte, durch einen hohen Kamm geschlossene Bergkette mit steilem Abfall nach N. und S. Da, abgesehen von räumlich beschränkten Gebieten kristallinischen Urgebirges (Granit-, Gneis- und Glimmerschiefergebiet von Brotterode), die Ablagerungen der Karbon-Rotliegend-Zeit und von diesen wiederum vorwaltend die Lavaströme porphyr- und melaphyrartiger Gesteine die Hauptmasse dieses etwa 75 km langen, 15 bis 22 km breiten Gebirgsabschnitts zusammensetzen, so herrschen die den Eruptivgebieten eignen steilen, zerrissenen, durch malerisch geformte Thalgründe zerklüfteten Terrainformen vor. In diesem vorzugsweise von Bade- und Kurorten belebten Teile liegen zugleich die höchsten und besuchtesten Gipfel des Gebirges: der Inselsberg (915 m), der Große Beerberg (983), der Schneekopf (978), der Finsterberg (947), der Kickelhahn (861 m) u. a. Der südöstliche Teil (den Wetzstein als Grenze angenommen) stellt sich als ein fast ebenso langes, dagegen 40-50 km breites, wellenförmiges, hauptsächlich aus Phyllit, Thonschiefer und Grauwacke bestehendes Hochland dar, mit steilem Abfall nach S., breitfüßigen und flach geböschten Bergen, welche sich nur wenig über das allgemeine Niveau erheben, und langgestreckten, etwas einförmigen, aber von gewerblichem und industriellem Verkehr vielfach belebten Thälern. Als höchste Punkte sind hier zu nennen: das Kieferle (877 m), die Kursdorfer Kuppe (805), der Wurzelberg (837) und der Wetzstein (821 m). - Der Wald besteht vorherrschend aus Tannen und Fichten, neben denen auch bedeutende Laubwaldbestände vorkommen, gegenwärtig fast überall Gegenstand einer sorgfältigen Kultur. Die am höchsten gelegenen, stets bewohnten Orte sind: Neustadt a. R. (925 m), Igelshieb (835), Steinheid (814), Neuhaus a. R. (812), Oberhof (811), Oberweißbach (754), Schmiedefeld (728 m) etc., fast alle im südöstlichen Teile des Thüringer Waldes liegend.

In geognostischer Beziehung gehört der T. W. zu den interessantesten und lehrreichsten Gebirgen Deutschlands. Das nordwestliche Ende besteht aus Rotliegendem; weiterhin gegen SO. wächst in der Nachbarschaft des inselartig hervortauchenden Kernes kristallinischen Grundgebirges (Granit, Gneis, Glimmerschiefer) die Zahl und Mannigfaltigkeit der karbonisch-rotliegenden Sedimente und besonders der gleichalterigen Eruptivgesteine mit ihren Tuffbildungen. Porphyr, Porphyrit, Melaphyr in den verschiedenartigsten Abänderungen durchsetzen gangförmig und stockförmig oder überlagern deckenförmig die bisweilen stark zurücktretenden und in ihrem Lagerungsgefüge durch zahlreiche Verwerfungen gestörten Schichtgesteine. Dabei walten in den gewaltigen, Lavaströmen vergleichbaren Deckenergüssen der tiefern (karbonischen) Stufe, wie sie den Granit von Suhl, Vesser, Schmiedefeld und Stützerbach überlagern, die basischen Eruptivgesteine (Melaphyr, Glimmerporphyrit), in der höhern, dem Rotliegenden zugerechneten Stufe, insonderheit auf der Strecke Tambach, Oberhof, Elgersburg, dagegen die sauren Glieder (Quarzporphyr etc.) vor. Südöstlich der Linie Amtgehren, Neustadt a. R., Unterneubrunn hören die zusammenhängenden Eruptivgesteinsdecken ziemlich plötzlich auf, und die Glieder des kambrisch-phyllitischen Schiefersystems (Thonschiefer, Grauwacke, Quarzit) mit den bei Siegmundsburg aufgefundenen Vertretern der ältesten Fauna treten in der ganzen Breite des Waldgebirges hervor. Schon hart an der Grenze gegen den Frankenwald lagern sich in schmalem, von SW. bis NO. laufendem Streifen von Steinach über Spechtsbrunn, Gräfenthal nach Saalfeld die Glieder des Silur- und Devonsystems auf, ihrerseits den weit in den Frankenwald in großer Fläche verbreiteten Kulm (Unterkarbon) tragend. Der ganze Gebirgskörper erscheint als ein durch gewaltige Bruchlinien (Verwerfungen) von dem ihn allseitig umgebenden, eingesunkenen, aus Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper gebildeten hügeligen Vorland losgetrennter und stehen gebliebener horstförmiger Keil. Wo das Absinken des Vorlandes von demselben weniger in Gestalt scharfer, schnittförmiger Brüche als durch eine Schichtenverbiegung und Niederziehung erfolgte, ist die Zechsteinformation als bald breiterer, bald schmälerer Randsaum des Gebirges erhalten.

Die Gewässer des Thüringer Waldes, sämtlich zum Gebiet der Nordsee gehörend, verzweigen sich zu einem dreifachen Flußgebiet, dessen Scheitelpunkt der Saarberg unfern Limbach ist. Zum Elbgebiet gehören die direkt oder indirekt zur Saale gehenden: Selbitz, Loquitz, Schwarza, Ilm und Gera mit Apfelstedt; zum Wesergebiet: die Werra mit Schleuse, Hasel, Schmalkalde, Druse und Hörsel mit Leine; zum Rheingebiet die zum Main gehenden: Rodach und Itz. An größern stehenden Gewässern fehlt es dem Gebirge. Von Mineralquellen