Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Tokay; Tokelauinseln; Tokio

740

Tokay - Tokio.

in unzählige Bewässerungskanäle verzweigt; in den Feldern in der Umgebung sind zur Zeit der Aussaat und der der Ernte mehr als 20,000 Arbeiter thätig. Nach der Niederlage von Hicks Pascha sollte die Besatzung des Forts durch Baker Pascha entsetzt werden, dieser wurde jedoch 4. Febr. 1884 geschlagen, und erst General Graham konnte nach einer Niederlage der Mahdisten T., das inzwischen kapituliert hatte, aber vom Feind wieder geräumt war, 1. März erreichen. Das Fort wurde aufgegeben.

Tokay (Tokaj), Markt im ungar. Komitat Zemplin, am Bodrog (unweit der Mündung in die Theiß), Station der Ungarischen Staatsbahn, mit Viehzucht, Fischerei, berühmtem Obst- und Weinbau und (1881) 4479 Einw. Die nord- und nordostwärts liegenden Tokayer Berge, der südliche Teil der Hegyalja (s. d.), liefern 34 Sorten trefflicher Weine. Die edelsten (fünf Sorten) werden bei Tarczal, Talya, Mád, Lißka, Kisfaludy, Zsadány gewonnen, und zwar: ordinärer Tischwein, ohne Süße, aus den ihrer Trockenbeeren beraubten Trauben; Szamorodner, aus Trauben ohne Auslese der Trockenbeeren, wenig süßer, kräftiger, feuriger Wein; Mászláser oder gezehrter Wein (ein-, zwei- und dreibuttig), aus Trauben mit Zusatz von Trockenbeeren, süß, mild, höchst geistig; Ausbruch oder Muskateller, wie der vorige, aber mit fünf oder mehr Butten Trockenbeeren auf ein Faß (zehn Butten Wein). Was aus diesem Gemisch durch den eignen Druck von selbst abfließt, bildet die Essenz, den süßesten, duftigsten, geistigsten und wohlschmeckendsten aller Weine. Der Tokayer Weinbau hat sich seit Gründung der T.-Hegyaljaer Weinbaugesellschaft ungemein gehoben. Der Gesamtertrag beträgt jährlich ca. 97,500 hl. Bei T. fanden 1848 mehrere Gefechte zwischen dem österreichischen Armeekorps unter Schlik und den Ungarn statt.

Tokelauinseln, s. Unioninseln.

Tokio (spr. tokjo; auch Tokei, spr. toke, "Osthauptstadt"), Hauptstadt des japan. Reichs und seit 1868 dauernde Residenz des Mikado, vordem Jedo (Yeddo) genannt, liegt unter 35° 40' nördl. Br. und 139° 47' östl. L. v. Gr. am nordwestlichen Ende der seichten Jedobucht und am Südrand einer fruchtbaren Ebene, welche der Tonegawa mit verschiedenen seiner Nebenflüsse, der Sumidagawa sowie zahlreiche Kanäle durchschneiden. Sie wurde von Iyeyasu (s. Japan, S. 165) angelegt, 1598 zur Residenz gemacht und durch ihn und seine Nachfolger, die Shogune aus dem Haus Tokugawa, zu einer der umfang- und menschenreichsten Städte der Welt, welche zur Zeit ihrer größten Blüte auf einem Areal von 75 qkm gegen 2 Mill. Einw. hatte. Von Jedo aus regierten die Shogune das Land. Um das Schloß (O-Shiro), welches sich in der Mitte der Stadt auf niedrigem, künstlichem Hügel erhob, und seine vielen Nebengebäude und Parkanlagen waren Festungswerke mit Ringmauern und schweren Thoren sowie drei Systeme Wallgräben angebracht, an deren Seiten sich die ausgedehnten Yashikis oder Residenzen des Feudaladels (der Daimios oder Fürsten des Landes, welche hier mit großem Gefolge jedes zweite Jahr wohnen mußten) befanden; dann folgte die eigentliche Stadt mit den Wohnungen der Gewerbtreibenden und Kaufleute. Die Revolution von 1868, welche dem Shogunat mit seinem komplizierten Feudalsystem ein Ende machte und die unbeschränkte Macht des Mikado wiederherstellte, brachte der Stadt große Verluste. Die Yashikis der Daimios verödeten, häufige Brände kamen hinzu und zerstörten ganze Stadtteile mit ihren leicht gebauten, dicht aneinander gereihten Holzhäusern. Allmählich aber erholte sich T. wieder, neues Leben floß ihr durch den Verkehr mit dem Ausland und als Regierungssitz zu, so daß die Stadt Ende 1887 wieder 982,043 Einw. zählte. In der Nähe des Sumidagawa, welcher den westlichen Stadtteil durchfließt, liegt der erste Bahnhof. Seit 1872 erreicht man von hier aus auf dem 30 km langen Schienenweg in einer Stunde den Hafen Yokohama. Vom Bahnhof aus führt eine weite Straße, Shimbashi-dori genannt, nordwärts nach dem schönen Park Uyeno hin über Nihonbashi, die Sonnenaufgangsbrücke, von der aus man die Entfernungen berechnet und den riesigen Kegel des Fujiyama schaut. Shimbashidori, die wichtigste und schönste Verkehrsstraße von T., wurde nebst vielen Seitenstraßen in fremdem Stil mit zweistöckigen, feuersichern Backsteinhäusern angelegt, nachdem eine große Feuersbrunst den Stadtteil zerstört hatte. Am 5. Mai 1873 brannte auch das O-Shiro nieder. Der Mikado residierte seitdem im Yashiki eines ehemaligen Daimio, so daß seine Wohnung viel bescheidener war als die neuen großen Backsteinbauten der englischen und deutschen Gesandtschaft. Inzwischen ist seine neue Residenz an Stelle des alten Schlosses vollendet u. im Januar 1889 von ihm bezogen worden. In T. wohnen die fremden Gesandten u. Konsuln, wo sie wollen, Ausländer in japanischem Dienst in den ihnen überwiesenen ehemaligen Yashikis oder neuen Holzbauten auf Yashikigrund, fremde Kaufleute aber und Gewerbtreibende nur in einem bestimmten Stadtteil. Die Stadt hat Gasbeleuchtung und manche andre europäischen Städten nachgebildete Einrichtung. Für den Straßenverkehr ist an Stelle der Sänfte seit 20 Jahren hier wie in ganz Japan die Shinrikisha getreten, ein Karren, den ein oder zwei sich in, resp. vor die Schere spannende Kulis ziehen, während der Passagier über der Achse auf einem Rohrsitz mit kutschenartigen Rück- und Seitenlehnen sitzt. In ihren ein- oder zweistöckigen, meist nur 7 m hohen Holzhäusern, deren Gemächer möbellos mit Binsenmatten bedeckt und durch leichte Schiebewände getrennt sind, gleichen sich alle japanischen Städte. Das Licht dringt von der Straße oder dem Hof her matt ein durch die Papierscheiben, womit man die Quadrate der Schieberrahmen überzogen hat. In diesen japanischen Häusern ist die Petroleumlampe eingeführt, während für die Bekleidung und

^[Abb.: Situationsplan von Tokio.]