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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Tonna - Tonsur.

Tonkunst ein ersprießliches Bündnis einzugehen vermag. Die Musik kann allerdings der realen Außenwelt angehörige Dinge nicht in jener konkreten Weise schildern wie Dichtkunst und bildende Kunst. Dagegen vermag sie gerade nach jener Seite hin, wo die beiden genannten Künste ihrer Natur nach mehr oder minder lückenhaft bleiben, nicht nur ergänzend aufzutreten, wie in der Vokalmusik und im Drama, sondern auch als unabhängige Kunst in den Formen der reinen Instrumentalmusik die Vorgänge des innersten Gefühlslebens wiederzugeben, insofern erst durch sie die mit der poetischen Grundidee verknüpften Seelenstimmungen zur vollkommenen und künstlerisch-selbständigen Erscheinung gebracht werden können. Die Musik kann und soll demnach nicht das wiedergeben, was das Auge sieht und der Geist denkt, sondern nur die hieraus erwachsenden Empfindungen, die Seelenbilder in ihrer zeitlichen Form. So stellt die Tonkunst die im Innern fortlebende Außenwelt dar, und die T. würde alsdann richtiger als musikalische Stimmungsmalerei zu bezeichnen sein. Dies hat Beethoven wohl erwogen, wenn er der Pastoralsymphonie die Worte vorausschickte: "Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei". Ja, selbst da, wo Beethoven eine scheinbar ganz materielle T. gibt, wie am Schluß des zweiten Satzes (Nachtigallengesang, Wachtelschlag und Kuckuckruf) und im letzten Satz (Schilderung des Gewitters), offenbart sich eine so schöne geistige Bedeutsamkeit, daß darin nur eine symbolische Auffassung der Natur und im letztern Fall nur der durch die Schilderung der äußern Hergänge in der Natur hervorgerufene Stimmungston zur Darstellung gelangt. Eine solche symbolische Auffassung aber ist es überhaupt, die der T. ihren innern künstlerischen Wert verleiht, indem sie die Vorstellung des Gegebenen bei hörbaren Vorgängen durch ähnliche Klangwirkung nachahmt (wie z. B. Marschner das Heulen des Sturmwindes in "Hans Heiling"), bei sichtbaren auch analoge Tonformen wiedergibt, wie sich z. B. in einigen Messen die Worte: "et descendit de coelis" in absteigender und "ascendit de coelum" in aufsteigender Tonfolge komponiert finden. Am leichtesten sind solche Vorkommnisse zu schildern, welche einen gewissen Rhythmus in sich tragen. Die T. fand in F. David und Berlioz und in neuester Zeit namentlich in Liszt, Raff, zum Teil auch in R. Wagner, also vorzugsweise in den Anhängern der sogen. Programmmusik (s. d.), ihre hauptsächlichsten Vertreter.

Tonna, Amtsgericht, s. Gräfentonna.

Tonnage (franz., spr. -ahsch), Schiffsladung, Tonnengeld.

Tonnay-Charente (spr. tonnä-scharāngt), Stadt im franz. Departement Niedercharente, Arrondissement Rochefort, an der Charente, über welche eine Drahtbrücke führt, und an der Eisenbahn Rochefort-Angoulême, hat einen Hafen, welcher einen Annex des Hafens von Rochefort (s. d. 1) bildet und einen Warenverkehr von 163,000 Ton. aufweist, Fabrikation von Seilerwaren, Schiffbau, bedeutenden Handel mit Branntwein und (1881) 2256 Einw.

Tonne, großes Faß; dann Maß und Gewicht für trockne Dinge, als Handelsgewicht in Deutschland = 1000 kg. Schiffs- oder Seetonne, Schiffsfrachtgewicht, = 1000 kg; über Registertonne s. Schiffsvermessung; in Schweden, Norwegen und Dänemark ist T. Feldmaß: die schwedische T. Landes (Tonnstelle) = 49,366, die norwegische = 39,379, die dänische = 55,162 Ar. Eine T. Goldes bedeutet eine Summe von 100,000 Thlr.

Tonneau (spr. -noh, T. de mer, T. métrique), in Frankreich Gewicht = 1000 kg, an Raum = 42 Pariser Kubikfuß = 1,440 cbm, als Getreidemaß = 15 Hektol.; in Marseille nach der Ware verschieden, = 900 Liter Öl, 18 Kisten à 25 Flaschen Wein etc.

Tonneins (spr. tonnängs, Stadt im franz. Departement Lot-et-Garonne, Arrondissement Marmande, an der Garonne und der Südbahn (Bordeaux-Toulouse), hat eine reformierte Konsistorialkirche, ein Hengstedepot, eine Tabaksfabrik, Handel mit Hanf, Wein etc. und (1886) 5447 Einw.

Tonnengehalt eines Schiffs, s. Schiffsvermessung.

Tonnengeld, eine nach dem Tonnengehalt (Tragkraft) bemessene, von Seeschiffen, insbesondere solchen fremder Flagge, beim Einlaufen in die Häfen erhobene Abgabe (s. Zuschlagszölle).

Tonnengewölbe, s. Gewölbe, S. 311.

Tonnenkilometer, s. Kilometer.

Tonnenmühle, s. Wasserschnecke.

Tonnensystem, s. Exkremente, S. 966 f.

Tonnerre (spr. tonnähr), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Yonne, am Armançon und an der Eisenbahn Paris-Dijon, hat eine schöne Kirche (St.-Pierre), ein Collège, ein Spital (mit dem Grabmal des Ministers Louvois), Bibliothek, Fabrikation von Webwaren, Zement, Schokolade, vorzüglichen Weinbau, Steinbrüche und (1886) 4774 Einw.

Tönning (Tönningen), Stadt in der preuß. Provinz Schleswig-Holstein, Kreis Eiderstedt, Knotenpunkt der Linien Jübek-T. der Preußischen Staats- und Neumünster-T. der Westholsteinischen Eisenbahn, hat eine evang. Kirche, ein Amtsgericht, ein Landratsamt, ein Hauptzollamt, einen Hafen, eine Schiffswerfte, Eisengießerei und Maschinenbau, ansehnliche Fettviehausfuhr nach und Steinkohleneinfuhr aus England und (1885) 3248 evang. Einwohner. T. wurde 1644 befestigt und in der Folge wiederholt von den Dänen erobert, die 1714 die Festungswerke schleiften.

Tönnisstein, Kurort im preuß. Regierungsbezirk Koblenz, Kreis Mayen, zur Gemeinde Kell gehörig, unweit der Station Brohl der Linie Kalscheuren-Bingerbrück der Preußischen Staatsbahn, mit Kurhaus und einem gegen chronische Katarrhe wirksamen alkalischen Säuerling. In der Nähe der schon den Römern bekannte Säuerling Heilbrunnen.

Tönsberg, älteste Stadt Norwegens, schon ums Jahr 871 gegründet, im Amt Jarlsberg und Laurvik belegen, an der Eisenbahn Drammen-Skien, mit 4913 Einw., ist in der neuern Zeit der Mittelpunkt einer bedeutenden Schiffahrt mit dem Ausland geworden. Ihr gehört vornehmlich der größte Teil der norwegischen Flotte, die jedes Jahr im Monat März nach dem Eismeer auf Walfischfang ausgeht, an. T. selbst besaß 1885: 139 Fahrzeuge von 61,242 Ton., die angrenzenden Distrikte 344 Fahrzeuge von 89,496 T. Der Wert der Einfuhr betrug 1885: 882,500 und der der Ausfuhr 295,000 Kronen. T. ist Sitz eines deutschen Konsuls. Unweit der Stadt liegen die dicht bevölkerten und reichen Inseln Nöterö und Tjömö. In der Umgegend finden sich mehrere in der Landesgeschichte berühmte Orte, z. B. das Slotsfjeld mit den Überresten der mittelalterlichen Burg Tönsberghus und der Edelhof Jarlsberg, sonst Söheim genannt.

Tonschluß, s. v. w. Kadenz.

Tonschnitt, s. Holzschneidekunst, S. 682.

Tonsillae (lat.), in der Anatomie s. v. w. Mandeln (s. d.); Tonsillotomie, Exstirpation derselben.

Tonsūr (lat.), die geschorne Stelle auf dem Scheitel als Ehrenzeichen des katholischen Priesterstandes.