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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Tunja; Tunkers; Tunnel

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Tunja - Tunnel.

unter dem Minister Mustafa ben Ismain immer ärger. Unter den Ausländern erlangten inzwischen die Italiener immer größere Bedeutung, und selbst deren Regierung suchte sich in T. festzusetzen. Dies veranlaßte Frankreich 1881, einen Einfall der räuberischen Krumirs zum Vorwand zu nehmen, um in T. einzurücken und den Bei 12. Mai zum Bardovertrag zu zwingen, der T. unter französisches Protektorat stellte. Eine Erhebung der Eingebornen gegen die Fremdherrschaft wurde durch die Eroberung von Sfaks und Kairuan niedergeschlagen und die Verwaltung 1882 nach französischem Muster organisiert. Die Ämter wurden mit Franzosen besetzt, und der französische Ministerresident ist der Herr des Landes; eine französische Besatzung sichert den Besitz. Ein neuer Vertrag mit dem Bei vom 8. Juni 1883 gab der französischen Regierung Vollmacht zu allen Reformen und zur Regelung der Finanzen. Der Bei (seit 28. Okt. 1882 Sidi Ali) erhielt eine Zivilliste von 1,200,000 Fr. Die Kapitulationen und die Konsulargerichtsbarkeit wurden 1884 abgeschafft. Vgl. Rousseau, Annales tunisiennes (Algier 1863); Hesse-Wartegg, T., Land und Leute (Wien 1882); die Monographien von Duveyrier (Par. 1881), Brunialti (Mail. 1881), Dona (Padua 1882), La Berge (Par. 1881), Rivière (das. 1886), Lanessan (das. 1887), Antichan (2. Aufl., das. 1887); Tissot, Exploration scientifique de la Tunisie (das. 1884 ff.); Kobelt, Reiseerinnerungen aus Algerien u. T. (Frankf. 1885); Baraban, A travers la Tunisie (Par. 1887); Graham und Ashbee, Travels in Tunisia (Lond. 1887); Leroy-Beaulieu, Algérie et Tunisie (Par. 1887); Vignon, La France dans l'Afrique du Nord (das. 1887); Bois, La France à Tunisie 1881-82 (das. 1886); Piesse, Algérie et Tunisie, Reisehandbuch (das. 1885); Karte von Kiepert (1:800,000).

Tunja, Hauptstadt des Staats Boyacá der südamerikan. Republik Kolumbien, 2760 m ü. M., auf steilem Terrain, hat eine Universität, 2 Lehrerseminare, ein Hospital, Fabrikation von Woll- und Baumwollzeugen und (1870) 5479 Einw. Dabei eine Kupfergrube und heiße Quellen. T. ist die alte Hauptstadt der Cipas von Bogotá und wurde 1538 von den Spaniern besetzt.

Tunkers (spr. tönkers), Sekte, s. Baptisten.

Tunnel (engl., "Röhre"), unterirdischer Stollen, welcher zur Herstellung entweder eines Land- oder eines Wasserverkehrs durch hügeliges oder gebirgiges Terrain (Landtunnel), oder zur Herstellung eines Landverkehrs, einer Wasserzuleitung oder einer Ableitung von Abfallstoffen unter dem Bett eines Flusses, Sees oder Meeresarms (Unterwassertunnel) erbaut wird. Bauten dieser Art führten bereits die Römer aus, unter welchen der wahrscheinlich von Furius Camillus 396 v. Chr. herrührende, etwa 1900 m lange Ablaßstollen des Albanersees, der durch Kaiser Claudius ausgeführte, etwa 3700 m lange Ablaßstollen des Lacus Fucinus sowie der um 37 durch Coccejus hergestellte, etwa 1000 Schritt lange Stollen durch den Posilipo und der um 79 n. Chr. unter Vespasian in der Straße von Rom nach Ariminum ausgeführte, etwa 200 Schritt lange Stollen (petra pertusa) hervorzuheben sind. Das einzige größere Werk des Mittelalters ist der 1450 zur Verbindung von Nizza und Genua begonnene, jedoch bis jetzt unvollendete T. durch den Col di Tenda. Die bedeutendsten, gegen Ende des 17. und im Lauf des 18. Jahrh. in Frankreich ausgeführten Tunnels sind der von Riquet 1679-81 zur Durchleitung des Kanals von Languedoc hergestellte Malpastunnel sowie der 1770 im Givorskanal erbaute T. von Rive de Gier und der 1787 im Centrekanal erbaute T. von Torcy. Erst im Anfang des 19. Jahrh. führte man den für den Kanal von St.-Quentin bestimmten 8 m breiten T. bei Tronquoi durch sandiges, druckreiches Gebirge, während in den Jahren 1803-30 Tunnels teils in festem Gebirge, wie die zum Schutz vor Lawinen dienenden Galerien der Alpenstraßen über den Simplon, Mont Cenis, Splügen, Bernhardin und St. Gotthard, teils in weicherm Gebirge in Frankreich und England, meist behufs Durchführung von Kanälen zur Ausführung kamen. Die bei weitem schwierigste und kühnste Leistung dieser Zeit war jedoch der von Isambert Brunel 1825 begonnene und trotz elfmaligen Einbruchs des Wassers nach 16jähriger harter Arbeit vollendete T. unter der Themse. Den größten Aufschwung erfuhr der Tunnelbau erst durch den Eisenbahnbau. Die ersten Eisenbahntunnels baute Stephenson in der Linie Liverpool-Manchester 1826-30. In Deutschland begann man die ersten Eisenbahntunnels 1837 in der Linie Köln-Aachen bei Königsdorf und in der Linie Leipzig-Dresden bei Oberau, während 1839 der erste österreichische Bahntunnel in der Linie Wien-Triest bei Gumpoldskirchen zur Ausführung kam. Von da ab nahm der Tunnelbau in Eisenbahnlinien so zu, daß 1874 die Gesamtlänge der Tunnels auf preußischen Bahnen 46 km, auf allen österreichischen Bahnen 43 km betrug, während sie in Frankreich 1868 bereits eine Ausdehnung von 193 m ^[richtig: km] erreicht hatte. Zum Vergleich einer Anzahl der bedeutendsten Eisenbahntunnels diene folgende Tabelle. Es beträgt die Länge:

Meter

St. Gotthard-Tunnel 14920

Mont Cenis-Tunnel 13233

Arlbergtunnel 10270

Giovigalerie (Novi-Genua) 8260

Hoosac-Tunnel (Massachusetts) 7640

Tunnel von Marianopoli (Catania-Palermo) 6480

Sudrotunnel in Nevada 6000

Tunnel bei Slandridge (London-Birmingham) 4970

Nerthetunnel (Marseille-Avignon) 4620

Belbo-Galerie (Turin-Savona) 4240

Kaiser Wilhelm-Tunnel bei Kochem (der längste in Deutschland) 4216

Blaisytunnel (Paris-Lyon) 4100

Krähbergtunnel (Odenwaldbahn) 3100

Brandleitetunnel (Thüringerwald) 3030

Hauensteintunnel (Schweiz) 2490

Sommerautunnel (Schwarzwaldbahn) 1696

Semmeringtunnel 1431

Mühlbachtunnel (Brennerbahn) 855.

Zu den bedeutendsten Wassertunnels der Gegenwart zählen der zur Versorgung von Chicago mit reinem Wasser aus dem Michigansee dienende Wasserleitungstunnel sowie die für Eisenbahnverkehr bestimmten unter dem Meer und unter dem Mersey in England und der Hudsonflußtunnel in Nordamerika. Zu den bedeutendsten Projekten von Tunnelbauten zu Verkehrszwecken gehören der für Eisenbahnverkehr bestimmte T. unter dem Kanal zur Verbindung von Frankreich und England, dessen Ausführung übrigens aus militärischen Rücksichten von dem englischen Oberhaus zunächst nicht genehmigt worden ist (vgl. über ihn in geologisch-technischer Beziehung die Schrift von Hesse, Leipz. 1875), ferner die Tunnels unter der Meerenge von Messina zur Verbindung von Italien und Sizilien und unter der Meerenge von Gibraltar.

Landtunnels sind entweder ein- oder zweigeleisige Eisenbahntunnels, Straßentunnels oder zur Durchführung eines Kanalbettes bestimmte Kanaltunnels. Bei geringer Tiefe unter der Oberfläche und bei unfester Beschaffenheit des Bodens werden dieselben mit Vorteil in zuvor hergestellte offene Einschnitte eingebaut, und, nachdem das Mauerwerk der Sohle, der Wandungen und der Gewölbe vollendet, also das Querprofil geschlossen ist, der T. mit einem hinreichen-^[folgende Seite]