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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Turka - Türkische Sprache und Litteratur.

Kammerjunker und Justizrat in Neustrelitz. Seit 1800 mit Schulsachen betraut, faßte er für diese entschiedene Vorliebe, besonders seit einer Reise durch Deutschland und die Schweiz mit längerm Aufenthalt bei Pestalozzi (1804). Er folgte 1805 einem Ruf als Justiz- und Konsistorialrat nach Oldenburg, legte aber wegen der Schwierigkeiten, denen seine pädagogischen Bestrebungen begegneten, sein Amt 1808 nieder und widmete sich anfangs als Gehilfe Pestalozzis zu Yverdon, dann als Leiter einer selbständigen Anstalt in Vevay der Erziehung. 1815 als Regierungs- und Schulrat nach Frankfurt a. O. berufen, 1816 nach Potsdam versetzt, reorganisierte er das Schul- und Seminarwesen der Mark in Pestalozzis Sinn. 1833 legte er seine Stelle nieder, um sich der Leitung einer von ihm gegründeten Zivilwaisenanstalt zu widmen, und starb 31. Juli 1846 in Kleinglienecke bei Potsdam. Auch um Einführung des Seidenbaues in Deutschland hat er sich verdient gemacht. Türks zahlreiche Schriften haben seiner Zeit Aufsehen erregt, sind aber jetzt überholt worden. Vgl. "Leben und Wirken des Regierungsrats W. v. T., von ihm selbst niedergeschrieben" (Potsd. 1859).

Turka, Stadt in Galizien, an der Nordseite der Karpathen, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, mit (1880) 4685 Einw.

Türken, einer der drei Zweige der altaischen Völkerfamilie, der sich gegenwärtig in seinen einzelnen Ausläufern von den grünen Gestaden des Mittelmeers bis an die eisigen Ufer der Lena in Sibirien erstreckt. Ihre Urheimat ist Turkistan, von wo wahrscheinlich schon vor Beginn unsrer Zeitrechnung mehrere Stämme nach verschiedenen Richtungen ausgezogen sind und sich den einzelnen Eroberungen der hochasiatischen Völker angeschlossen haben. Schon von den Römern gekannt, haben sie gleich den Mongolen große, mächtige Reiche gegründet, das Römerreich gezüchtigt und ganz Europa in Schrecken versetzt. Die Throne Chinas, Persiens, Indiens, Syriens, Ägyptens und des Kalifenreichs wurden von den T. in Besitz genommen. Man hat zu den T. die jetzt nicht mehr existierenden Petschenegen, Kumanen, vielleicht auch die Chasaren und weißen Hunnen zu rechnen, gegenwärtig gehören zu ihnen die Jakuten, die sibirischen Tataren, Kirgisen, Uzbeken (Özbegen), Turkomanen, Karakalpaken, Nogaier, Kumüken, basianischen T., Karatschai, die sogen. kasanschen Tataren, Osmanen (die von den frühern Seldschukken abstammen), Dunganen und Tarantschi; sprachlich sind hierher auch zu rechnen die Baschkiren, Tschuwaschen, Meschtscherjäken u. Teptjaren im südlichen Ural und an der Wolga. Mit Ausnahme der Jakuten sind die T. durchweg Anhänger des Islam, alle sind trotz der vielfachen Eroberungen nomadisierende Hirten geblieben, die sich aber bei gebotener Gelegenheit in räuberische Kriegshorden verwandelten. Gegenwärtig versteht man unter T. gewöhnlich die Osmanen (Osmanly) und bezeichnet die von ihnen eroberten und beherrschten Länder als Türkei oder türkisches Reich. Vgl. Vambéry, Skizzen aus Mittelasien (Leipz. 1868); Derselbe, Das Türkenvolk in seinen ethnologischen und ethnographischen Beziehungen (das. 1885); Radloff, Ethnographische Übersicht der Türkstämme Sibiriens und der Mongolei (das. 1883).

Türkenbund, s. v. w. Turban; dann eine Pflanze, s. v. w. Lilium Martagon L. (s. Lilium).

Türkenpaß, s. Algierscher Paß.

Türkensattel, eine Vertiefung im Keilbein, s. Schädel, S. 373.

Türkensteuern, Steuern, welche seit dem 16. Jahrh. aus Veranlassung der Türkenkriege (besonders in Österreich) erhoben wurden.

Turkestan, s. Turkistan.

Turkestan, Stadt im asiatisch-russ. Generalgouvernement Turkistan, Provinz Sir Darja, an der Poststraße nach Orenburg, mit (1881) 6700 Einw. Die alte Moschee Asret war bis zur Eroberung der Stadt durch die Russen (1864) ein in hohem Ruf stehender Wallfahrtsort der Mohammedaner.

Turkeve, Stadt im ungar. Komitat Jász-Kis-Kun-Szolnok mit (1881) 12,042 ungar. Einwohnern (Katholiken und Reformierte).

Türkheim, Stadt im deutschen Bezirk Oberelsaß, Kreis Kolmar, an der Fecht, aus der hier der Logelbach nach Kolmar führt, und an der Eisenbahn Kolmar-Münster, hat eine kath. Kirche, Baumwollspinnerei, Papierfabrikation, vortrefflichen Weinbau und (1885) 2544 Einw. Nordwestlich davon, auf der Höhe der Vogesen, liegt Drei-Ähren (s. Ammerschweier). - T., ehemals Thorencoheim oder Türnicheim, erhielt 1312 Stadtrecht und gehörte dann zu den zehn elsässischen freien Reichsstädten. Hier 5. Jan. 1675 Sieg der Franzosen unter Turenne über den kaiserlichen Feldherrn v. Bournonville, den Herzog Karl von Lothringen und den Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Vgl. Gérard, La bataille de T. (Kolmar 1870).

Türkis (Kalait, Agraphit, Johnit), Mineral aus der Ordnung der Phosphate, findet sich amorph in Trümern oder Adern, nierenförmig und stalaktitisch, auch derb, eingesprengt und als Gerölle, ist blau oder grün, undurchsichtig, wenig glänzend, Härte 6, spez. Gew. 2,62-2,80, besteht aus wasserhaltiger phosphorsaurer Thonerde Al2P2O8 + H6A2O6 + 2H2O ^[Al_{2}P_{2}O_{8} + H_{6}A_{2}O_{6} + 2H_{2}O] mit etwas Eisen und Kupfer, letzteres als färbendes Prinzip. Der orientalische T., der in Adern, Thonschiefer durchsetzend, zu Nischapur und Mesched in Persien (s. Tafel "Edelsteine", Fig. 8) und im Porphyr des Megarathals in Arabien vorkommt, war ein im Mittelalter als glückbringendes Amulett hochgeschätzter und ist auch jetzt ein vielbenutzter Edelstein, aber von geringem Wert. Weniger schöne Varietäten stammen von der Jordansmühle in Schlesien, von Ölsnitz in Sachsen, von Mexiko und Nevada. Der sogen. Zahntürkis (Beintürkis, occidentalischer T., T. vom jüngern Stein) ist natürlich oder künstlich gefärbter Zahnschmelz oder Elfenbein, in ersterm Fall von Mastodon und Dinotherium. Er erreicht beinahe die Härte des mineralischen Türkises, ist meist intensiver gefärbt, erscheint aber bei Kerzenbeleuchtung bläulichgrau. Natürliche Zahntürkise kommen in Sibirien und im Languedoc vor.

Türkische Becken, s. Becken, S. 588.

Türkische Kresse, s. v. w. Tropaeolum majus.

Türkische Melisse, s. Dracocephalum.

Türkischer Klee, s. v. w. Esparsette, s. Onobrychis.

Türkischer Weizen, s. Mais.

Türkische Sprache und Litteratur. Die türkische oder osmanische (türk. Osmanli) Sprache gehört zur türkisch-tatarischen Abteilung der großen uralaltaischen Sprachenfamilie (s. d.). Im weitern Sinn bezeichnet man alle Sprachen dieser Abteilung, die bis zur Lena in Sibirien reichen und sehr nahe miteinander verwandt sind, als türkische; gewöhnlich versteht man aber im engern Sinn die Sprache der Osmanen, d. h. der europäischen und kleinasiatischen (anatolischen) Türken, darunter. Die beiden charakteristischen Eigentümlichkeiten des uralaltaischen Sprachstammes, die Agglutination und die Vokalharmonie (s. d.), treten im Türkischen in