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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ungarisches Erzgebirge; Ungarische Sprache; Ungarisch-Hradisch; Ungarisch-Ostra; Ungarn

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Ungarisches Erzgebirge - Ungarn.

kunde (E. Henßlmann, A. Ipolyi, F. Romer, Eugen Nyáry, Franz Pulszky u. a.) zu verzeichnen. Überhaupt hat die geistige Arbeit Ungarns seit den letzten zehn Jahren sich vielfach der wissenschaftlichen Thätigkeit zugewendet, wenn auch die ungarischen Männer der exakten Wissenschaften sich bisher hauptsächlich auf Übersetzung oder Bearbeitung ausländischer Werke verlegten und mit Ausnahme der um die Erforschung ihres Landes sehr verdienten Geologen und Archäologen noch keine selbständigen Entdeckungen aufzuweisen haben, welche ihnen einen Platz in der Geschichte des Fortschritts der Wissenschaft sichern würden. Vgl. Toldy, Geschichte der ungarischen Dichtung (deutsch, Pest 1863); Dux, Aus Ungarn (Leipz. 1880); Schwicker, Geschichte der ungarischen Litteratur (das. 1889); Beöthy, Handbuch der ungarischen Litteraturgeschichte (in ungar. Sprache, 4. Aufl., Budap. 1884); "Ungarische Revue" (seit 1881 hrsg. von Hunfalvy und Heinrich, Budapest).

Ungarisches Erzgebirge, s. Karpathen, S. 557.

Ungarische Sprache. Die Sprache der Magyaren gehört zu der finnisch-ugrischen Abteilung der großen uralaltaischen Sprachenfamilie (s. d.). Die Verwandtschaft derselben mit dem Ostjakischen und Wogulischen am Uralgebirge sowie auch mit der zweitbedeutendsten Sprache dieser ganzen Gruppe, dem Finnischen, ist so unverkennbar, daß sie schon vor dem Aufblühen der modernen Sprachwissenschaft in frühern Jahrhunderten von einzelnen Gelehrten bemerkt wurde; wissenschaftlich nachgewiesen ward aber dieser Zusammenhang und die entferntere Verwandtschaft des Ungarischen oder Magyarischen mit dem Türkischen und den übrigen Gruppen des uralaltaischen Sprachstammes erst in den letzten Dezennien. Die wichtigsten Eigentümlichkeiten, die das Ungarische mit den uralaltaischen und speziell mit den finnisch-ugrischen Sprachen teilt, sind die Vokalharmonie (s. d.) und das Prinzip der Agglutination. Die Agglutination, d. h. die lose Anfügung einer beliebig großen Menge von Beugungssilben an den Wortstamm, der unverändert an der Spitze des Wortes stehen bleibt, bewirkt, daß die magyarische Sprache wie das Finnische, Türkische etc. einen ungeheuern Reichtum an grammatischen Formen besitzt. Weit geringer ist dagegen ihr Wortreichtum, teils deshalb, weil neben ihr noch zu viele andre Sprachen im Land sich geltend machen, teils und vorzüglich, weil sie viele Jahrhunderte hindurch aus den Geschäftsverhandlungen der Behörden, aus Kirche und Schule durch das Lateinische, aus der gebildeten Konversation durch das Französische und Deutsche verdrängt war. Erst seit dem Tod Josephs II. nahm sie einen höhern Aufschwung, auch ist sie seit Wiederherstellung der selbständigen ungarischen Regierung (1867) mit der Terminologie für sämtliche Zweige des modernen Kulturlebens ausgestattet. Die Schrift ist die lateinische. Lange Vokale werden durch Accente (á, é etc.) bezeichnet. Für die konsonantischen Laute reichen die Buchstaben des lateinischen Alphabets nicht aus, weshalb man zu Zusammensetzungen seine Zuflucht genommen hat. q, w und x hat man überhaupt nicht mit verwendet und auch c und y nur in Zusammensetzungen mit andern zur Bezeichnung der Laute, für welche dem lateinischen Alphabet eigne Buchstaben fehlen; doch vertritt y in ältern Familiennamen häufig die Stelle des i. Im ganzen hat die Sprache 24 konsonantische Laute, welche in folgender Weise bezeichnet werden: b, cs, cz, d, f, g, gy, h, j, k, l, ly, m, n, ny, p, r, s (spr. sch), sz (spr. ss), t, ty, v, z (spr. s), zs (weiches sch, wie franz. j). In den Lauten gy, ny, ly, ty ist das y keineswegs mit i identisch, sondern wird als ein mit dem vorhergehenden Konsonanten innig verschmolzenes j gehört; gy ist ungefähr wie dj zu sprechen. Im Anfang einer Silbe verträgt die u. S. in der Regel nie mehr als einen Konsonanten; in Wörtern mit zwei Anfangskonsonanten, die sie aus fremden Sprachen aufgenommen hat, hilft sie sich daher durch Vorsetzung oder Einschiebung eines Vokals, z. B. asztal (slaw. stol), der Tisch, király (slaw. kral), der König. Die älteste ungarische Grammatik ist die von Joannes Silvester Pannonius (Sarvár-Ujszigeth 1539). Neuere Werke für den ersten Unterricht sind die (deutsch verfaßten) Grammatiken von Mailáth (2. Aufl., Pest 1832), Kis (Wien 1834), Töpler (7. Aufl., Budap. 1882), M. Ballagi (magyarisierte Namensform) oder Bloch (8. Aufl., das. 1871), Franz Ney (24. Aufl., das. 1888); eine wissenschaftliche Grammatik, obgleich im einzelnen bereits veraltet, ist diejenige von M. Riedl (Wien 1858). Wörterbücher lieferten Richter (Wien 1836, 2 Bde.), Fogarassy (Pest 1836, 2 Bde.), J. T. Schuster (Wien 1838), Ballagi (5. Aufl., das. 1882; Supplement zum deutsch ungar. Teil 1874). Den ganzen ungarischen Wortschatz streng wissenschaftlich darzustellen, ist das unablässige Bestreben der Ungarischen Gelehrten Gesellschaft, deren großes ungarisches Wörterbuch, von G. Czuczor und J. Fogarassy redigiert (1862-74, 6 Bde.), nun vollendet vorliegt. Außerdem ist die Ausarbeitung eines sprachgeschichtlichen Wörterbuchs unter Aufsicht der linguistischen Kommission der Akademie im Gang. Die Hauptstützen der sprachvergleichenden Durchforschung des Magyarischen sind Paul Hunfalvy (s. d.) und Joseph Budenz (s. d.) mit ihren zahlreichen durch die ungarische Akademie veröffentlichten Studien über die mit dem Magyarischen verwandten Sprachen.

Ungarisch-Hradisch, s. Hradisch.

Ungarisch-Ostra, s. Ostra.

Ungarn (ungar. Magyarország, türk. Magyaristan, slawon. Vengria, lat. Hungaria, franz. Hongrie, engl. Hungary), Königreich, die östliche Hälfte der österreichisch ungarischen Monarchie, erstreckt sich von 44° 9'-49° 33' nördl. Br. und von 14° 24'-26° 36' östl. L. v. Gr., besteht aus dem eigentlichen U., dem ehemaligen Siebenbürgen, Fiume samt Gebiet, Kroatien, Slawonien und der frühern Militärgrenze und grenzt im N. an Mähren, Österreichisch-Schlesien und Galizien, im O. an die Bukowina und Rumänien, im S. an letzteres, Serbien, Bosnien und Dalmatien und im W. an Istrien, Krain, Kärnten, Steiermark, Niederösterreich und Mähren. Vgl. beifolgende Karte "Länder der ungarischen Krone".

Physische Beschaffenheit.

Die Gebirge gehören den Karpathen und den Alpen an, zwischen denen die Donau mit den von ihr durchschnittenen weiten Ebenen die natürliche Grenze bildet. Die Karpathen (s. d.), das Hauptgebirge des Landes, beginnen an der Donau neben der Marchmündung und umgeben das Land von NW. nach SO. in einem mächtigen Halbbogen, dessen Wölbung gegen NO. fällt; die Ausläufer der Norischen und Karnischen Alpen hingegen schließen das an dem rechten Donauufer gelegene westliche Berg- und Hügelland ein und treffen mit ihren Vorbergen an der Donau bei Hainburg (Leithagebirge) und Gran (Vértesgebirge) mit den Karpathen zusammen. Am südöstlichen Ende, bei Orsova, wird die Donau abermals von den Ausläufern der siebenbürgischen Karpathen und des Balkangebirges eingeengt (die berühmte Klissura mit dem Eisernen Thor). Die weite Tief-^[folgende Seite]