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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ungarn

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Ungarn (Forstwesen, Bergbau, Industrie).

mogy und in Siebenbürgen auch der Büffel. 1881 betrug der Hornviehbestand 4,6 Mill. Stück (darunter 39,000 Stiere und 93,000 Büffel). U. gehört zu den an Schafen reichsten Ländern Europas; es wird nicht nur das grobwollige Zigaiaschaf im Tiefland und das krauswollige im Gebirge gezüchtet, sondern seit mehr als 100 Jahren auch die edle Schafzucht betrieben (1881: 9,2 Mill. Schafe, darunter 6 Mill. veredelte). Der jährliche Export an Wolle beträgt über 1¼ Mill. metr. Ztr. Die Schweinezucht ist ausgedehnter als irgendwo in Mitteleuropa, am bedeutendsten in der ehemaligen kroatischen Militärgrenze, in den Komitaten Csanád, Zala, Somogy, Tolna, Baranya, Békés, Bihar, in Siebenbürgen und in einigen kroatisch-slawonischen Komitaten (Schweine 4½ Mill. Stück, jährliche Ausfuhr fast 700,000 Stück). Die Geflügelzucht (Hühner, Gänse, Enten, Truthühner) ist sehr verbreitet; an Federn werden gegen 15,000 metr. Ztr. nach Deutschland, Holland und in die Schweiz ausgeführt. Groß ist der Reichtum an Fischen, besonders in der Theiß, Donau und den Seen. Man fängt vorzüglich Karpfen, Barben, Hausen, Störe, Lachsforellen, den Fogas etc. U. hat noch die reichsten Jagdreviere. Auf den Felsen der Tátra hausen selbst Gemsen, in den Wäldern der Marmaros Bären, und Wölfe werden in Menge erlegt. Die Waldungen sind reich an Rotwild, das auch gehegt wird. Ebenso gibt es schöne Fasanerien. Unzählbare Scharen von Vögeln, namentlich Sumpf- und Wasservögel, bevölkern die sumpfigen Schilfwälder längs der Donauufer. Trappen finden sich in Menge in den Ebenen, Adler in den Felsgebirgen.

In Bezug auf Holzreichtum nimmt U. die vierte Stelle in Europa ein. Die Waldbestände (im N. meist Fichten und Tannen, im O. daneben auch viel Buchen, im Tiefland nur Akazien, Pappeln, Götterbäume und wenig Eichen, im S. vorzugsweise Eichen und Buchen) sind meist ärarische oder Eigentum der Herrschaften und Städte. Die Staatswälder werden in neuester Zeit sorgfältig kultiviert, im kleinern Waldbesitz dagegen wird viel Raubwirtschaft getrieben. Um die Hebung des Forstwesens, zu dessen Regelung ein neues Forstgesetz erlassen wurde, hat sich der Ungarische Landesforstverein verdient gemacht. Die Ausbildung der Forstleute erfolgt an der Schemnitzer Montan- und Forstakademie.

Bergbau und Industrie.

Hinsichtlich seiner mineralischen Schätze gehört U. zu den reichsten Ländern Europas: es besitzt unerschöpfliche Salz-, Eisen- und Kohlenlager und ungemein reiche Kupfer-, Silber-, Gold- und andre Erzgänge. In Bezug auf edle Metalle nimmt es nach Rußland die nächste Stelle ein. Hauptsitz der Goldproduktion ist Siebenbürgen, dessen Bergwerke (Abrudbánya, Vöröspatak, Almás, Offenbánya etc.) schon den Römern bekannt waren. Im eigentlichen U. sind reiche Gold- und Silberbergwerke in Kremnitz, Schemnitz, Nagy- und Felsöbánya etc.; außerdem wird in den Flüssen Aranyos, Maros, Szamos etc. Fluß- und Waschgold, Silber in großer Menge zu Schmöllnitz und Oravicza gewonnen. Die reichsten und ältesten Kupferbergwerke, deren Ertrag sich jedoch mindert, sind in Margitfalva, Szepes-Igló, Schmöllnitz, Libethen, Nagybánya etc. in der Zips. Reiche Eisenerze finden sich in den Komitaten Zips, Gömör und Abauj-Torna. Das meiste Blei wird im Schemnitzer Bergdistrikt, viel Nickel und Kobalt in Dobschau und Libethen, Antimon und Quecksilber bei Rosenau, Magurka und Schmöllnitz gewonnen. Von Edelsteinen verdient eine besondere Erwähnung der Edelopal, dessen einzige Heimat U. (Staats-Opalgruben zu Vörösvágás im Sároser und Nagy-Mihály im Zempliner Komitat) ist. Der größte dort gefundene Opal (im kaiserlichen Naturalienkabinett zu Wien) wird auf 2 Mill. Gulden geschätzt. Außerdem findet man Chalcedone, Granate, Hyacinthe, Amethyste, Karneole, Achate, Bergkristalle (Marmaroser Diamanten), Turmalin, Quarze und Quarzsand, Flußspat, Hornstein, Töpferthon und treffliche Porzellanerde an vielen Orten, Dachschiefer im Borsoder Komitat und in Marienthal bei Preßburg. Die besten Mühlsteine liefert Geletnek im Barser Komitat. Marmor wird in den Komitaten Zips, Komorn, Baranya, Veszprim, Abauj-Torna, Liptau etc. gebrochen. Außerdem gewinnt man Granit, Gneis, Porphyr, Basalt, Sand- und Kalkstein, Kreide, Gips, Talk, Serpentin, Asbest und Walkererde. Braunkohlen finden sich in zahlreichen und mächtigen Lagern hauptsächlich im Brennberg bei Ödenburg; Steinkohlen bei Fünfkirchen, in Anina-Steierdorf, Szekul und in Reschitza im Krassó-Szörényer Komitat, im Schylthal, in Siebenbürgen etc. Die ergiebigsten Salzbergwerke sind zu Szlatina, Rónaszek und Sugatag in der Marmaros sowie zu Deésakna, Torda, Parajd, Maros-Ujvár und Vizakna in Siebenbürgen. In Sóvár wird nur Sudsalz erzeugt. Die Salzproduktion, die in U. als Staatsmonopol betrieben wird, belief sich 1887 auf 1,598,983 metr. Ztr. Salpeter und Pottasche finden sich an vielen Orten im natürlichen Zustand, am meisten zwischen der Theiß und dem Berettyó. Alaunstein erzeugt man bei Nuczaly im Bereger Komitat. Torf wird in Sumpfgegenden, besonders im Hanság, aber auch in der Zips gestochen. Bergöl gibt es in der Marmaros, im Komitat Bihar, in Siebenbürgen, Kroatien etc., jedoch nur in geringer Menge. Bernstein findet sich auf der Magura in der Zips. Die Produktion der Bergwerke und Hütten in den Ländern der ungarischen Krone betrug 1887:

Menge Wert

Gold 1862 kg 2597377 Guld.

Silber 17665 - 1588184 "

Kupfer 5394 metr. Ztr. 184370 "

Blei 17792 " " 220384 "

Roheisen 1927532 " " 6563599 "

Steinkohle 7864081 " " 3788041 "

Braunkohle 17234396 " " 4998150 "

dazu Antimon, Nickel und Kobalt, Bleiglätte in geringern Mengen. Der Gesamtwert der Montanprodukte Ungarns repräsentierte 1887 einen Wert von 21 Mill. Guld., jener der Salzproduktion von 14 Mill. Guld. Mineralquellen zählt man in U. über 900, darunter berühmte Thermen und Mineralwässer; hervorzuheben sind außer den unter "Karpathen" (S. 558) bereits angeführten Kurorten noch die Schwefelquellen in Hárkány (Komitat Baranya), Tapolcza (Zala), Töplitz (Kroatien), Warasdin, die Thermen in Krapina (Kroatien) und die Jodquellen in Lippik (Slawonien).

Die Industrie Ungarns deckt bei allem Überfluß an Rohstoffen noch nicht den inländischen Bedarf, weil die Gewerbthätigkeit sich früher meist auf die gewöhnlichen Lebensbedürfnisse beschränkte und das Fabrikwesen sich erst seit kurzem eines Aufschwungs erfreut. In Metallen arbeiten zahlreiche Eisen- und Stahlhämmer, Eisengießereien (Budapest, Krompach, Rhonitz, Salgó-Tarján, Munkács, Anina-Steierdorf, Resitza und Dernö), Blech- und Drahtwerke, Armaturfabriken etc.; den besten Stahl liefert Diós-Györ (Borsoder Komitat). Auch an Kupferschmieden, Gold- und Silberarbeitern ist kein Mangel. Die Maschinenfabrikation ist besonders in Budapest ent-^[folgende Seite]