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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Universitäten

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Universitäten (außerdeutsche).

Von den preußischen U. folge hier noch die Verteilung der Studierenden auf die einzelnen Fakultäten. Sie betrug nach Prozenten etwa:

Fakultäten 1853 1867 1878 1888

Evangelische Theologie 16 18 8 20,5

Katholische Theologie 11 9 3 4,5

Rechtswissenschaft 33 17,5 29 17

Medizin 18 22 16 25,5

Philosophische Fakultät 22 33,5 44 32,5

Die Gesamtzahl der deutschen Studierenden in den vier Fakultäten, wenn man die naturwissenschaftlich-mathematischen und historisch-philosophischen Fakultäten zusammennimmt, belief sich auf:

Winter 1887/88 Sommer 1888 Winter 1888/89

Theologen 5815 6024 5824

Juristen 6166 6472 6577

Mediziner 8269 8750 8668

Philosophen 8221 7944 7860

Diese Zahlen beweisen, daß in Deutschland ein recht hoher Prozentsatz der Bevölkerung gelehrten Studien nachgeht. Folge davon ist die augenblickliche Überfüllung der meisten Berufsfächer, für welche die U. vorbilden (Rechtsstudium, Arzneikunde, höheres Schulfach).

Die Universitäten des Auslandes.

Verwandtschaftlich und im geistigen Austausch zunächst stehen den deutschen U. die deutsch-österreichischen, die der deutschen Schweiz, der drei nordischen Königreiche, die livländische zu Dorpat, die finnische zu Helsingfors und die niederländischen. Österreich (Cisleithanien) zählte an 8 U. im Winter 1888/89:

Universitäten Ordentl. Professoren Lehrer überhaupt Hörer

Wien (mit der evang.-theol. Fakultät und der Hochschule für Bodenkultur) 94 234 5218

Prag, deutsche Universität 56 100 1470

Prag, tschechische Universität (ohne theolog. Fakultät) 49 91 2361

Graz 48 107 1296

Krakau 45 90 1206

Lemberg (ohne mediz. Fak.) 30 64 1129

Innsbruck 45 80 862

Czernowitz 28 40 259

Zusammen: 395 806 13801

Von den 13801 Studierenden kommen auf die theologische Fakultät: 1363, die rechts- und staatswissenschaftliche: 5125, die ärztliche: 5666, die philosophische: 1647. Ungarn unterhält die U. Budapest (1885: 3375 Studierende) und Klausenburg (534), wozu noch die kroatische Universität Agram (gegen 500 Hörer) kommt. Die U. und Akademien der Schweiz wiesen im Sommer 1888 folgenden Bestand auf:

Universitäten Ordentl. Professoren Lehrer Hörer

Basel (1460) 36 82 407

Bern (1834) 44 90 528

Genf 45 85 537

Lausanne 23 45 250

Neuenburg 25 42 86

Zürich (1838) 37 102 579

Zusammen: 210 446 2387

Unter den russischen U. gehören in diese Gruppe die livländische, bisher noch ihrem Grundcharakter nach deutsche zu Dorpat (1632 von Gustav Adolf begründet, 1802 von Alexander I. erneuert; 1884: 1522 Hörer) und die finnländische zu Helsingfors (1640 zu Åbo von der Königin Christine begründet, 1826 nach Helsingfors verlegt; 1886: 700 Studenten); sodann die skandinavischen: in Schweden Upsala (1476; 1885: 1821 Hörer) und Lund (1666; 1885: 1350 Studenten); in Norwegen Christiania (1811; 1885: 2400 Hörer); in Dänemark Kopenhagen (1475; um 1300 Hörer); ferner die holländischen: Leiden (1575), Groningen (1614), Utrecht (1636), neben denen bis 1816 noch Franeker (1585) und Harderwijk (1600) bestanden, und die städtische Universität zu Amsterdam (1875). Wesentlich abweichend haben sich die beiden hochkirchlichen U. in England, Oxford und Cambridge, entwickelt, an denen das Kollegienwesen, auf alte Stiftungen von großartigem Reichtum begründet, noch immer vorwaltet. Durch diese Stiftungen werden sie immer eng mit der bischöflichen Landeskirche verbunden bleiben, wenn auch seit 1871 die nichtgeistlichen Stellen unabhängig vom anglikanischen Bekenntnis besetzt werden sollen. Die 1845 gegründete Universität zu Durham ist von nur geringem Umfang. Die 1836 öffentlich anerkannte London University ist eigentlich eine Prüfungsbehörde, nach dem Muster der neufranzösischen U. eingerichtet, mit der später Colleges, so das liberale University College, das kirchliche King's College, inner- und außerhalb Londons verbunden worden sind. Näher den deutschen U. stehen die schottischen zu St. Andrews (1412), Glasgow (1454), Aberdeen (1506) und Edinburg (1582), während in Irland die Universität zu Dublin mit Trinity College (1591) den ältern englischen U., Queen's University (1849) mit verschiedenen auswärtigen Colleges der London University entspricht und die römisch-katholische Universität (1874) den belgischen und französischen Mustern, von denen noch zu reden sein wird, nachgeahmt ist. In Belgien sind neben den Staatsuniversitäten zu Gent und Lüttich zwei sogen. freie U. zu Brüssel (1834, liberal) und zu Löwen (1835, klerikal; ältere Universität: 1426-1793) von Privatvereinen gegründet worden. Ähnlich steht gegenwärtig die Sache in Frankreich. Dort hat die Revolution mit den 23 alten, mehr oder weniger kirchlichen U. völlig aufgeräumt und Napoleon I. an ihre Stelle ein von Paris aus über alle Departements sich erstreckendes Netz von Unterrichtsbehörden und -Anstalten gesetzt, dessen Mittelpunkt Universität genannt wird, während das ganze Land in eine Anzahl von Bezirken (jetzt 16) geteilt ward, in denen je eine Akademie, d. h. ebenfalls eine Aufsichts- und Prüfungsbehörde, mit den ordentlichen Verwaltungsbehörden zusammen das Unterrichtswesen leitet. Daneben blieben nur einzelne Fakultäten und Kollegien (Sorbonne, Collège de France, Collège de Louis le Saint etc.) bestehen. Nach langen Kämpfen hatte die klerikale Partei endlich 1875 durchgesetzt, daß unter gewissen sehr allgemein gehaltenen Bedingungen Körperschaften, Vereine etc. freie U. gründen dürften, deren Prüfungen denen der Staatsbehörden gleich gelten, und dann sofort von diesem Rechte durch Gründung von sechs katholischen U. (Paris, Lille, Angers, Lyon, Poitiers, Toulouse) Gebrauch gemacht. Die Entwickelung dieser Anstalten ist seitdem rüstig vorgeschritten, und namentlich sind neben der Universität zu Paris auch die zu Lille und Angers bereits völlig organisiert, obwohl das Recht der Prüfung diesen Anstalten inzwischen wieder entzogen ist, so daß deren Studenten die wissenschaftlichen Grade erst vor staatlichen Behörden erwerben müssen. Dieser Vorgang hat auf dem Gebiet des staatlichen höhern