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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vejer de la Frontera; Veji; Vejovis; Vekiny-a'chary; Vela; Velabrum; Velamént; Velarium; Velazquez

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Vejer de la Frontera - Velazquez.

ist häufig allgemeine Verstimmung mit dem Beginn der Krankheit verknüpft. Die Krankheit befällt vorzugsweise jugendliche Personen, namentlich Mädchen; die Anlage ist sehr oft in einer Vererbung von Hysterie, Epilepsie oder andrer Geisteskrankheit zu suchen, zuweilen jedoch sollen heftige Seeleneindrücke, Schreck etc., auch Würmer im Darm die unmittelbaren Ursachen davon sein. Der Ausbruch des Leidens fällt bei Kindern gewöhnlich in die Zeit des Zahnwechsels, bei Frauen in eine Schwangerschaftsperiode. Meist beginnt die Krankheit sehr allmählich und wird längere Zeit hindurch gar nicht bemerkt. Höchstens fällt es auf, daß das kranke Kind manche Dinge zerbricht und aus der Hand fallen läßt, daß es nicht stillsitzt etc. Die Muskelunruhe wird allmählich auffallender, die Ungeschicklichkeiten häufen sich und werden gröber, das Kind zeigt fast fortwährend grimassenhafte Verzerrungen des Gesichts. Beim ausgebildeten V. folgen sich die verschiedensten Bewegungen des Gesichts, des Kopfes, der Arme und Beine, des Rumpfes in der mannigfachsten und oft barocksten Weise. Bei den höhern Graden des Veitstanzes vermögen die Kranken nicht ruhig auf dem Stuhl zu sitzen. Auch das Sprechen wird undeutlich. Feinere Beschäftigungen mit den Händen sind selbst in leichtern Fällen unausführbar. Die krankhafte Beweglichkeit wächst an Heftigkeit und Ausdehnung, wenn die Kranken auf sich achten, und noch mehr, wenn sie sich beobachtet wissen. Die Kranken schlafen wegen der fortwährend bestehenden Bewegungen schwer ein; gelingt es ihnen aber endlich, einzuschlafen, so hört die Muskelunruhe auf. Der Verlauf des Veitstanzes ist chronisch. Selten endet die Krankheit vor der sechsten oder achten Woche, häufig zieht sie sich 3-4 Monate lang hin. In ganz einzelnen Fällen wird sie habituell und dauert durch das ganze Leben. Der bei weitem häufigste Ausgang der Krankheit ist der in Genesung. Die Behandlung des Veitstanzes hat wesentlich für Herstellung von Ruhe, Schlaf und gutem Allgemeinbefinden zu sorgen. Sind Würmer im Darmkanal vorhanden, so mag man diese vorher durch Santonin u. dgl. entfernen. Gegen schwerere Formen des Veitstanzes ist der Gebrauch von Arsenik und Bromkalium, kalte Abreibungen, gymnastische Bewegungen und Elektrizität als in vielen Fällen sehr wirksam empfohlen. Vgl. Pierson, Kompendium der Krankheiten des Nervensystems (Leipz. 1876).

Vejer de la Frontera (spr. we-chher), Stadt in der span. Provinz Cadiz, auf steilem Felsen über dem Rio Barbate, hat eine schöne gotische Kirche, Bau von Südfrüchten und (1878) 11,132 Einw. Südwestlich von der Stadt an der Mündung des genannten Flusses liegt der kleine Hafen V.

Veji, große alte Stadt in Etrurien, auf hohem und steilem Felsen, an dem kleinen Fluß Cremera, 12 Miglien nördlich von Rom gelegen, war eine der bedeutendsten unter den zwölf etrurischen Bundesstädten, schon vor Roms Bestehen mächtig und bis an das Meer herrschend. Die Verfassung war aristokratisch; an der Spitze stand später ein König, der jedoch nicht erblich war. Als Rom mächtiger geworden, geriet es bald mit der Nachbarstadt in Kampf, der mit wechselndem Erfolg ein Jahrhundert dauerte, bis 396 v. Chr. nach zehnjähriger Belagerung V. von Camillus erobert, die Einwohner als Sklaven verkauft und das Gebiet für Staatseigentum erklärt wurde. Seit dieser Zeit war die Blüte der Stadt für immer gebrochen; erst in der ersten Kaiserzeit wurden wieder römische Veteranen an der Stelle angesiedelt. Die Stelle, wo V. gestanden, liegt nordwestlich der heutigen Isola Farnese; jenseit der Cremera (heute Marrana della Valca) ist die Nekropolis von V. mit teilweise wohlerhaltenen Gräbern (besonders Grotta Campana) aufgedeckt worden. Vgl. Dennis, Cities and cemeteries of Etruria (2. Aufl., Lond. 1878).

Vejovis (Vediovis), altitalischer Gott, dessen eigentliche Bedeutung früh abhanden gekommen war. In Rom hatte er ein berühmtes Heiligtum in der Einsenkung zwischen den beiden Gipfeln des kapitolinischen Hügels, wo das sogen. Asyl des V. und später sein Tempel zwischen zwei Hainen lag. Da sein Bild einen jugendlichen unbärtigen Kopf hatte und ein Bündel Pfeile in der Hand trug, glaubte man in ihm den griechischen Apollon zu erkennen. Andre sahen in ihm einen jugendlichen Jupiter; später identifizierte man ihn mit dem Gotte der Unterwelt (Dis). Wahrscheinlich war er ein Sühngott und damit zugleich die Zuflucht flüchtiger Verbrecher. Sein herkömmlicher Festtag war der 7. März, sein Symbol die Ziege.

Vekiny-a'chary, in der Türkei das Kilogramm.

Vela (La V. de Coro), Hafen, s. Coro.

Vela, Vincenzo, ital. Bildhauer, geb. 1822 zu Ligornetto im Tessin, war anfangs Steinmetzlehrling in den Steinbrüchen von Viggio, kam dann in das Atelier des Bildhauers Cacciatori in Mailand und ging 1847 nach Rom, wo er das Modell zu einem Spartacus begann. In seine Heimat als Soldat zurückgerufen, machte er 1848 den österreichisch-piemontesischen Krieg mit und vollendete nach dessen Beendigung den Spartacus. Er nahm später seinen Wohnsitz in Turin, wo er eine umfangreiche Thätigkeit auf dem Gebiet der idealen und monumentalen Plastik entfaltete. Seine Hauptwerke sind: Hoffnung und Resignation, eine Statue für das Grab Donizettis, das Standbild des Ministers Balbi auf der Promenade in Turin, das Viktor Emanuels für das Rathaus daselbst, Frankreich und Italien, der sterbende Napoleon I. (1867, Schloß zu Versailles), der Frühling, Kolumbus und Amerika, die Statue Correggios für dessen Geburtsort (1880).

Velabrum, im alten Rom der Raum zwischen Kapitol, Aventin und Tiber, Verkaufsplatz aller feinen Tafelgenüsse.

Velamént (lat.), Hülle, Decke; Vorwand.

Velarium (v. lat. Velum, Segel), eine meist horizontal ausgespannte Leinwand, welche in Räumen mit Oberlicht, namentlich in Ausstellungs- und Gemäldesälen, von der Decke herabhängt, um das Licht zu dämpfen, oft auch nur eine rein dekorative Bestimmung hat und meist mit ornamentalen oder figürlichen Malereien versehen ist. In unbedeckten Räumen (bei Abhaltung von öffentlichen Schauspielen, Festen etc.) dient das V. als Schutz gegen die Sonne.

Velazquez (Velasquez, spr. weláßkeds), Diego (eigentlich Diego Rodriguez de Silva Velazquez), span. Maler, geb. 5. Juni 1599 zu Sevilla, bildete sich anfangs bei Herrera dem ältern, dann aber, durch dessen Roheit abgestoßen, bei Pacheco, dessen Tochter er 1618 heiratete. Mehr aber als nach ältern Meistern bildete er sich nach der Natur und dem lebenden Modell und entwickelte sich so zum größten Naturalisten der spanischen Schule, welcher später den Schwerpunkt seines Schaffens in der Bildnismalerei fand. Seine ersten Werke sind Einzelfiguren und Gruppen aus dem Volksleben, unter denen der Wasserträger von Sevilla (im Aspleyhouse in London) das durch unbefangene Natürlichkeit der Auffassung und Freiheit der malerischen Behandlung ausgezeichnetste ist, und zwei ebenfalls durchaus naturalistisch aufgefaßte