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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vereinigte Staaten von N.-A.

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Vereinigte Staaten von N.-A. (Geschichte 1859-1862).

Virginia (Oktober 1859) endete mit dessen Hinrichtung durch den Strang. Als durch die Aufnahme von Minnesota und Oregon die Zahl der freien Staaten wiederum gewachsen war, machten die Sklavenhalter den Versuch, durch die sogen. Lecomptonbill, welche dem Kongreß das Recht, zu gunsten der Sklaverei in Kansas einzuschreiten, vorbehielt, Kansas um jeden Preis zu einem Sklavenstaat zu machen. Aber diese Bill wurde von der nördlichen Demokratie als verfassungswidrig nicht gebilligt, was zu einer Spaltung der demokratischen Partei gerade während der Vorbereitungen zur neuen Präsidentenwahl und zur Aufstellung von zwei demokratischen Kandidaten, Breckinridge und Douglas, führte; infolge davon siegte bei der Wahl 6. Nov. 1860 der republikanische Kandidat Abraham Lincoln. Die Südstaaten schreckten nun vor der Sprengung der Union nicht zurück. Schon 20. Dez. 1860 sagte sich Südcarolina vom Bund los; ihm folgten Mississippi, Florida, Alabama, Georgia, Louisiana, Texas, Virginia, Arkansas und endlich Nordcarolina (21. Mai 1861). Ein 4. Febr. 1861 in Washington zusammengetretener Friedenskongreß löste sich ohne Resultat auf. Bereits 6. Febr. versammelte sich in Montgomery ein Kongreß der abgefallenen Staaten, welcher 11. März der sogen. Konföderation eine neue Verfassung gab, deren Eckstein die Sklaverei bildete, und Jefferson Davis zum Präsidenten wählte. Lincolns versöhnliche Erklärung bei seinem Amtsantritt (4. März 1861) war erfolglos, und mit der Eroberung des Forts Sumter durch die südstaatlichen Truppen (12. April 1861) begann der offene Krieg zwischen der Union und der sezessionistischen Konföderation.

Der Bürgerkrieg 1861-64.

Die Südstaaten wurden von einer energischen, zweckbewußten, staatsmännisch geschulten Aristokratie geleitet; die meisten und talentvollsten Offiziere des Heers und der Flotte, wie Beauregard, Johnston, Bragg, Lee, Jackson u. a., schlossen sich, weil aus dem Süden stammend, diesem an und organisierten die Streitmacht der Konföderation, was dadurch erleichtert wurde, daß der Kriegsminister Floyd schon 1860 alle Waffen und Geschütze in die südlichen Arsenale geschickt hatte, während die Unionsflotte über alle Meere zerstreut worden war. Daher waren die Südstaaten im Anfang des Kriegs dem Norden entschieden überlegen. Die Bevölkerung des letztern (die Grenzstaaten Maryland, Kentucky, Tennessee, Missouri u. a. verhielten sich schwankend) war allerdings für die Erhaltung der Union begeistert. Als Lincoln 15. April 75,000 Freiwillige unter die Waffen rief, waren diese sofort zur Stelle; aber es fehlte an aller Organisation. Die Truppen wurden von den Einzelstaaten, welche auch die Offiziere ernannten, auf Zeit gestellt; das Oberkommando, welches zuerst der alte Scott erhielt, war ganz vom Kriegsministerium abhängig. Ausrüstung, Ausbildung und Verpflegung der Unionstruppen waren anfangs mangelhaft und wurden erst allmählich besser. Daher erlitt der Norden trotz seiner numerischen Überlegenheit anfangs Mißerfolge; doch ließ er sich nicht durch dieselben entmutigen, steigerte seine Anstrengungen mit jedem Jahr, bewährte in der Herstellung und Verwendung von Kriegsmitteln seine Erfindungsgabe und seinen Unternehmungsgeist, und als sich endlich auch tüchtige Feldherren heranbildeten, errang er endlich den Sieg.

Beim ersten Vordringen der Bundestruppen unter Mac Dowell gegen die Stellung der Konföderierten bei Manassas-Junction erlitten die erstern am Bull-Run 21. Juli 1861 eine vollständige Niederlage. Der nun zum Oberbefehlshaber ernannte General Mac Clellan schlug am Potomac ein Lager auf und verwandte Herbst und Winter dazu, aus den von den Staaten gestellten Freiwilligen und Milizen (über 500,000 Mann) eine tüchtige Feldarmee zu bilden. Währenddessen wurden durch eine schnell geschaffene Kriegsflotte die Häfen der Südstaaten blockiert, einige auch besetzt. Gleichwohl gelang es den Konföderierten oft, die Blockade zu brechen und sich vom Ausland Kriegsbedürfnisse zu verschaffen, während südstaatliche Kreuzer, zum Teil (wie die Alabama) in England ausgerüstet, das aus Eifersucht gegen die Union den Süden begünstigte, die amerikanische Handelsflotte empfindlich schädigten. Die Verhaftung südstaatlicher Agenten auf einem englischen Schiff (s. Trent-Affaire) drohte bei der gereizten Stimmung beider Teile sogar einen Krieg zwischen der Union und England herbeizuführen. Im Bürgerkrieg kam es 1862 besonders im Westen zu wichtigen Entscheidungen. Nachdem es 1861 gelungen war, Missouri der Union zu erhalten, entrissen die Generale Thomas und Grant im Februar 1862 auch Kentucky und Tennessee den Rebellen und rückten den Mississippi abwärts vor, während der Admiral Farragut im April die Einfahrt in die Mississippimündung erzwang, New Orleans besetzte und stromaufwärts vordrang. Der Kampf konzentrierte sich im Westen um das von den Konföderierten stark befestigte Vicksburg, das endlich nach einer langen Belagerung 4. Juli 1863 von Grant erobert wurde. Damit waren der wichtige Fluß und sein Gebiet ganz für die Union gewonnen und die Südstaaten von Texas und Arkansas abgeschnitten. Weniger glücklich verlief der Krieg in Virginia. Hier eröffnete Mac Clellan den Kampf im März 1862 mit einem allgemeinen Vorgehen gegen die Hauptstadt der Konföderierten, Richmond. Zahlreiche blutige Gefechte, darunter die siebentägige Schlacht am Chickahominy (26. Juni bis 2. Juli), gaben kein entscheidendes Resultat. General Pope wurde in der zweiten Schlacht am Bull-Run (29.-30. Aug.) geschlagen und auf Washington zurückgeworfen. Lee, der Oberbefehlshaber der Konföderierten, versuchte nun einen Einfall in Maryland und Pennsylvanien, überschritt 4. Sept. den Potomac, ward aber 17. Sept. bei Antietam von Mac Clellan besiegt und zum Rückzug auf Virginia gezwungen. Da Mac Clellan seinen Sieg nicht benutzte, ward er 17. Nov. durch Burnside ersetzt, der einen Vorstoß auf Richmond unternahm, aber 13. Dez. bei Fredericksburg eine empfindliche Niederlage erlitt. Sein Nachfolger Hooker drang im April 1863 über den Rapidan vor, wurde aber 2.-5. Mai von Lee bei Chancellorsville besiegt, der darauf einen zweiten Einfall in Maryland versuchte, aber 1.-3. Juli in einer der blutigsten Schlachten des ganzen Kriegs bei Gettysburg von General Meade über den Potomac zurückgeworfen wurde.

Die Schlacht von Gettysburg und die gleichzeitige Eroberung Vicksburgs bildeten den Wendepunkt des Kriegs. Trotz der Überlegenheit ihrer Feldherren und der Tapferkeit ihrer Truppen hatte die Konföderation keinen entscheidenden Erfolg errungen; es war ihr nicht geglückt, Washington und einige Nordstaaten zu erobern, ja im Westen hatte sie große unwiederbringliche Verluste erlitten; schon machte sich bei ihr eine Erschöpfung an Geld und Menschenkräften bemerkbar. Die ungeheuern Opfer des Nordens wurden aus seinen unerschöpflichen Hilfsquellen rasch ersetzt, und die Nordstaaten setzten den Krieg nicht