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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vereinigte Staaten von N.-A.

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Vereinigte Staaten von N.-A. (Geschichte 1874-1889).

den »Grantismus« mehr und mehr, die Wahlen für den Kongreß fielen schon 1874 zu ungunsten der Republikaner aus, und Grant durfte zwar noch die große Weltausstellung in Philadelphia eröffnen und die Centennialfeier der Union 4. Juli 1876 leiten, mußte aber auf eine zweite Wiederwahl verzichten. Bei der Elektorenwahl im November 1876 erhielt der Republikaner Hayes in 18 Staaten 166, der Demokrat Tilden in 17 Staaten 184 Stimmen; in Süd-Carolina, Louisiana und Texas war das Wahlergebnis streitig. Der Wahlprüfungsausschuß des Kongresses erklärte jedoch 26. Jan. 1877 unberechtigterweise, daß die Wahlen in diesen drei Staaten für Hayes ausgefallen seien, und 2. März ward dieser vom Kongreß als Präsident proklamiert.

Hayes trat 5. März sein Amt an mit einer Botschaft, in welcher er eine versöhnliche Politik und Abstellung der Mißbräuche versprach, bildete sein Ministerium aus gemäßigten Republikanern und Demokraten und bemühte sich eifrig, die Parteileidenschaften besonders in den Südstaaten zu beschwichtigen. Die Regierung hatte jedoch im Kongreß keine rechte Stütze, und Hayes mußte wiederholt von seinem Veto Gebrauch machen, um unzweckmäßige Gesetze zu verhindern. Wenn er auch die Einführung der Silberwährung zuzulassen nicht umhin konnte, so führte er doch die Wiederaufnahme der Bezahlung in Metall 1. Jan. 1879 und die Zinsreduktion der öffentlichen Schuld durch. Die Überschüsse der Einnahmen wuchsen von Jahr zu Jahr. 1880 siegte bei der Präsidentenwahl der gemäßigte Republikaner Garfield, dem der Stalwart Arthur als Vizepräsident zur Seite gestellt wurde. Das von Garfield 4. März 1881 ernannte Ministerium setzte die Zinsreduktion und Abzahlung der Staatsschuld energisch fort und begann auch gegen die Korruption in der Verwaltung einzuschreiten. Aber schon 2. Juli wurde Garfield in Washington von einem abgewiesenen Stellenjäger, Charles Guiteau, durch zwei Schüsse schwer verwundet und starb an deren Folgen 19. Sept. Nun wurde Arthur Präsident, ein Stalwart und selbst früher an der Korruption der Republikaner stark beteiligt. Wenn nun Arthur auch einige Führer seiner Partei, besonders Conkling, mit Ämtern bedachte, so begünstigte er doch nicht offen die Korruption, belegte sogar mehrere Bills des Kongresses, welche über die allerdings beträchtlichen Überschüsse der Einnahmen allzu verschwenderisch verfügten, mit dem Veto. Doch konnte er nicht hindern, daß die Republikaner, um Stimmen zu fangen, das 1879 erlassene Pensionsgesetz für die Veteranen und ihre Angehörigen in gewissenlosester Weise ausbeuteten und für ein Jahr 100 Mill. an Pensionen bewilligten; auch für öffentliche Bauten zu gunsten einiger Parteihäupter wurden sehr bedeutende Summen hergegeben. Der Sieg der Demokraten bei den Kongreßwahlen 1882 veranlaßte die Republikaner, 1883 einer Reform des Zivildienstes zuzustimmen, welche der Korruption steuern sollte, und auch ein Tarifgesetz anzunehmen, welches einige Zölle herabsetzte, damit die übermäßigen Überschüsse der Einnahmen sich minderten; denn die Staatsschuld, welche 1. Nov. 1883 auf 1312 Mill. gesunken war, konnte nicht ganz abgezahlt werden, da ein Teil der Bonds erst 1892, ein andrer erst 1907 kündbar war. Dennoch siegte bei der Präsidentenwahl 1884 die demokratische Partei mit Hilfe der Reformpartei.

Der neue demokratische Präsident Cleveland, der sein Amt 4. März 1885 antrat, umgab sich mit einem gemäßigten Ministerium und regierte versöhnlich; er beließ die meisten republikanischen Beamten in ihren Stellen und gestattete seiner Partei durchaus keine Ausbeutung ihrer Herrschaft. Er strebte vor allem nach einer gründlichen Umgestaltung der Zollgesetzgebung, um eine größere Freiheit im Handel und Verkehr zu ermöglichen und die Einnahmen zu vermindern; denn trotz der Verschwendung, mit der der Kongreß Gelder für Bauten und Pensionen bewilligte, häuften sich die Überschüsse im Staatsschatz in bedenklicher Weise. Aber er vermochte sein Ziel nicht zu erreichen. 1888 ließ er sich von neuem als demokratischer Präsidentschaftskandidat aufstellen und bezeichnete die Tarifreform als seine Hauptaufgabe. Doch siegte er unerwarteterweise nicht, sondern der republikanische Kandidat Harrison, ein Sohn des frühern Präsidenten, weil Cleveland bei seiner eignen Partei viel an Ansehen und Einfluß verloren hatte. Seine Bemühungen, durch schroffes Auftreten nach außen (er schickte dem englischen Gesandten Sackville wegen eines Verstoßes gegen die diplomatischen Anstandspflichten die Pässe u. brachte den Vertrag über die Fischerei in Kanada zu Falle) die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen, waren vergeblich. Der neue Präsident trat sein Amt 4. März 1889 an und ernannte Blaine zum Staatssekretär. Außer der Aufrechterhaltung des Schutzzolltarifs bezeichnete er die Verstärkung der Unionsflotte und die Kräftigung des Ansehens und der Macht der Vereinigten Staaten für seine Hauptaufgaben.

[Litteratur.] Vgl. Ramsay, History of the United States (3. Aufl., Philad. 1818, 3 Bde.); Bancroft, History of the United States (Bost. 1834-74, 10 Bde.; 1883, 6 Bde.; deutsch, Leipz. 1847-74, 10 Bde.); Derselbe, History of the formation of the constitution of the United States (2. Aufl., New York 1887, 2 Bde.); Hildreth, History of the United States (das. 1849-62, 6 Bde.; neue Ausg. 1880); Neumann, Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika (Berl. 1863-66, 3 Bde.); Laboulaye, Histoire des États-Unis (6. Aufl., Par. 1876, 6 Bde.; deutsch, Heidelb. 1870, 3 Bde.); Schouler, History of the United States of America under the constitution (Wash. 1881-85, 3 Bde.); Hopp, Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika (Leipz. 1885, 3 Bde.); Derselbe, Bundesstaat und Bundeskrieg in Nordamerika (Berl. 1886); ferner: Talvj, Kolonisation von Neuengland (Leipz. 1847); Sparks, Diplomatic correspondence of the American revolution (Bost. 1829-31, 12 Bde.); Kapp: Geschichte der deutschen Einwanderung in die Vereinigten Staaten (Leipz. 1868), Geschichte der Sklaverei in den Vereinigten Staaten (Hamb. 1861), Aus und über Amerika (Berl. 1876, 2 Bde.); Wheeler, History of Congress (New York 1848, 2 Bde.); Hennings, Eighty years of republican government (Lond. 1868); v. Holst, Verfassung und Demokratie der Vereinigten Staaten von Amerika (Bd. 1, Düsseld. 1873; die Fortsetzung u. d. T.: »Verfassungsgeschichte der Vereinigten Staaten seit der Administration Jacksons«, Berl. 1878-84, Bd. 1-3); Döhn, Die politischen Parteien in den Vereinigten Staaten von Amerika (Leipz. 1868); Körner, Das deutsche Element in den Vereinigten Staaten von Amerika 1818-48 (Cincinnati 1880); Blankenburg, Die innern Kämpfe der nordamerikanischen Union (das. 1869); Döhn, Die Administration der Präsidenten Grant und Hayes (Leipz. 1881). Die Geschichte des Bürgerkriegs schrieben: Sander (2. Aufl., Frankf. 1876, 2 Bde.), Scheibert (Berl. 1874), der Amerikaner J. W. ^[John William] Draper (deutsch, Leipz. 1877, 3 Bde.), Graf von Paris (Par. 1875-88, Bd. 1-7) u. a. Vgl. Sparks,