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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Veronēse

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Verona - Veronese.

romanischer Krypte; Sant' Anastasia, ein gotischer Bau (1290-1450) mit unausgeführter Fassade, reichem Portal, vielen Denkmälern u. Gemälden; San Giorgio in Braida (1477 im Renaissancestil umgebaut), mit Gemälden von Paolo Veronese u. a.; Santa Maria in Organo (schon 866 erneut, 1481 umgebaut), in schöner Frührenaissance mit unvollendeter Fassade von Sanmicheli; San Nazario e Celso (aus dem 11. Jahrh.); dahinter eine Felsenkirche mit altchristlichen Malereien. Vor dem Kirchlein Santa Maria Antica erheben sich die herrlichen gotischen Grabmäler der Scala. Zu den hervorragendsten Palastbauten gehören: der Palazzo della Ragione (von 1183), der Tribunalpalast, der Palazzo della Prefettura (von 1272) mit Portal von Sanmicheli und der Palazzo del Consiglio (1873 restauriert) mit glänzender Fassade, offener Halle des Erdgeschosses und den Statuen berühmter Veroneser. Bemerkenswerte Paläste sind noch: die Casa dei Mercanti (aus dem 13. Jahrh.); das Rathaus; der Palast der Gran guardia vecchia (von 1610, jetzt zu verschiedenen öffentlichen Zwecken dienend); die von Sanmicheli erbauten Paläste Canossa, Bevilacqua, Pellegrini, Guastaverza und Pompei, letzterer das Museo civico enthaltend; endlich der Palazzo Maffei (1668, mit berühmter Wendeltreppe) und der Palazzo Giusti mit schönem aussichtsreichen Garten (berühmte alte Cypressen). Auch der neue Friedhof mit dorischer Säulenhalle verdient Erwähnung. V. besitzt viele Altertümer, darunter das gut erhaltene berühmte Amphitheater (arena). Dasselbe wurde wahrscheinlich unter Antoninus erbaut, ist von ovaler Form, 152 m lang, 123 m breit und hat einen Umfang von 435 m. Außen hatte es zwei Stockwerke Arkaden; das Innere besteht aus 46 Sitzreihen mit etwa 22,000 Plätzen. Andre Denkmäler aus dem Altertum sind: die Porta Borsari, eine Art Triumphbogen, vom Kaiser Gallienus 265 erbaut; der Arco dei Leoni und die Überreste eines römischen Theaters. Zu den alten Baudenkmälern gehören ferner: das Castel San Pietro, die alte Burg Dietrichs von Bern (jetzt Festungswerk und Kaserne), und das Castel vecchio, die 1355 von Cangrande II. erbaute Burg der Scala, an der Etsch, durch eine mit Zinnen bekrönte Festungsbrücke mit dem linken Ufer verbunden (jetzt gleichfalls Kaserne und Zeughaus). Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 60,768 (als Gemeinde 68,741), welche ansehnlichen Handel mit Seide, Wein, Getreide, Öl etc., besonders seit Vollendung der Brennerbahn bedeutenden Transithandel nach Deutschland betreiben und Seidenfilanden, Seiden-, Schafwoll- und Baumwollwebereien, Färbereien, Gerbereien und Seilereien, Fabriken für Möbel, Musikinstrumente etc. unterhalten. V. hat ein Lyceum und Gymnasium mit Bibliothek, ein Seminar, ein bischöfliches Lyceum und Gymnasium, eine technische Schule, eine Akademie für Ackerbau, Handel und Gewerbe, eine Maler- und Bildhauerakademie, eine Philharmonische Gesellschaft, ein Taubstummeninstitut, eine städtische Bibliothek, ein städtisches Museum mit wichtiger Gemäldesammlung, Sammlungen von Münzen (22,000), naturgeschichtlichen Gegenständen etc., das Museo lapidario mit Altertümern, 3 Theater und verschiedene Wohlthätigkeitsanstalten sowie 2 Banken. V. ist Sitz des Präfekten, eines Bischofs, eines Tribunals, einer Finanzintendanz, eines Hauptzollamts, einer Handels- und Gewerbekammer und des Generalkommandos des 3. Armeekorps. Als Festung ist V. von großer strategischer Wichtigkeit, indem es gleichzeitig Oberitalien beherrscht und den Schlüssel zu Tirol von Süden her bildet. Die Stadt ist Geburtsort zahlreicher berühmter Männer (Catull, Macer, Vitruvius, der Scala, des Malers Paolo Veronese u. a.). In dem nahegelegenen San Michele Extra (mit 2582 Einw.), Geburtsort des berühmten Baumeisters Sanmicheli, die schöne von diesem Meister erbaute Rundkirche Santa Madonna di Campagna.

V. ist eine der ältesten Städte Italiens. Ihre ersten Bewohner waren Rätier, welche in V. unter der spätern Herrschaft der keltischen Cenomanen überwogen. Erst als Kolonie des Kaisers Augustus wurde V. eine große, blühende Stadt. Decius schlug hier 249 den Kaiser Philippus, Konstantin 312 den Pompejanus. 403 gewann Stilicho hier einen Sieg über Alarich. Attila plünderte und verwüstete 452 die Stadt. Dann war sie Residenz des Ostgotenkönigs Theoderich, der hier 489 den Odoaker besiegt hatte und daher in der Sage Dietrich von Bern (d. h. Verona oder Welsch-Bern) heißt. Auch die Könige der Langobarden residierten zum Teil hier, bis V. an das fränkische Reich kam. Im Kampf gegen Kaiser Friedrich I. stand es mit an der Spitze des Lombardischen Städtebundes. Darauf ward es durch die Parteikämpfe der Adelsparteien, der Montecchi (Ghibellinen) und der San Bonifazios (Guelfen), erschüttert. Zu Anfang des 13. Jahrh. bemächtigten sich die Ezzelini, die Beschützer der Montecchi, der Stadt. Nach dem Tod Ezzelinos da Romano (1259) wählten die Veroneser 1260 Mastino della Scala zum Oberhaupt (Podesta), dessen Familie 127 Jahre lang die herrschende blieb und unter Cangrande I. ihre höchste Macht und Blüte erreichte. 1387 kam V. unter Mailands, 1405 unter Venedigs und mit diesem nach dem Sturz des französischen Kaiserreichs unter Österreichs Herrschaft, welche 1866 ihr Ende erreichte. Seitdem gehört V. zum Königreich Italien. Eine europäische Berühmtheit erlangte V. durch den hier vom Oktober bis Dezember 1822 abgehaltenen Kongreß der Mitglieder der Heiligen Allianz zur Zügelung der europäischen Revolution. Der wichtigste Beschluß war die Übertragung der Intervention in Spanien an Frankreich. Vgl. Ronzani, Le antichità di V. (Verona 1833); Perini, Storia di V. dal 1790-1822 (das. 1873-75, 3 Bde.).

Veronēse, Paul (eigentlich Paolo Caliari), ital. Maler, geb. 1528 zu Verona als Sohn des Bildhauers Gabriele Caliari, wurde Schüler seines Oheims Antonio Badile und hatte schon eine Zeitlang in Verona Altarbilder und Fresken im Stil der veronesischen Schule, aber freier und großartiger geschaffen, als er um 1548 nach Mantua, wo er im Dom thätig war, und 1555 nach Venedig berufen wurde, wo er an der Decke der Sakristei in der Kirche San Sebastiano die Krönung Mariä und die vier Evangelisten und 1556 an der Decke des Kirchenschiffs drei Darstellungen aus der Geschichte der Esther in Fresko malte, denen um 1557 das Hochaltarbild mit der Himmelskönigin und in den nächsten Jahren bis 1570 der übrige Schmuck der Kirche und zuletzt das Gastmahl beim Pharisäer Simon (jetzt in der Brera zu Mailand) folgten. In dieser Zeit entwickelte sich sein Stil unter dem Einfluß der Venezianer zu voller Reife. Die Grundlage desselben hatte er von Verona mitgebracht, namentlich das Kolorit, das, obwohl verwandt mit dem venezianischen, sich doch durch seinen Silberton und seine milde Harmonie von jenem unterscheidet. Tizian hat offenbar einen großen Einfluß auf ihn geübt; aber er wußte seine Selbständigkeit neben jenem zu bewahren. In seinem »reifen Stil erkennt man überall die alte, ruhig in sich beschlossene venezianische Existenzmalerei, welche es,