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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vicenza; Vices; Vicesimation; Vice versa; Vich; Vichy

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Vicenza - Vichy.

faßt die Provinz noch die Verzweigungen der Lessinischen Alpen mit Höhen von 2000 m (Monte Pasubio an der Tiroler Grenze 2232 m); die Bericischen Berge (ca. 300 m, s. d.) erheben sich isoliert aus der Ebene, der die Provinz meist angehört. Das Klima ist sehr mild und gesund, die Bewässerung vortrefflich. Bedeutende Wasserstraßen bilden der Bacchiglione und der Canale Bisatto. Produkte sind: Marmor, Kaolin und Töpferthon, fossile Kohlen, Kohlen (1886: 12,520 Ton.); ferner Getreide (1887: 550,400 hl Weizen, 508,700 hl Mais, 22,400 hl Reis), Kastanien, Wein (203,200 hl), Seide (1,8 Mill. kg Kokons), Pferde (9311 Stück), Vieh (110,776 Rinder, 67,358 Schafe, 21,948 Schweine). Die Waldungen umfassen 43,374 Hektar. Mineralquellen finden sich zu Recoaro, Vegri, Arzignano etc. Die Industrie der Provinz umfaßt hauptsächlich Seidenspinnerei, Schafwollspinnerei, Weberei und Färberei, Fabrikation von Papier und Spielkarten, Strohhüten, Rizinusöl, pharmazeutischen Produkten, Majolika und Töpferwaren, Leinwand, Möbeln, Wagen, Leder, Eisenwaren, Musikinstrumenten etc. Die Provinz zerfällt in zehn Distrikte.

Vicenza (spr. witschénza), Hauptstadt der gleichnamigen ital. Provinz, liegt in wohlbebauter Ebene am Fuß der Bericischen Berge, zu beiden Seiten des Bacchiglione, der hier den Retrone aufnimmt und schiffbar wird, an der Eisenbahn Mailand-Venedig, von welcher hier die Linien nach Schio und Treviso abzweigen, hat einige ansehnliche Plätze (Piazza dei Signori, mit dem Marmorstandbild Palladios und zwei Säulen), schöne Straßen (Corso Principe Umberto), 8 Thore und 7 Brücken. Die Zahl der Kirchen beläuft sich auf 25, unter denen der Dom, ein einschiffiges gotisches Bauwerk (1235 der Santa Maria Annunziata geweiht), die Kirche San Lorenzo, ein schöner italienisch-gotischer dreischiffiger Backsteinbau (1280 von den Franziskanern neugebaut), Santo Stefano, mit schönem Bild von Palma Vecchio, und Santa Corona, eine malerische gotische Dominikanerkirche (von 1260), die hervorragendsten sind. Unter den übrigen Bauten nehmen die von Palladio (dessen Geburtsstadt V. ist) herrührenden Werke das höchste Interesse in Anspruch. Zu diesen gehören: die sogen. Basilika (Palazzo del Consiglio, 1549 begonnen, aber erst 1614 vollendet), mit zweigeschossiger Säulenhalle, der Palazzo prefettizio (1571), das Teatro Olimpico, eine Renaissancenachahmung der antiken Theater (1584 nach Palladios Entwurf vollendet), der Palazzo Chieregati, mit den städtischen Sammlungen, der schönste Palastbau des Meisters, mit offenen Hallen an der Fronte, in neuerer Zeit restauriert, der Palazzo Tiene (jetzt Volksbank), mit prächtiger Fassade (1556), der Palazzo Porto-Barbarano (1570), mit reichem Skulpturschmuck, der unvollendete Palazzo Giulio Porta und eine halbe Stunde außerhalb der Stadt die Villa Palladiana, La Rotonda. Bemerkenswerte Architekturwerke sind außerdem der bischöfliche Palast, das Tribunal mit Fassade von Scamozzi, das sogen. Haus des Palladio u. a. Außerhalb der Stadt liegt die vielbesuchte Wallfahrtskirche Madonna del Monte Berico, zu welcher ein 650 m langer bedeckter Bogengang führt (1405 errichtet, später erweitert, 1848 der Schauplatz heftiger Kämpfe), dann der Friedhof mit dem Denkmal des Palladio. Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 27,694, mit dem Gemeindegebiet 39,431, welche Seidenindustrie, Gerberei etc. wie auch ansehnlichen Handel mit Manufaktur- und Bodenprodukten, insbesondere mit Gartenfrüchten, Wein und Getreide, sowie mit Schlachtvieh treiben. V. hat ein königliches Gymnasium und Lyceum, ein bischöfliches Gymnasium mit Bibliothek, ein Seminar, ein Gewerbeinstitut, eine technische Schule, eine Akademie der Wissenschaften und Künste (die 1555 gestiftete Accademia Olimpica), eine städtische Bibliothek, ein städtisches Museum mit Kunst- und Naturaliensammlung, ein Taubstummeninstitut etc. Es ist Sitz des Präfekten und der sonstigen Provinzialbehörden, eines Bischofs, eines Tribunals und einer Handelskammer. Zu V. wird alljährlich am Fronleichnamstag das Volksfest la Rua oder la Ruota gefeiert, dessen Ursprung von einem Sieg der Vicentiner über die Paduaner herrührt, welche die erstern eine Zeitlang unterjocht hatten. Von V. erhielt der französische Minister Caulaincourt (s. d.) den Herzogstitel. - Die Stadt, welche bei den alten Römern Vicentia hieß und zum Gebiet Venetia gehörte, soll um 600 v. Chr. von den Euganeern erbaut worden sein. Im Mittelalter hatte sie zeitweilig eigne Herzöge und Grafen. Unter Kaiser Friedrich I. schloß sie sich dem Lombardischen Städtebund an. Die 1204 durch Auswanderung der Studenten und Lehrer von Bologna hier entstandene Universität löste sich bald wieder auf. Die Stadt wurde 1236 von Kaiser Friedrich II. erobert und zerstört. Seit 1311 herrschten die Scalas, seit 1387 die Visconti über V. bis 1404, wo sich V. der Republik Venedig unterwarf. 1509 eroberte es Kaiser Maximilian I., gab es aber 1516 der Republik Venedig zurück. Seitdem verblieb es bei Venedig und teilte dessen Schicksale. Im Mai 1848 erhob sich die Stadt gegen die Österreicher, welche sie 10. Juni wieder besetzten. Durch den Wiener Frieden vom 3. Okt. 1866 kam V. mit Venetien an das Königreich Italien.

Vicenza, Herzog von, s. Caulaincourt.

Vices, s. Vize. Die V. übernehmen: Stellvertretung für einen Höhern, Vorgesetzten.

Vicesimation (lat.), s. Dezimation.

Vice versa (lat.), umgekehrt, gegenteilig.

Vich (spr. witsch, Vique), Bezirksstadt in der span. Provinz Barcelona, an der Eisenbahn Barcelona-San Juan gelegen, mit Baumwollspinnereien, Fabriken für Leinwand, Bänder, Schleier, Handschuhe, Hüte und (1878) 12,478 Einw. In der Nähe Kupfer- und Steinkohlengruben. V. ist Bischofsitz. - Die Stadt hieß als Hauptort der Ausetaner bei den Römern Ausa, später als westgotischer Bischofsitz Ausonia. Sie ward 713 von den Arabern zerstört, 798 von den Franken der spanischen Mark wieder erbaut als Festung, um welche die neue Stadt, Vicus Ausoniensis (Vic d' Osona), entstand, die im Mittelalter mit der Umgegend eine eigne Grafschaft bildete. Hier 20. Febr. 1819 Sieg der Franzosen unter Augereau über die Spanier unter O'Donnell.

Vichy (spr. wischi), Stadt und berühmter Badeort im franz. Departement Allier, Arrondissement La Palisse, am rechten Ufer des Allier und an der Bahnlinie St.-Germain des Fossés-V., in freundlichem, durch gesundes, mildes Klima ausgezeichnetem Thal, am Fuß des Auvergnegebirges gelegen, zerfällt in die Altstadt (V. la Ville) mit engen, krummen Straßen und in die elegante Neustadt (V. les Bains) mit modernen Villen und Hotels, dem großen Badeetablissement, dem neuen Kasino, Theater und großem Park, hat 4 Kirchen (eine protestantische), ein Zivil- und ein Militärhospital und (1886) 9913 Einw. Die Heilquellen von V., alkalische, stark kohlensäurehaltige Thermen von 12-44,7° C. Temperatur, waren schon bei den Römern unter dem Namen Aquae calidae bekannt, wie Überreste marmorner Badebecken u. a. beweisen, erlangten aber ihren europäi-^[folgende Seite]