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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Volhynien; Volière; Volk; Völk; Volkach; Volkamerĭe; Volken; Völkerkunde; Völkermarkt; Völkerpsychologie

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Volhynien - Völkerpsychologie.

der Naturgeschichte im Kloster Muri im Aargau, war 1851-52 Professor an der Kantonschule in Zürich, habilitierte sich an der dortigen Universität und wirkte 1856-60 als Lehrer am Senckenbergschen Institut in Frankfurt. 1859 gründete er daselbst das Freie Deutsche Hochstift (s. d.), als dessen Obmann er bis 1881 wirkte. Er schrieb unter anderm: »Beiträge zur geognostischen Kenntnis des norddeutschen Tieflandes« (Götting. 1846); »Methodische Schule der Naturgeschichte« (Stuttg. 1851-52); »Studien zur Entwickelungsgeschichte der Mineralien« (Zürich 1854); »Entwickelungsgeschichte der Mineralien der Talkglimmerfamilie« (das. 1855); »Kristallographie oder Formenlehre der stoffeinigen Naturkörper« (Stuttg. 1855), in welchem Werk er den Versuch machte, eine deutsche Nomenklatur in die Kristallographie einzuführen; »Erde und Ewigkeit« (Frankf. 1857); »Über das Phänomen der Erdbeben in der Schweiz« (Gotha 1857-58, 3 Bde.), eine scharfe Kritik der Erdbebenhypothese der Vulkanisten; »Das Buch der Erde« (Leipz. 1859, 2 Bde., populär; »Die Steinkohlenbildung Sachsens« (Frankf. 1860), durch welche Publikation er in einen heftigen Streit mit den sächsischen Geologen geriet; »Das Steinsalzgebirge von Lüneburg« (das. 1865). V. kaufte das Vaterhaus Goethes, stellte dasselbe wieder her und übergab es der Obhut des Freien Deutschen Hochstifts (vgl. seine Schrift »Goethes Vaterhaus«, 2. Aufl. 1863). Gegenwärtig lebt V. in Soden am Taunus.

Volhynien, s. Wolhynien.

Volière (franz., spr. wolĭähr), Vogelhaus.

Volk (Populus), im weitern Sinn und im gewöhnlichen Sprachgebrauch s. v. w. Nation, d. h. ein nach Abstammung und Sprache, Sitte und Bildung zusammengehöriger Teil der Menschheit. Im Staatsrecht wird dagegen zwischen V. und Nation unterschieden und unter ersterm die Gesamtheit der unter einer gemeinsamen Staatsregierung vereinigten Angehörigen eines bestimmten Staatsverstanden (s. Nation). Auch bezeichnet man als V. die große Menge der bürgerlichen Gesellschaft im Gegensatz zu der durch politische Stellung, Reichtum und Bildung hervorragenden Aristokratie, in welcher Beziehung man auch von Volksbildung und Volksunterricht spricht. - In der Jägersprache heißt V. (Kette) die sich zusammenhaltenden Familien der Rebhühner und Wachteln (vgl. Gesperr).

Völk, Joseph, deutscher Politiker, geb. 9. Mai 1819 zu Mittelstetten im bayrischen Schwaben, studierte in München, ward 1843 zum Doctor juris promoviert und praktizierte sodann als Rechtskonzipient bei Gerichten und Anwalten. Die 1848 erwachte nationale Bewegung ergriff auch V., und er wirkte für die Bestrebungen, welche in der 49er Reichsverfassung einen Ausdruck gewannen. Seit 1855 Rechtsanwalt in Augsburg, trat er in demselben Jahr in die bayrische Abgeordnetenkammer ein, wo er der Linken beitrat und bei den Verhandlungen über nationale Fragen, Justizorganisation, Strafrecht und Zivilprozeß etc. in nationalem und liberalem Sinn hervorragenden Anteil nahm. V. war auch Mitglied des Frankfurter Abgeordnetentags wie des Sechsunddreißiger-Ausschusses 1863 und vertrat entschieden den kleindeutschen Standpunkt, zugleich das Recht des Augustenburgers auf die Elbherzogtümer. Auf dem Kongreß deutscher Abgeordneten in Frankfurt 1. Okt. 1865 und 20. Mai 1866 war V. Referent des Ausschusses. 1868 ward er in das Zollparlament gewählt, wo er 18. Mai eine wirksame patriotische Rede hielt. Seit 1871 Vertreter Immenstadts im deutschen Reichstag und Mitglied der nationalliberalen Partei, war er Mitglied der Reichsjustizkommission und an den Schöpfungen zur Befestigung der Reichseinheit besonders beteiligt. Da er diese über alle andern Rücksichten auf liberale Grundsätze stellte, schied er 1879 wegen der ablehnenden Haltung seiner Partei gegen die Wirtschaftsreform aus derselben aus und trat mit Schauß an die Spitze einer besondern Gruppe. Nachdem er 1880 das 25jährige Jubiläum seiner politischen Thätigkeit gefeiert hatte, lehnte er 1881 eine Wiederwahl in den Reichstag ab und starb 22. Jan. 1882 in Augsburg.

Volkach, Stadt im bayr. Regierungsbezirk Unterfranken, Bezirksamt Gerolzhofen, an der Mündung der Volkach in den Main, 204 m ü. M., hat eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, Weinbau u. (1885) 1955 Einw. Dabei der Hof Hallburg mit Schloß der Grafen von Schönborn und die Wallfahrtskirche Kirchberg.

Volkamerĭe, Pflanzengattung, s. Clerodendron.

Volken (Volcae), kelt. Volk im narbonensischen Gallien, welches die ebene Küstenlandschaft zwischen dem Rhône und den Pyrenäen ligurischen und iberischen Stämmen entrissen hatte. Sie zerfielen in zwei Staaten, die arekomischen V. (Volcae Arecomici) im Osten und die tektosagischen (V. Tectosages) im Westen. Die Hauptstadt der erstern war Nemausus (Nîmes), die der Tektosagen Tolosa (Toulouse) mit dem großen Nationalheiligtum, in dessen heiligem Teich ein ungeheurer Schatz von 15,000 Talenten versenkt war, den der römische Prokonsul Cäpio 106 v. Chr. erbeutete; außerdem lag im Gebiet der Tektosagen Narbo (Narbonne). Das Gebiet der V. ward 118 v. Chr. den Römern unterworfen. Ein Teil der Tektosagen war nach Osten gewandert und hatte seine Wohnsitze im Donaugebiet an der March aufgeschlagen. S. Karte »Germanien etc.«

Völkerkunde, s. Ethnographie.

Völkermarkt, Stadt in Kärnten, an der Drau, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, mit gewerblicher Fortbildungsschule, Kollegiatstift und (1880) 1728 Einw.

Völkerpsychologie, die Wissenschaft von der Verschiedenheit sowohl der einfachern Empfindungen des Menschen als seiner sittlichen Grundbegriffe und der allgemeinen Weltanschauung, welche durch Verschiedenheiten der Abstammung, des Klimas, der Bodenbeschaffenheit, Höhen- und geographischen Lage ihrer Wohnsitze (im Binnenland oder an der Küste, in Gebirge oder Niederung) sowie durch die geschichtlichen Erlebnisse und Berührung mit fremden Völkern bedingt werden. Schon die alten Kulturvölker waren, soweit sie mit fremden Völkern in nähere Berührung traten, auf diese Verschiedenheiten der innersten Empfindungen wie des äußern Benehmens, der religiösen Anschauungen, Sitten und Gebräuche aufmerksam geworden und liebten es, z. B. in den Geschichten von Anacharsis, die Verschiedenheit der Anschauungen eines Skythen den griechischen entgegenzustellen. Hippokrates nahm in seiner kleinen Schrift »Von der Luft, dem Wasser und den Gegenden« schon einen Anlauf zur physischen Erklärung dieser psychischen Eigentümlichkeiten benachbarter Völker; im allgemeinen aber ist diese Wissenschaft neu und beginnt etwa mit Montesquieu, der in seinen »Persischen Briefen« den Anacharsis wieder aufleben ließ und in seinem »Geist der Gesetze« zeigte, daß dieselben mit den Erdgraden wechseln. Einen weitern Anstoß gaben Zimmermann in seiner »Geographischen Geschichte des Menschen« (1773) und Kant in seiner »Anthropologie in pragmatischer Hinsicht« (1798).