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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Vox - Vries.

Vox (lat.), die Stimme.

Vox humāna (lat., »Menschenstimme«), in der Orgel eine 8-Fußstimme, die fast jeder Orgelbauer anders konstruiert; meist ist sie eine Zungenstimme mit kurzen Aufsätzen, die teilweise gedeckt sind; sie kommt aber sogar als Labialstimme vor und nicht selten mit doppelten Pfeifen, einer Labial- und einer Zungenpfeife. Eine gute V. ist der Stolz einer Orgel; es gibt deren aber nur sehr wenige (Madeleine zu Paris, Dom in Freiberg). Zu 4 Fuß heißt die Stimme gewöhnlich Vox virginea, Jungfernstimme, Jungfernregal, oder Vox angelica, Engelstimme.

Vox popŭli, vox Dēi (lat.), Spruch: »des Volkes Stimme ist Gottes Stimme«.

Vox viva dōcet (lat.), das lebendige Wort hat belehrende Kraft.

Voyage (franz., spr. wŏajahsch), Reise; Voyageur (spr. woajaschör), Reisender.

Voyous (franz., spr. wŏajóng), wir wollen sehen.

Vrachori, Stadt im griech. Nomos Akarnanien und Ätolien, im NW. vom gleichnamigen See, Sitz eines Eparchen, mit (1879) 5218 Einw.; angeblich das alte Agrinion, welchen Namen der Ort auch neuerdings wieder offiziell führt.

Vraic (spr. wräk), s. Kelp.

Vranauk ^[richtig: Vranduk], Markt in Bosnien, an der Bosnabahn, merkwürdig durch seine Lage am linken Bosnaufer. Während nämlich der jäh abstürzende Lisaisberg den Fluß zu einer scharfen Biegung zwingt, erhebt sich 70 m über der wild schäumenden Bosna auf einer Platte des Bergabhanges der Ort V., über dem wie ein Adlerhorst auf dem Felsen ein Kastell aus dem 14. Jahrh. thront.

Vraz, Stanko (eigentlich Jakob Fras), kroat. Dichter, geboren als Slowene 30. Juni 1810 zu Scherowetz in Untersteiermark, studierte zu Graz und schrieb anfangs in seinem heimischen Dialekt, ging dann aber zum kroatischen Illyrismus über und wurde einer der feurigsten Vertreter desselben wie einer der besten kroatischen Dichter. Er starb 24. Mai 1851 in Agram. Es erschienen von ihm: »Djulabije« (»Liebeslieder«, 1840); »Glasi iz dubrave žeravinske« (1841); »Gusle i tambura« (1845) u. a. Auch gab er seit 1841 die illyrische Zeitschrift »Kolo« sowie eine wertvolle Sammlung von Volksliedern aus Steiermark, Krain, Kärnten etc. (»Narodne pesme etc.«, Agram 1839) heraus. Seine gesammelten Werke erschienen mit dem Briefwechsel des Dichters in 5 Bänden (Agram 1863-77).

Vrchlicky (spr. wrchlítzki), Jaroslaw, tschech. Dichter, s. Frida.

Vrdnikgebirge, s. Fruska Gora.

Vreden, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Münster, Kreis Ahaus, an der Berkel, hat eine evangelische und 2 kath. Kirchen, ein Amtsgericht, ein Hauptzollamt, Baumwoll- und Nesselweberei, Gerberei und (1885) 1877 Einw. V. wird schon im 9. Jahrh. als Fredenna erwähnt.

Vreede, Georg Willem, niederländ. Jurist und Historiker, geb. 14. April 1809 zu Tilburg, studierte in Gent, Löwen und Leiden, lebte als Advokat zuerst im Haag und dann in Gorinchem und wurde 1841 Professor an der Universität in Utrecht, wo er 29. Juni 1880 starb. Außer durch eine Reihe juristischer Schriften hat er sich hauptsächlich auf dem Gebiet der niederländischen Geschichte einen hervorragenden Namen gemacht. Besonders hervorzuheben sind: »Die Verdienste unsrer Voreltern im Fach der Diplomatie« (1835); ferner seine Untersuchungen über die Periode Oldenbarneveldts und des Prinzen Moritz; »Niederlande und Schweden in ihren politischen Beziehungen« (1845); »Die Regierung und die Nation seit 1672-1795« (eine Entwickelung staatsrechtlicher Theorien, 1845); »Beiträge zur Geschichte der Umwälzung 1795-96« (1847-51; »Einleitung zu einer Geschichte der niederländischen Diplomatie« (Utrecht 1856-65, 6 Bde.); »Pieter van de Spiegel und seine Zeitgenossen« (das. 1874, 2 Bde.) und »La Souabe après la paix de Bâle« (das. 1879). Auf politischem Gebiet war V. ein warmer Verteidiger konservativer Theorien, wie die unter dem Titel: »Ein zwanzigjähriger Streit« (Utr. 1869) veröffentlichte Sammlung seiner politischen Aufsätze etc. beweist.

Vretos, Andreas Papedopulos, griech. Gelehrter, geb. 1800 auf Ithaka, studierte in Italien, war dann längere Zeit Bibliothekar der Universität in Korfu, ging 1830 nach Griechenland, wo er eine konservative Zeitung in griechischer und französischer Sprache redigierte, ward 1849 griechischer Konsul in Warna, in dessen Nähe bei Küstendsche er eine Ovids Exil betreffende Inschrift, die jetzt im Louvre sich befindet, entdeckte, und 1854 in Venedig und trat 1855 in russische Dienste. 1858 kehrte er nach Griechenland zurück und starb 1876 in Athen. Unter seinen zahlreichen Schriften in griechischer, italienischer und französischer Sprache sind hervorzuheben: »Ricerche storico-critiche su le tre città anticamente conosciute sotto il nome di Leucade« (Vened. 1830); »Mémoires biographiques-historiques sur le président Jean Capo d'Istria« (Par. 1837-38, 2 Bde.); »Ἐπιτομὴ της ἱστορίας Γεωργίου τοῦ Καστριώτου« (Athen 1842, 2 Bde.); »Memoria su la scoperta di Tomi« (das. 1853); »Νεωέλληνικὴ φιλολογία« (das. 1854-57, 2 Bde.; ein Katalog aller von Griechen in griechischer Sprache seit der Eroberung Konstantinopels bis 1832 veröffentlichten Werke); »La Bulgarie ancienne et moderne« (Petersb. 1856); »Biographie de l'archevêque E. Bulgari« (Athen 1860).

Vriendt (spr. frihnd), Frans de, Maler, s. Floris.

Vries, 1) Adriaen de, niederländ. Bildhauer, geb. 1560 im Haag, kam früh nach Florenz, wo er bei Giovanni Bologna arbeitete u. Kopien antiker Bildwerke in Erz und eigne Kompositionen in Wachs ausführte, und ging dann nach Prag, wo ihm Kaiser Rudolf II. die Ausführung seiner Reiterstatue übertrug. Von da ging er nach Augsburg, wo seine Hauptwerke entstanden: der Mercuriusbrunnen (1599) und der Herkulesbrunnen (1602 eingeweiht) mit zahlreichen aus Metall gegossenen Figuren, welche sich durch Eleganz des Aufbaues und durch Feinheit der Einzelbildungen auszeichnen. Er starb nach 1603.

2) Abraham de, niederländ. Maler, geboren um 1600 zu Rotterdam, bildete sich unter dem Einfluß von Th. de Keyser zu einem der hervorragendsten Bildnismaler der holländischen Schule aus, dessen Werke ebensosehr durch Kraft des Ausdrucks und Größe der Auffassung wie durch Sorgfalt des malerischen Vortrags und treffliche Behandlung des Helldunkels ausgezeichnet sind. Bilder von ihm besitzen die Galerien zu Lille, Dresden, Rotterdam, Amsterdam, Gotha und New York. Er war anfangs in Amsterdam und seit 1643 im Haag thätig, wo er um 1650 starb.

3) Matthias de, niederländ. Sprachforscher, geb. 9. Nov. 1820 zu Haarlem, ward 1849 Professor an der Universität Groningen und folgte 1853 eine Ruf an die Hochschule zu Leiden. V.' Bestrebungen waren von früh an darauf gerichtet, die von J. Grimm gegründete historische Sprachwissenschaft auch in den Niederlanden einzubürgern und dadurch auf die jetzige