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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Waddington; Wade

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Waddington - Wade.

besten organisierten Staaten Innerafrikas, erstreckt sich von 18° 30' bis etwa 22° östl. L. v. Gr. und von 17° nördl. Br., jedoch mit sehr unregelmäßigen Grenzen. Im N. grenzt W. an die Wüste, im O. an Dar Fur, im S. an Bagirmi und unabhängige heidnische Negerländer, im Westen an Bagirmi und Kanem. W. umfaßt samt den tributären Ländern etwa 319,000 qkm (5800 QM.) mit 3-6 Mill. Einw. Der Boden ist hier und da wasserarm, besonders im N.; doch das Zentrum und der Osten, von wo die Quellflüsse des Batha und des Betheka, die in den Fittrisee fallen, und der große südliche Bahr es Salamat ihren Ursprung nehmen, sind reich an Wasser und kultivierbarem Boden. Die Flüsse führen nur in der Regenperiode Wasser, doch kann man auch in der trocknen Jahreszeit überall in 1-2 m Tiefe in ihrem Kiesbett Wasser finden. Die Vegetation besteht in Tamarinden, Sykomoren, Dum- und Delebpalmen, Lotus- u. Heglygbäumen (Balanites aegyptiaca) u. a., Dattelpalmen gibt es aber nur am Nordrand. Hauptnahrungspflanzen sind: Duchn (Pennisetum typhoideum), Weizen und Reis. Außerdem baut man Wassermelonen, Kukurbitaceen, Zwiebeln, Eibisch (Hibiscus esculentus), roten Pfeffer, Koriander, Durra, Mais, Bohnen und Baumwolle. Im N. ist der Strauß noch reichlich vertreten, und am Bahr es Salamat und in Kuti gibt es eine außerordentliche Ausbeute an Elfenbein. In der Nähe des Batha ist das zweihörnige Rhinozeros häufig. Die Bevölkerung besteht im N. wesentlich aus Tibbu, im Zentrum und S. aus Negern, zwischen welche Fulbe und Araber eingedrungen sind. Herren des Landes sind die Maba, welche alle edlen Stämme des Landes umfassen, und deren Frauen allein das Recht haben, den König zu gebären, so daß kein Prinz zur Regierung befähigt ist, dessen Mutter nicht eine Maba gewesen. Die Sprache der Maba, neuerdings nach Barths u. Nachtigals Sammlungen untersucht von Fr. Müller und Lepsius, wird von ersterm für ganz isoliert, von letzterm für nahe mit der Sprache von Dar Fur und andern Nachbarsprachen und entfernt mit den Bantusprachen Südafrikas verwandt gehalten. Die Araber sind ziemlich zahlreich und werden in Kamelzucht treibende und in Rinderzucht treibende eingeteilt. Herrschende Religion ist der Islam, doch gibt es noch viele Heiden, namentlich im S. Die Industrie ist nur dürftig entwickelt, alle bessern Gewerbe werden von Bagirmiern oder Bornuanern betrieben; selbst der König hat sich nur langsam zum Handeltreiben emporgeschwungen, wobei er der einzige, alles monopolisierende Kaufherr ist. Es gibt drei Exportwege für W. Der erste führt nach N. über Kufra nach Bengasi am Mittelmeer und nach Ägypten; der andre geht über Borku und Tibesti nach Tripolis, der dritte durch Dar Fur nach dem Nil. Straußfedern, Sklaven, Elfenbein und Tamarinden bilden die Hauptexportartikel. Hauptstadt ist Abescher (Abeschr) mit 9-10,000 Einw., am obern Batha; die frühere Hauptstadt Wara, etwas nördlich davon, wurde 1850 verlassen und liegt jetzt in Ruinen. Das Reich ist in Provinzen geteilt unter Kemakel, welche das Recht über Leben und Tod haben und den Tribut (Sklaven, Pferde, Rinder, Honig, Korn) einzufordern haben. Das 7000 Mann starke Heer dient hauptsächlich dazu, den Tribut in Bagirmi, Fitri, dem östlichen Kanem und Dar Runga einzufordern. - W. tritt seit der Mitte des 17. Jahrh. in die Geschichte ein; eigentlicher Gründer ist Abd el Kerim, ein Nachkomme der Abbassiden, der, von den Maba und den Arabern unterstützt, den Islam einführte (1715). Unter seinen Nachfolgern ist die Geschichte Wadais eine Reihenfolge von Kriegen, Sklavenjagden und blutigen Gewaltthaten, die besonders unter Sultan Mohammed Scherif gipfelten, welcher 1857 den ersten nach W. vorgedrungenen Europäer, Eduard Vogel, hinrichten ließ. Sein Sohn und Nachfolger Ali nahm jedoch Nachtigal, der 1873 W. erforschte, gastfreundlich auf. Auch Matteucci und Massari konnten 1879 das Land durchreisen. Vgl. Barth, Reisen in Zentralafrika, Bd. 3 (Gotha 1857); Nachtigal in »Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Erdkunde« (1874); Matteucci im »Bulletin der Italienischen Geographischen Gesellschaft« (1881).

Waddington, 1) Charles, franz. Philosoph, geb. 19. Juni 1819 zu Mailand aus protestantischer, von England stammender Familie, studierte in Frankreich, lehrte seit 1843 Philosophie an verschiedenen Colleges, wurde 1848 Dozent an der Faculté des lettres zu Paris und folgte einem Ruf an das protestantische Seminar zu Straßburg, wirkte dann seit 1864 wieder als Professor am Lyceum St.-Louis, seit 1871 wieder an der Faculté des lettres zu Paris. Seine Hauptschriften sind: »De la psychologie d'Aristote« (1848); »Pierre de la Ramée« (1855); die preisgekrönten »Essai de logique« (1857), »De l'âme humaine« (1862; deutsch von Mösch, Leipz. 1880), »Dieu et la conscience« (1870).

2) William Henry, franz. Archäolog und Staatsmann, Vetter des vorigen, geb. 1826 zu Paris von englischen Eltern, studierte in Cambridge die philologischen Wissenschaften, erwarb nach seiner Rückkehr das französische Bürgerrecht und widmete sich ernsten numismatischen und epigraphischen Studien. Die erste wissenschaftliche Reise, die er nach Kleinasien unternahm (1850), wurde von ihm in dem Werk »Voyage en Asie Mineure au point de vue numismatique« geschildert, das einen akademischen Preis davontrug. Nach einer zweiten Reise gab er 1864 das Edikt Diokletians über die Lebensmittelpreise mit neuen Bruchstücken und einem gelehrten Kommentar heraus. Nach Lebas Tod setzte er (im Verein mit Foucart) dessen »Voyage archéologique en Grèce et en Asie Mineure« fort, woraus er besonders erscheinen ließ: »Mélanges de numismatique« (1862-67) und »Inscriptions grecques et latines de Syrie« (1870). Seit 1856 Mitglied der Akademie, wurde er im Februar 1871 in die Nationalversammlung gewählt, wo er sich dem linken Zentrum anschloß und sich für die konservative Republik unter Thiers erklärte. Nachdem er bereits einmal wenige Tage im letzten Ministerium Thiers' Unterrichtsminister gewesen, erhielt er im März 1876 von neuem das Kultusministerium und begann die liberale Reform der Unterrichtsverwaltung und die Beschränkung der klerikalen Rechte im Unterrichtswesen, wurde aber, ehe er etwas erreicht, 16. Mai 1877 durch den klerikalen Staatsstreich beseitigt. Nach Wiederherstellung der parlamentarischen Regierung 13. Dez. 1877 ward er im neuen Kabinett Dufaure Minister des Auswärtigen und vertrat als solcher Frankreich auf dem Berliner Kongreß (Juni 1878). Am 4. Febr. 1879 wurde er Ministerpräsident, nahm aber schon im Dezember seine Entlassung. Er ist gegenwärtig Botschafter in London.

Wade, s. Bein.

Wade (Wate), in der altgerman. Sage ein Riese von übermenschlicher Kraft, der Sohn des Wilkinus und der Meerfrau Wachilde, Vater von Wieland (s. d.), dem Schmiede, dargestellt als bejahrter Mann mit großem Bart. Nach englischer Überlieferung ist W. der Erfinder des Boots, d. h. der Schiffahrt, während die altnordische Wilkinasage ihn nur als einen heid-^[folgende Seite]