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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Walcker; Walcourt; Wald

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Walcker - Wald.

»Faune parisienne« (»Insectes«, 1805, 2 Bde.), »Histoire naturelle des Aranéides« (1805) und »Histoire naturelle des insectes. Aptères« (mit Gervais, 1836-47, 4 Bde.).

Walcker, Eberhard Friedrich, berühmter Orgelbauer, geb. 3. Juli 1794 zu Kannstatt, war Schüler seines Vaters, der selbst ein geschickter Orgelbauer daselbst war, etablierte sich 1820 in Ludwigsburg und zeichnete sich bald durch allerlei Verbesserungen und zum Teil hochwichtige Erfindungen so aus, daß sein Etablissement Weltruf bekam. Besonders war es die Erfindung der Kegellade, welche außerordentliches Aufsehen machte (1842) und eine förmliche Umwälzung in der Konstruktion der Windladen (s. d.) herbeigeführt hat, da mehr und mehr Orgelbauer sich W. anschließen und keine Schleifladen mehr bauen. Er starb 4. Okt. 1872 in Ludwigsburg. Fünf Söhne Walckers: Heinrich (geb. 1828), Friedrich (geb. 1829), Karl (geb. 1845), Paul (geb. 1846) und Eberhard (geb. 1850), haben sich der Orgelbaukunst gewidmet und sind sämtlich in dem einen Etablissement thätig. Von den etwa 400 bis jetzt aus der berühmten Werkstatt hervorgegangenen Orgeln sind die im Ulmer Münster mit 100 klingenden Stimmen (1856), in der Musikhalle zu Boston mit 86 St. (1863), in der Paulskirche zu Frankfurt a. M. (1833) u. der Stiftskirche zu Stuttgart (1839) mit je 74 St. die bedeutendsten.

Walcourt (spr. -kuhr), Dorf in der belg. Provinz Namur, Arrondissement Philippeville, an der Heure und der Eisenbahn Charleroi-Vireux, die hier nach Philippeville abzweigt, hat eine schöne Liebfrauenkirche, Eisenindustrie, eine höhere Knabenschule und (1888) 1656 Einw. Hier 1684 Sieg der Engländer unter Marlborough über die Franzosen.

Wald, diejenigen Teile der Erdoberfläche, welche mit einer Vegetation gesellig wachsender Baumgewächse bedeckt sind. W. ist der allgemeinere Begriff, Forst (s. d.) der engere. Letzteres Wort bezeichnet einen für einen regelmäßigen Betrieb eingerichteten W. Der W. gehört zu den ursprünglichen Vegetationsformen, welche aller menschlichen Kultur vorangehen (s. Urwald). In ihm gelangt der Kampf der Baumindividuen um Luft und Licht sowie um den erforderlichen Wurzelraum, d. h. um ihr Dasein, zur vollen, ungehemmten Geltung. Ohne Regel und in buntestem Wechsel baut sich hier Altersklasse über Altersklasse, stellt sich Holzart neben Holzart, und es ringen nur solche Stämme sich durch, welche die kraftvollste Entwickelung haben. Überall über den emporstrebenden Jungwüchsen steht breitkronig und reich entwickelt der alte Mutterstamm, dessen Same jene erzeugt hat. Zusammenbrechend in morsche Trümmer oder vom Sturm geworfen, weicht endlich der Oberbaum, und in die Lücke wachsen die jüngern. Überall im Naturwald stehen alle Waldformen, Holzarten, Altersstufen übereinander, während im Kulturwald (Forst) Waldformen und Altersklassen in der Regel (bei der Schlagwirtschaft) in gleichartigen Massen (horizontal) nebeneinander geordnet erscheinen. Der W. erscheint auf den niedrigsten Kulturstufen überall als ein Kulturhindernis. Zerstörung desselben, um ackerbares und Weideland zu gewinnen, ist Vorbedingung fester Niederlassungen, des Ackerbaues, sozialer und wirtschaftlicher Gestaltungen. Diese durch die Hand des Menschen bewirkten Veränderungen der Vegetation der Erdoberfläche gehen dann in der Geschichte aller Völker neben den sozialen und politischen sowie den allgemein wirtschaftlichen Entwickelungen einher, wenig beachtet von der Geschichtsforschung, dennoch von tief eingreifender Bedeutung für die Geschicke der Völker. Denn nur bis zu einer gewissen Grenze ist die Waldzerstörung vernünftig und wirtschaftlich; über diese Grenze hinaus wird sie unvernünftig und gemeinschädlich. Die Bewaldung eines Landes hat nicht nur eine privatwirtschaftliche Bedeutung, indem wir im W. Bau-, Nutz- und Brennholz gewinnen sowie nutzbare Rinden, Früchte, Futter- und Streustoffe finden, sondern es ist die Kulturfähigkeit der Länder im ganzen von einer angemessenen Bewaldung derselben abhängig. Unverständige Entwaldung der Berge führt Abschwemmungen des fruchtbaren Erdreichs von den Höhen und Gehängen durch Regengüsse, Abrutschungen, welche die Thalgelände mit Gerölle, Kies und Sand überdecken, stark wechselnden Wasserabfluß von den Höhen herbei, so daß heftige Überflutungen der Thäler mit gänzlicher Trockenheit wechseln, mindert den Quellenreichtum und die Bodenfrische etc. Auch in den Flachländern spielt der W. eine wichtige Rolle. Dauernde Bedeckung des Bodens mit wurzelstarken Baumgewächsen allein ist im stande, den Flugsand zu festigen und das Überwehen ackerbarer Grundstücke mit demselben zu hindern. An den Meeresufern bindet der W. die Dünen und schützt die Küstenstriche einigermaßen gegen die kulturschädlichen Wirkungen jener heftigen Luftströmungen, welche dem Litorale eigen sind. In ethischer Beziehung bedingen Waldungen in hohem Grade die landschaftliche Schönheit einer Gegend und stehen in einer tiefen und ernsten Beziehung zu dem geistigen und gemütlichen Leben des Volkes. Die oben angeführte Grenze, jenseit deren die Waldzerstörung unwirtschaftlich ist, wird nicht leicht erkannt und ist unter dem Einfluß starker privatwirtschaftlicher Motive, welche dazu drängten, die Fläche des ackerbaren Bodens zu mehren, fast in allen Ländern höherer Kulturentwickelung überschritten worden. Zur Zeit findet sich in Europa folgender Waldbestand der einzelnen Länder. Es betrug:

die Gesamtfläche 1000 Hektar der Bestand an Forsten u. Holzungen 1000 Hektar Proz. bewaldet Hektar auf 1 Einw.

in Belgien auf 2496 489 19,6 0,09

" Dänemark 3957 190 4,8 0,10

" Deutschland 54060 13900 25,7 0,30

" England 31495 1261 4,0 0,04

" Frankreich 52840 9388 17,7 0,25

" Griechenland 6469 850 13,1 0,43

" Holland 3297 230 7,0 0,06

" Italien 29632 3656 12,3 0,13

" Norwegen 31820 7806 24,5 4,32

" Österreich 30002 9777 32,5 0,44

" Ungarn 32311 9168 28,4 0,58

" Portugal 8962 471 5,3 0,11

" Rumänien 13140 2000 15,2 0,37

im eur. Rußland 541964 200000 36,9 2,37

in Schweden 44282 17569 39,7 3,85

" der Schweiz 4139 781 18,9 0,27

" Serbien 4859 969 19,9 0,58

" Spanien 49724 8484 17,0 0,52

Im ganzen ist in Europa mehr als ein Viertel (27-28 Proz.) der Bodenfläche mit W. bedeckt. Die oben angegebenen mittlern Bewaldungsziffern jedoch geben nur ein unvollkommenes Bild des Waldbestandes der einzelnen Länder, weil innerhalb derselben sehr große Schwankungen der Bewaldung hervortreten. Nordfrankreich z. B. ist ziemlich stark bewaldet, während größere Teile von Südfrankreich ganz waldleer sind. In Deutschland schwankt das Bewaldungsverhältnis zwischen 0 Proz. (Bremen) und 45 Proz. (Schwarzburg-Rudolstadt). Selbst in dem