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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Waldverderber

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Waldverderber (Abwehrmittel; schädliche Pilze).

licher als der Kiefer, indem sie erstere kahl frißt, letztere meist nur halb kahl. Zur Gattung Liparis gehört auch der Schwammspinner (L. [O.] dispar L.), welcher auf verschiedenen Laubhölzern, Eichen, Hainbuchen, Obstbäumen, auch auf Nadelhölzern frißt, ohne jedoch jemals ganze Bestände zu vernichten. Gemeingefährlich durch seine giftigen, mit Widerhaken versehenen, Entzündungen der Haut und Schleimhäute erzeugenden Haare ist der Eichenprozessionsspinner (Cnethocampa processionea L.), welcher Eichenwaldungen oft ganz entlaubt. Von diesem Insekt befallene Eichenbestände sind von Menschen und Vieh thunlichst zu meiden, da die Luft dann mit den giftigen Haaren erfüllt zu sein pflegt. Der Schade, welchen es in den Waldungen anrichtet, besteht in Zuwachsverlusten nicht in der Vernichtung der Bestände. Ähnlich wirkt in Buchenbeständen der Massenfraß der Raupe des Rotschwanzes (Orgyia pudibunda L.); wegen der Menge ihrer freilich kaum noch giftigen Haare verläßt das Wild die infizierten Revierteile. Unter den Eulen ist in den Kiefernbeständen besonders die Forleule (Trachea piniperda L.) gefährlich, deren Raupen vorzüglich in Stangenorten fressen. Unter den Spannern ist der gemeine Kiefernspanner (Fidonia piniaria L.) zu nennen, welcher ebenfalls in Kiefernstangenorten Schaden anrichtet; auch unter den Wicklern und Motten finden sich einzelne merkbar schädliche Spezies: Tortrix viridana L. (grüner Eichenwickler), auf Eichen; Retinia buoliana W. V. (Kieferntriebwickler), auf Kiefern; Grapholitha comitana W. N. (Fichtennesterwickler), pactolana (Fichtenrindenwickler), an Fichten; histrionana, an Tannen; Coleophora laricella H. (Lärchenminiermotte), an Lärchen, etc., doch ist der Schade aller dieser Arten lokal und meist nicht erheblich. In der Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera) werden nur einzelne Arten aus der Familie der Blattwespen (Tenthredinidae) bisweilen waldschädlich, besonders Lophyrus pini L. (gemeine Kiefernbuschhornblattwespe), an Kiefern; Vespa crabro (Hornisse) durch Rindenschälen an Eschen, Birken, Erlen.

Im großen Forsthaushalt durchführbare Vorbeugungs- und Abwehrmittel gegen die durch alle diese W. herbeigeführten Schäden sind verhältnismäßig wenige bekannt. Gegen Wildschaden hilft radikal nur der Abschuß des Wildes. Gegen das Schälen des Wildes in Stangenorten glauben manche durch Anlage von Salzlecken Abhilfe schaffen zu können, doch ist der Erfolg mindestens zweifelhaft. Gegen den Mäuseschaden thut man gut, Füchse, Marder, Iltisse, Wiesel, als die natürlichen Feinde der Mäuse, zu schonen, auch werden mit Erfolg ihre Schlupfwinkel (wirres Gestrüpp, hoher Graswuchs) zerstört, sie selbst durch künstliche Verstecke (Reiserhaufen) an bestimmte Stellen gelockt und dort durch steilwandige Gräben isoliert, bez. vergiftet oder durch Reiservorwurf von den Jungwüchsen abgelenkt. Eichhörnchen sind, wo sie sehr schädlich werden, abzuschießen; desgleichen die vorhin genannten schädlichen Vögel, Berg- und Buchfinken und Auerwild lassen sich durch Wachen verscheuchen. Gegen die Borkenkäfer, welche meist nach großen Sturmbeschädigungen in den Waldungen verheerend auftreten, kann durch sorgfältige Aufsicht, sofortigen Aushieb aller kränkelnden Stämme, Fällung von Fangbäumen, an welchen die abgelegte Käferbrut vernichtet wird, Front gemacht werden, gegen die Rüsselkäfer (Hylobius abietis L.) u. die wurzelbrütenden Hylesinen (H. ater, opacus, angustatus, cunicularius) durch das vollständige Ausroden der Stocke und Wurzeln, Legen von Fangkloben, unter welchen sich die Käfer sammeln u. aufgelesen werden können. Cryptorhynchus lapathi ist durch zeitiges Entfernen des Brutmaterials zu vermindern, andre Rüsselkäfer (C. coryli, micans) durch Abklopfen auf Schirme. Gegen die Maikäferlarve (Engerling) sind viele Mittel versucht, kein einziges völlig bewährt gefunden worden. Vermeidung der Kahlhiebe, Stellung von Samenschlägen, Begründung gemischter Bestände, Schweineeintrieb dürften Abhilfe schaffen. In Nadelholzrevieren mit einzelnen eingesprengten Laubhölzern sind die Käfer, welche sich zum Fraß an den letztern in größter Menge sammeln, in der Morgenfrühe von diesen herabzuschütteln und zu vernichten. Gegen den großen Kiefernspinner besitzen wir in den breiten Kleberingen an den Stämmen, welche im Nachwinter in Brusthöhe nach Entfernung der groben Rindenschuppen angebracht werden und den im Winterlager befindlichen Raupen das Wiederbesteigen der Bäume unmöglich machen, ein radikales Abwehrmittel. Zweckentsprechende Klebstoffe liefern die Firmen Schindler u. Mützell (Stettin), Huth u. Richter (Berlin, Dresdener Straße), L. Polborn (Berlin, Kohlenufer), H. J. Gamm (Bromberg). Gegen die Nonne hat man Kleberinge in den Baumkronen (Hochringel), Eier- und Raupensammeln (Vertilgung der Raupenspiegel) angewendet, bisher jedoch ohne durchschlagenden Erfolg. Forleule und Kiefernspanner hat man durch Schweineeintrieb zu Anfang des Winters gegen ihre dann unter der Bodendecke ruhenden Raupen und Puppen erfolgreich vermindert. Gegen den Eichenprozessionsspinner kann man nur durch Vertilgung der Gespinstballen wirksam einschreiten.

Die W. aus dem Pflanzenreich gehören fast sämtlich der Klasse der Pilze an. Unter ihnen stehen in erster Linie: 1) Der Hallimasch (Agaricus [Armillaria] melleus L.), der Erzeuger des Harzstickens, der Harzüberfülle, Wurzelfäule oder des Erdkrebses der Nadelhölzer, mit runden, dunkeln Pilzsträngen (Rhizomorphen), welche von Wurzel zu Wurzel dringen, in die Wurzel eindringend sich in der Rinde derselben verbreiten und die Pflanze töten. Am Wurzelstock der toten Pflanze entstehen dann im Herbste die honigfarbenen Pilzhüte meist in großer Menge. 2) Der Kiefernbaumschwamm (Trametes pini Fr.), der Erzeuger der Rotfäule, Rind-, Ring- oder Kernschäle der Kiefer, dessen Sporen in frische Astwunden eindringen, keimen und die Pilzfäden im Kernholz in das Innere der Bäume senden, welche das Holz zerstören. Das letztere wird zuerst rotbraun, zeigt dann weiße Flecke, wird löcherig, endlich ganz aufgelöst. An nicht überwallten Aststellen dringt das Mycelium aus dem Innern hervor und erzeugt außen die Schwämme (Fruchtträger), welche 50-60 Jahre lang wachsen. 3) Trametes radiciperda R. Hrtg. dessen Mycelium die Wurzeln junger und älterer Kiefern, auch der Laubhölzer zerstört (Wurzelfäule). 4) Aecidium (Peridermium) pini Pers. (Kiefernblasenrost), Erzeuger des Kiefernnadelrostes, des Krebses, Brandes oder der Raude der Kiefer und des Kienzopfs, zu den Rostpilzen mit Generationswechsel (Uredineae) gehörig, dessen Mycelium in den Nadeln von Pinus silvestris, auch Laricio austriaca sowie in der Rinde, im Bast- und Holzkörper der gemeinen und Weimutskiefer vegetiert. Die frühern Formen des Pilzes sind noch nicht bekannt. 5) Caeoma pinitorquum A. Br. (Kieferndreher), ebenfalls ein Rostpilz, dessen Mycelium intercellular im grünen Rinderparenchym der jungen Kieferntriebe vegetiert und durch den Bast bis in die Markröhre vordringt. 6) Caeoma laricis R.