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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Weben

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Weben (Handwebstuhl).

(Spannstab, Tempel) in der Schußrichtung gespannt. Ein gewöhnlicher Spannstab besteht (Fig. 6) aus zwei durch eine Schnur verbundenen Holzstäben a, b, welche auf die Breite des Gewebes eingestellt, mit den an den Enden angebrachten Spitzen in die Zeugegge eingesteckt, niedergedrückt u. durch den Vorreiber c in der Zeugebene festgehalten werden. Endlich befinden sich bei D D (Fig. 1) noch einige Leisten (Fitzruten), um welche die Kettenfäden im Kreuz herumgeschlungen sind, damit man an abgerissenen Fäden die Enden leicht wiederfinden und zusammenknoten kann. Einen einfachen Webstuhl neuester Anordnung zeigt Fig. 7. In einem aus hölzernen Ständern und Riegeln zusammengesetzten Gestell liegt bei a der Kettenbaum, bei f der Brustbaum und bei i der Zeugbaum. Letzterer wird mittels des Handhebels l mit Sperrzahn und Sperrrad k nach Bedürfnis vom Weber zum Zweck der Zeugaufwickelung, der Kettenbaum a zum Abwickeln der Kette e vermittelst des Hebels g gedreht, der durch einen in den Ständer h einzusteckenden Stift festgestellt wird. Die Schäfte n sind an den Rollen m aufgehängt, mit den Tritten t verbunden und durch besondere Hebel o (Quertritte) geführt. Die Lade p s wird von zwei Bügeln v getragen und zwar auf Spitzen oder Zapfen. Zum Eintragen dient die an Stiften q aufgehängte Peitsche u und zum Sitz für den Weber das bei w sichtbare schräge Sitzbrett, dessen Höhenlage durch zwei seitwärts angebrachte Haken geregelt wird. Um diesen einfachen Webstuhl leicht und schnell zum W. mit mehreren Ketten (s. unten) einzurichten, sind bei d und c an den Ständern b noch zwei Garnbaumlager vorhanden; desgleichen befindet sich in einem Nebengestell y bei r noch eine Vorrichtung zur Anbringung eines sogen. Kontermarsches, einer Verbindung von Hebeln, die zum Teil oben (Obertritte), zum Teil unten (Untertritte) im Webstuhl liegen und durch eine Hebelübersetzung dem Weber das Treten erleichtern.

Die leinwandartigen und geköperten Gewebe verlangen zu ihrer Erzeugung nur 2-10 verschiedene Lagen des Eintrags und demnach auch nur 2-10, d. h. so viel Schäfte und Tritte, daß diese nicht nur im Webstuhl bequem untergebracht, sondern auch vom Weber sicher regiert werden können. Die gemusterten Stoffe dagegen fordern in der Regel durch die mannigfaltigen Verflechtungen zwischen Kette und Schuß eine so große Verschiedenheit in der Lage der Schußfäden und somit in der Bildung des Faches, daß die Tritte im Webstuhl nicht mehr Platz haben. In solchen Fällen ersetzt man die Tritte durch Vorrichtungen, welche wenig Raum einnehmen und sich leicht übersehen und handhaben lassen, weil ja eine bestimmte Reihenfolge in der Hebung der Schäfte eingehalten werden muß. In früheren Zeiten hing man die Schäfte zu diesem Zweck an vertikalen Schnüren auf, welche unter der Decke des Arbeitsraums horizontal weitergeführt (Schwanz) und befestigt wurden. Mit diesen Schwanzkorden verband man vertikal abwärts hängende sogen. Halsschnüre, an welchen dann zur Hebung der betreffenden Schäfte ein Ziehen mit der Hand stattfand (Zugstuhl). Man unterschied Kegelstuhl und Zampelstuhl, je nachdem die Halsschnüre zum bequemen Erfassen einen hölzernen Knopf (Kegel) trugen oder am Fußboden befestigt waren und von dem Ziehjungen aus der Vertikalebene gezogen wurden (Zampelschnüre). In neuerer Zeit sind diese aus einer großen Menge von Schnüren zusammengesetzten Schäftehebevorrichtungen durch eine höchst einfache Anordnung verdrängt, welche in ihrer vollkommensten Ausbildung die Jacquard-Maschine darstellt. Sie besteht aus einem steifen, aufrecht stehenden Stäbchen aus Holz A oder Eisendraht B (Fig. 8, Platine), welches durch eine kurze Schnur s (Korde) mit dem Schaft verbunden ist. Sämtliche Platinen ruhen in Reihen auf einem festen horizontalen Brett p (Platinenbrett) unmittelbar über ebensoviel Löchern, durch welche die Korden s hindurchgehen und geführt werden. Damit sich die Platinen nicht um sich selbst drehen, gleiten die hölzernen zwischen flache Stäbchen, während die Drahtplatinen bei u aufgebogen sind, um einen Stab r aufzunehmen. Zum Heben der Platinen dient eine einfache Schiene m m (Messer), welche (Fig. 9) in einem vertikal beweglichen Rahmen R (Messerkasten) sitzt, der in der Regel an einem zweiarmigen horizontalen Hebel E F hängt, dessen Arm F eine abwärts hängende, mit einem Fußtritt verbundene Schnur aufnimmt, so daß der Weber die Hebung der Schäfte mit Einem Tritt bewirkt (Trittmaschine). Es kommt hierbei nun darauf an, diejenigen Platinen aus dem Bereich der Messer zu bringen, welche mit den Schäften nicht gehoben werden sollen. Von allen zu diesem Zweck erfundenen Einrichtungen ist diejenige am einfachsten und daher am häufigsten in Gebrauch, welche in Fig. 9 skizziert ist. Jede Platine p ist durch eine Öse eines horizontalen Drahts n (Nadel, Stößel) gesteckt, welcher bei e durch ein Brett (Nadelbrett) geht und in dem sogen. Federhaus h mit einer Spiralfeder umgeben ist, welche sich gegen den Splint i stützt und die Nadel stets von links nach rechts drängt, so daß die Platine p vertikal steht. Wird nun diese Nadel von rechts nach links geschoben, so gelangt die Platine in die gezeichnete schiefe Lage und bleibt daher liegen, wenn das Messer m gehoben wird. Zu dieser Bewegung der Nadeln dient das viereckige Prisma N, welches an zwei Schwingen l hängt und im Bogen gegen die Nadeln geschlagen wird und zwar infolge der Einwirkung einer Rolle, welche an einem Arm l des Messerkastens sitzt, sich mit diesem hebt und senkt und in einer Kulisse g gleitet, die mit den Schwingen l fest verbunden und so gekrümmt ist, daß bei der Hebung der Rolle ein Ausschwingen und bei dem Niedergang ein Anschlagen des Prismas gegen die Nadeln erfolgt. Damit nun beim Anschlagen des Prismas nur jene Nadeln zurückgehen, deren Platinen nicht gehoben werden sollen, besitzen sämtliche vier Seiten des Prismas den Nadeln gegenüber so viel Löcher, als Nadeln vorhanden sind, so daß es nur notwendig ist, in einer gewissen Reihenfolge diejenigen Löcher zu bedecken, welche mit den genannten Nadeln korrespondieren. Zu diesem Zweck benutzt man Streifen von dünner, fester Pappe (Karten), welche sich vor die Anschlagseite des Prismas legen, und in welcher sich nur an jenen Punkten Löcher befinden, wo beim Anschlag des Prismas die Nadeln nicht getroffen werden sollen. Um für alle neuen Fachbildungen die entsprechenden, auf besondern Kartenschlagmaschinen erzeugten Karten der Reihe nach vorzurücken, vereinigt man sie zu einer Kartenkette 1, 2, 3 ... .. 0 etc., hängt diese über das Prisma N und läßt letzteres bei jeder Schwingung eine Wendung um 90° ausführen, weshalb dasselbe um die Längsachse drehbar in den Schwingen l hängt. Das Wenden selbst vermittelt einer der zwei Wendehaken oder Hunde c k oder c_{1} k_{1}, in Verbindung mit der Laterne, womit man vier Stifte bezeichnet, welche in den vier Ecken der quadratischen Grundfläche des Prismas sitzen, nacheinander gegen den