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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wielichowo; Wieliczka; Wielki; Wielopolski

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Wielichowo - Wielopolski.

ordentliche Entwickelungsfähigkeit seines reichen Talents, der eigentümliche Aufschwung, den seine Dichtung noch in der zweiten Hälfte seines Lebens nahm, hätten die stutzig machen sollen, welche von W. immer und überall nur als von einem guten Kopf, ohne eigenstes poetisches Verdienst und tiefere Bedeutung, sprachen. Die mittelbare Nachwirkung Wielands brachte der deutschen Litteratur eine Fülle seither nicht gekannter Anmut und Heiterkeit, die lebendigste Beweglichkeit und gesteigerte Fähigkeit für alle Arten der Darstellung. Die unmittelbare Nachwirkung, die sich an Wielands schwache Seiten, an die Lüsternheit, die gelegentliche Oberflächlichkeit und Schnellproduktion des großen Schriftstellers, heftete, ließ eine sehr unkünstlerische und zum Teil unsittliche Belletristik entstehen, die sich mit Recht und Unrecht auf W. berief und ihm wesentlich schadete. Die sämtlichen Werke Wielands wurden herausgegeben von Gruber (Leipz. 1818-28, 53 Bde.; neue Aufl., das. 1839-40 u. Stuttg. 1853, 36 Bde.) und bei Hempel (Berl. 1879, 40 Bde.); »Ausgewählte Werke« von H. Kurz (Hildburgh. 1870, 3 Bde.), von Pröhle (in Kürschners »Nationallitteratur«, Stuttg. 1887, 6 Bde.) und Muncker (das. 1889, 6 Bde.). Von Briefen Wielands erschienen: »Ausgewählte Briefe an verschiedene Freunde« (Zürich 1815-16, 4 Tle.); »Auswahl denkwürdiger Briefe« (hrsg. von Ludw. W., Wien 1818); »Briefe an Sophie v. La Roche« (hrsg. von Fr. Horn, Berl. 1820). Eine Biographie des Dichters schrieb Gruber (»Christ. Martin W.«, Altenb. 1815-16, 2 Bde.; neue Bearbeitung u. d. T.: »Chr. M. Wielands Leben«, Leipz. 1827-28, 4 Bde.); eine neue quellenmäßige bearbeitet B. Seuffert in Würzburg. Vgl. Löbell, Entwickelung der deutschen Poesie von Klopstock bis zu Goethes Tod, Bd. 2 (Braunschw. 1858); Ofterdinger, Chr. M. Wielands Leben und Wirken in Schwaben und der Schweiz (Heilbr. 1877); Buchner, W. und die Weidmannsche Buchhandlung (Berl. 1871); R. Keil, W. und Reinhold (Leipz. 1885).

Wielichowo, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Posen, Kreis Schmiegel, mit (1885) 1647 kath. Einw.

Wieliczka (spr. wjelitschka), Stadt in Galizien, in einem anmutigen Thal an einer Zweiglinie der Galizischen Karl Ludwigs-Bahn, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine Bergschule, ein Reformatenkloster und (1880) 6289 Einw. Unterhalb der Stadt in der Richtung gegen Bochnia (s. d.) befindet sich das berühmte Steinsalzbergwerk, das reichste der Monarchie, welches 1250, nach andern schon 965, von einem Hirten, Wielicz, entdeckt worden sein soll. Dasselbe bildet eine umfangreiche unterirdische Stadt, die mit ihren Straßen, Plätzen etc. einen weit größern Raum einnimmt als das W. der Oberwelt. Die Salzbildungen gehören der Tertiärzeit an und füllen eine Bucht aus, deren Grenzen im S. und O. durch eocäne Sandsteine, im N. durch den neogenen marinen Sandstein bestimmbar sind. Das reinste, das sogen. Szybiker Salz (Schachtsalz), nimmt die relativ tiefste, das Spizasalz die nächst höhere und das sogen. Grünsalz die höchste Lage ein. Die Salzformation besteht von oben hinab aus folgenden Gebirgsgliedern: Dammerde, Thonmergel, sandiger gelber Thon, Triebsand, mariner Tegel, Haselgebirge, Grünsalz (mit 94,9 Proz. Chlornatrium), Spizasalz (mit 95,3 Proz. Chlornatrium), Szybiker Salz (mit 98,7 Proz. Chlornatrium) und Karpathensandstein. Die Mächtigkeit der Szybiker Flöze wechselt von 1-7,5 m, die der Spizaflöze beträgt im Durchschnitt 11,5 m. Die Salzgebilde sind in sechs Haupt- und zwei Mittelhorizonten aufgeschlossen. Die Ausdehnung des Grubenbetriebs beträgt von O. nach Westen über 3000 m, von S. nach N. 1140 m, und der Betrieb erstreckt sich in eine Tiefe von 386 m. Elf Tagschächte führen in die Gruben, davon zwei in der Stadt selbst; doch sind nur drei Förderschächte und ein Fahrschacht in Verwendung; die übrigen Schächte werden nur als Reserve- und Luftschächte erhalten. Die in Stücken vorkommenden Grünsalzkörper werden in Etagen firsten- oder solenmäßig abgebaut; bei dem Abbau der Szybiker und Spizalager ist der schwebende Langpfeilerbau in Anwendung. Das Salz wird mittels Dampfmaschinen zu Tage gefördert. Die Förderung in der Grube geschieht meist auf Pferdebahnen, die eine Gesamtlänge von über 20,000 m haben. Zur Erzeugung von Mahlsalzen besteht eine Dampfmühle. Die Gesamtzahl der Dampfmaschinen beträgt 7 mit 529 Pferdekräften. Die Produktion beläuft sich bei einem Arbeiterstand von ca. 900 Personen jährlich auf 6-700,000 metr. Ztr. Die unterirdischen Räume des Bergwerkes, welche ein wahres Labyrinth von oft durch Brücken verbundenen Gängen bilden, enthalten unter anderm eine ganz aus Salz bestehende Kapelle, welche mit aus Salz gehauenen Statuen und Heiligenbildern ausgestattet ist, die Kaiser Franzens-Brücke, einen Salzsee, einen großartigen, mit Holz gedielten Tanzsaal mit ringsumlaufender Galerie und Kronleuchtern aus Salz und mehrere zum Andenken an den Besuch hoher Personen aus Salz gehauene Monumente. Bei der Überschwemmung des Bergwerkes 1868 wurde auch ein Teil dieser innern Ausschmückung zerstört. Aus dem ganz durchsichtigen und reinen Salz verfertigt man allerhand Waren, Rosenkränze, Kruzifixe u. a. Die Salzwerke von W. gehörten ehemals zu Polen; Kasimir d. Gr. ordnete zuerst den regelmäßigen Betrieb derselben an. Später zog August II. sächsische Bergleute hierher, welche eine bessere Bebauung einführten. Doch brachten die Werke dem polnischen Schatz nur geringen Gewinn. 1772 kamen sie an Österreich. Durch den Wiener Frieden 1809 wurden sie dem Kaisertum Österreich und dem Herzogtum Warschau gemeinschaftlich überlassen. Nach dem Pariser Frieden von 1814 kamen durch den Wiener Kongreß die Salzwerke wieder ganz an Österreich. Vgl. Hrdina, Geschichte der Wieliczkaer Saline (Wien 1842).

Wielki (slaw.), in zusammengesetzten Namen oft vorkommend, bedeutet »groß«.

Wielopolski (spr. wje-), Alexander Ignatius Johann Peter Starikow, Marquis von Mirow Gonzaga Myszkowski, Graf von, poln. Staatsmann, geb. 13. März 1803, Neffe Dembinskis, studierte die Rechte und Philosophie, erlangte in Göttingen die Doktorwürde und widmete sich der Bewirtschaftung seiner Güter. Nach der Revolution von 1830 übernahm er für die provisorische Regierung eine diplomatische Mission nach England, die erfolglos blieb, riet nach seiner Rückkehr in die Heimat vergeblich zur Mäßigung und zur Aussöhnung mit Rußland und zog sich, nach kurzem Aufenthalt in Krakau amnestiert, auf seine Güter zurück, um sich der Hebung derselben und dem Wohl der Bauern zu widmen. Konservativ gesinnt, hoffte er immer noch vom Anschluß an Rußland das Beste für Polen. Gegen Österreich schrieb er 1846: »Lettre d'un gentilhomme polonais sur les massacres de Galicie, adressée au prince de Metternich«. Bei seinen Standesgenossen und beim Volk war er unbeliebt, da man ihn für einen hochmütigen, geizigen Russophilen hielt. Im März 1861 übernahm er den Posten eines Direktors der