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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wien

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Wien (Profanbauten).

baut wurden. Der älteste Teil ist der sogen. Schweizerhof aus dem 13. Jahrh., gegen den Franzensplatz zu, im 16. Jahrh. umgestaltet; die südwestliche Seite dieses Platzes bildet der Leopoldinische Trakt, zu Ende des 17. Jahrh. vom Kaiser Leopold I. neu aufgebaut, 1804 mit einem Anbau, dem Rittersaal, versehen; an diesen Trakt schloß sich weiter unter Kaiser Joseph I. der dem Schweizerhof gegenüberliegende Amalienhof an. Kaiser Karl VI. beauftragte Fischer von Erlach mit dem Entwurf eines Neubaues der östlich gelegenen Teile; jedoch kamen nur einzelne Teile des Entwurfs zur Ausführung, so der gegenwärtig den schönsten Teil der Hofburg bildende Reichskanzleipalast (die nordöstliche Seite des Franzensplatzes, gegenwärtig mit der Wohnung des Kaisers Franz Joseph I.), mit zwei Durchfahrten und Herkulesgruppen aus Sandstein von Mathielly, ferner die unvollendet gebliebene Rotunde gegen den Michaelerplatz mit mächtigem Kuppelbau, die prachtvolle Winterreitschule und die Hofbibliothek am Josephsplatz. An letztere, welche von einer achteckigen Kuppel mit Skulpturengruppe (Minerva, Atlas, Tellus) gekrönt wird und einen glänzend dekorierten, 78 m langen, 17 m breiten Büchersaal mit Marmorstatuen österreichischer Regenten enthält, schließen sich zwei Seitenflügel an, von denen der eine (1767 erbaut) die Redoutensäle enthält. Hinzu kamen in späterer Zeit einige Zubauten, darunter das 1889 demolierte alte Burgtheater. Von der 1449 im gotischen Stil erbauten Burgkapelle hat sich nur der Chorschluß erhalten. In neuester Zeit wird nach den von Semper und Hasenauer entworfenen Plänen ein Neubau der Hofburg und zwar zunächst ein Flügel auf dem äußern Burgplatz vor dem Kaisergarten ausgeführt. Zu den Gebäuden für den kaiserlichen Hof gehören außerdem: die kaiserlichen Stallungen in der Hofstallstraße, der Hofburg gegenüber (1725 teilweise nach dem Entwurf Fischers von Erlach gebaut, mit zwei Seitenflügeln von 1825), mit großer Reitschule, sehenswertem Marstall, Jagd- und Sattelkammer; dann das Lustschloß Belvedere auf der Landstraße, Rennweg (1693-1724 im Auftrag Eugens von Savoyen nach dem Entwurf von Hildebrand im Rokokostil erbaut), jetzt die Gemäldegalerie enthaltend, mit terrassenförmig ansteigendem Garten, an dessen unterm Ende sich ein ähnlich ausgeführtes Gebäude, das untere Belvedere, mit der Ambraser und der Antikensammlung, erhebt. Andre bemerkenswerte Paläste sind in der innern Stadt: die des Erzbischofs am Stephansplatz (1640), des Fürsten Lobkowitz am Lobkowitzplatz (1690 vom Grafen Dietrichstein in reichem Barockstil erbaut, Sitz der französischen Botschaft), des Grafen Harrach auf der Freiung (von 1689, restauriert 1845), des Fürsten Liechtenstein in der Bankgasse (schöner Renaissancebau von Hildebrand 1694), des Fürsten Kinsky auf der Freiung (1710 von Hildebrand erbaut), des Markgrafen Pallavicini am Josephsplatz (1784 von Hohenberg erbaut, mit kolossalen Karyatiden von Zauner), des Erzherzogs Albrecht auf der Augustinerbastei (alter Palast von 1804) und in der Albrechtsgasse (neuer Palast von 1863), beide durch einen bedeckten Gang verbunden, des Herzogs von Koburg auf der Seilerstätte, des Fürsten Montenuovo in der Strauchgasse (von 1852, jetzt der Anglobank gehörig, mit schöner bronzener Reiterstatue des heil. Georg als Brunnengruppe, von Fernkorn, s. Tafel »Bildhauerkunst VIII«, Fig. 6), des Erzherzogs Ludwig Viktor am Schwarzenbergplatz (1865 von Ferstel in italienischer Renaissance erbaut), des Erzherzogs Wilhelm (1867 nach dem in italienische Renaissance gehaltenen Entwurf Hansens erbaut), des Grafen Larisch in der Johannesgasse (1867 von van der Nüll und Siccardsburg erbaut), des Bankiers Todesco in der Kärntner Straße (1861 von Förster im Renaissancestil erbaut, mit Fresken von Rahl), der ehemals freiherrlich Sinasche Palast am Hohen Markt (restauriert von Hansen, mit Fresken von Rahl) u. a. In den Vorstädten befinden sich: der Gartenpalast des Fürsten Liechtenstein im Alsergrund (1712 nach dem Entwurf von Martinelli erbaut, einen gewölbten Saal mit 18 Marmorsäulen und Fresken einschließend, jetzt mit der fürstlichen Gemäldegalerie), der stattliche neue Palast desselben Fürsten an der Nordseite des Parks (von Ferstel erbaut), der Sommerpalast des Fürsten Schwarzenberg am Rennweg (1706 von Fischer von Erlach im Auftrag des Fürsten Mansfeld erbaut, im Innern reich ausgestattet), der Palast der ungarischen Leibgarde in der Hofstallstraße (1730 von Fischer von Erlach im Auftrag des Fürsten Trautson erbaut, mit reichem Figurenschmuck), der Palast des Fürsten Auersperg im 8. Bezirk (1724 von Fischer von Erlach erbaut), die Villa Metternich, das Gebäude der deutschen und der englischen Botschaft, das Palais Nassau, sämtlich am Rennweg und in der Reisnerstraße, die beiden Rothschildschen Palais auf der Wieden u. a. Hervorragende Bauwerke sind ferner mehrere Gebäude für höhere Behörden und zwar: das Ministerium des kaiserlichen Hauses und des Äußern am Ballhausplatz (von 1767), mit reich und geschmackvoll dekorierten Empfangsälen; das Ministerium des Innern in der Wipplinger Straße (1716 von Fischer von Erlach als Gebäude der böhmisch-österreichischen Hofkanzlei erbaut), mit bedeutender Fassade; das Finanzministerium in der Himmelpfortgasse (1703 von Fischer von Erlach als Palast des Prinzen Eugen von Savoyen im Barockstil erbaut), mit reicher Fassade, drei Portalen, schönem Vestibül und Treppenhäusern; das Gebäude der niederösterreichischen Statthalterei in der Herrengasse (1845-47 erbaut), im Innern einen mit Fresken von Kupelwieser ausgestatteten Festsaal enthaltend; das niederösterreichische Landhaus in der Herrengasse (von 1838, mit älterm rückwärtigen Trakt von 1513, den großen, mit Fresken geschmückten Saal umfassend); das Gebäude der Finanzlandesdirektion und des Hauptzollamtes auf der Landstraße (1841-47 erbaut); das Gebäude des technisch-administrativen Militärkomitees am Getreidemarkt (1863 erbaut); das neue große Generalkommandogebäude in der Alserstraße, gegenüber der Votivkirche (1875 vollendet), mit großem Hof, am Portal mit Atlanten von Pilz; das neue Telegraphengebäude in der Wipplinger Straße (1873 vollendet); das alte Rathaus in der Wipplinger Straße (1455 umgebaut, wiederholt restauriert), im Innern mit vorzüglichen Stuckarbeiten, im Hof mit schönem Reliefbrunnen von Donner, dann der Salvatorkapelle mit schönem Renaissanceportal und seit 1867 mit neuem Turm; das bürgerliche Zeughaus am Hof (von 1732), mit Figurengruppe der Fassade von Mathielly.

Das hervorragendste öffentliche Gebäude ist gegenwärtig das neue Rathaus (s. Tafel), von Fr. Schmidt auf dem Rathausplatz auf einer Fläche von 19,592 qm 1872-83 ausgeführt. Das fünfgeschossige Gebäude enthält im Innern einen großen Haupthof und sechs Nebenhöfe. Die gegen die Ringstraße gewendete Vorderseite enthält im Hauptgeschoß den großen Festsaal, welchem eine doppelte offene Loggia vorgelegt ist, im Erdgeschoß die sogen. Volkshalle. Der 98 m hohe Turm tritt frei heraus und