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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wilhelm

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Wilhelm (Hessen, Lippe, Mecklenburg, Meißen).

seinem anhänglichen Volk begeistert empfangen, wieder in seine Hauptstadt ein. Mit seinem Wunsch, als König der Katten anerkannt zu werden, drang er auf dem Wiener Kongreß nicht durch, daher er den großherzoglichen Titel verschmähte, den kurfürstlichen beibehielt und mit ihm das Prädikat »Königliche Hoheit« verband. Im Innern betrachtete er die Zeit seiner Verbannung als nicht vorhanden, stellte alles, auch ganz veraltete Einrichtungen und Mißbräuche, so den Zopf beim Militär, rücksichtslos wieder her, vertrieb alle Ausländer aus dem Land, reduzierte die Staatsobligationen auf ein Drittel Wert und nahm denen, welche während der westfälischen Zeit Staatsdomänen gekauft hatten, dieselben ohne Entschädigung weg. Zwar rief er die althessischen Stände mehrmals zusammen, um mit ihnen, der eingegangenen Verpflichtung gemäß, eine ständische Verfassung zu vereinbaren; aber da dieselben seiner Willkür gegenüber stets eine ruhige, feste Haltung zeigten und namentlich nicht von der Forderung einer Sonderung des Staatsvermögens von dem überreichen Privatschatz des Kurfürsten abgingen, unterblieb die Herstellung der Verfassung, worauf W. 4. März 1817 statt einer Verfassung ein Haus- und Staatsgesetz oktroyierte. W. starb 27. Febr. 1821.

15) W. II., Kurfürst von Hessen, Sohn des vorigen, geb. 28. Juli 1777, studierte in Marburg und Leipzig und vermählte sich 13. Febr. 1797 mit der Prinzessin Auguste, der Tochter des Königs Friedrich Wilhelm II. von Preußen. Als die Franzosen 1806 das Land besetzten, folgte er seinem Vater nach Holstein und Prag und ging dann 1809 nach Berlin. 1813 focht er im preußischen Heer bei Leipzig mit. Er erließ in Kassel 30. Okt. den Aufruf an die Hessen zum Kampf gegen Frankreich, bewies sich nach der Rückkehr seines Vaters bei Ausrüstung des Heers sehr thätig und übernahm im März 1814 den Oberbefehl über die Truppen, welche die Festungen Metz, Diedenhofen, Luxemburg u. Saarlouis einzuschließen bestimmt waren. Nach dem Pariser Frieden lebte er in Hanau. Als er nach dem Tod seines Vaters 27. Febr. 1821 den Thron bestieg, erregte er durch mehrere zeitgemäße Reformen in der Verwaltung die schönsten Hoffnungen. Die Erwartung jedoch, daß er die verfassungsmäßige Wirksamkeit der Landstände herstellen werde, blieb unerfüllt, und noch weniger wollte er eine neue, zeitgemäße Verfassung gewähren. Zu der dadurch hervorgebrachten Mißstimmung kamen noch Spaltungen in der Familie selbst. Als er seine Geliebte, Emilie Ortlöpp aus Berlin, 1821 zur Gräfin von Reichenbach (später zur Gräfin von Lessonitz) erhob, zog sich die Kurfürstin, welche die Liebe des Volkes in hohem Grad genoß, vom Hof zurück, und viele vom Adel folgten ihrem Beispiel; der Kurprinz ging nach Berlin und söhnte sich erst 1830 mit seinem Vater wieder aus. Infolge eines Aufstandes 6. Sept. 1830 bewilligte W. 15. d. M. das Gesuch der Bürger um Versammlung der Landstände, und schon 5. Jan. 1831 kam die neue Konstitution zu stande. Infolge der Unruhen über die Rückkehr der Gräfin Lessonitz (11. Jan.), welche zur Abreise genötigt wurde, verlegte der Kurfürst seine Residenz nach Hanau und übertrug auf die Zeit seiner Abwesenheit vom Sitz der Regierung 30. Sept. 1831 die Regentschaft dem Kurprinzen Friedrich Wilhelm. Seitdem lebte der Kurfürst abwechselnd in und bei Hanau (in Philippsruhe), in Baden und besonders in Frankfurt a. M., getrennt von seiner Gemahlin, nach deren Tod, 19. Febr. 1841, er sich 8. Juli mit der Gräfin Lessonitz und, als diese 12. Febr. 1843 starb, 28. Aug. mit Karoline, Baronin von Bergen, geborner v. Berlepsch, morganatisch vermählte. Er starb 20. Nov. 1847 in Frankfurt.

[Lippe.] 16) Friedrich W. Ernst, Graf zu Lippe-Schaumburg-Bückeburg, Sohn des Grafen Albert Wolfgang und von Margarete Gertrud, Gräfin von Oeynhausen, geb. 9. Jan. 1724 zu London, erhielt seine Erziehung in Genf, studierte dann zu Leiden und Montpellier und trat hierauf in England als Fähnrich in die königliche Leibgarde. Nach dem Tod seines ältern Bruders kehrte er als nunmehriger Erbe nach Bückeburg zurück, begleitete seinen Vater, der damals General in holländischen Diensten war, bei dem Feldzug gegen die Franzosen, in dem er der Schlacht bei Dettingen 27. Juni 1743 mit Auszeichnung beiwohnte, und machte dann als Freiwilliger im kaiserlichen Heer den Feldzug von 1745 in Italien mit. Durch den Tod seines Vaters (1748) wurde er an die Spitze der Regierung seines kleinen Landes gerufen. Um über das Kriegswesen Erfahrungen zu sammeln, begab er sich zuerst nach Berlin zu Friedrich d. Gr., reiste dann wieder nach Italien und besuchte später auch Ungarn. Beim Ausbruch des Siebenjährigen Kriegs stellte er ein vorzüglich diszipliniertes Kontingent zur alliierten Armee, ward Generalfeldzeugmeister derselben und focht mehrfach mit Auszeichnung. 1759 erhielt er den Oberbefehl über die sämtliche Artillerie bei dem verbündeten Heer. Nach dem Angriff Frankreichs und Spaniens auf Portugal (1761) trug ihm dessen Minister Pombal den Oberbefehl der verbündeten englischen und portugiesischen Truppen an. W. folgte dem Ruf 1762, doch beendete noch in demselben Jahr der Friede von Fontainebleau den Krieg, worauf W. 1764 in sein Vaterland zurückkehrte. Er hatte in Portugal auch eine Kriegs- und Artillerieschule gegründet und die Festung bei Elvas angelegt, welche der König ihm zu Ehren Fort Lippe nannte. Um seine Grafschaft erwarb er sich große Verdienste durch Förderung der Gewerbe und des Ackerbaues und Aufhebung vieler Frondienste. Auch gründete er hier eine Kriegsschule, namentlich für die Artillerie und das Geniewesen, die großen Ruf erlangte, und legte für dieselbe die kleine Festung Wilhelmsstein im Steinhuder Meer an. Er starb 10. Sept. 1777 kinderlos, daher ihm sein Neffe Philipp II. in der Regierung folgte. Vgl. Varnhagen v. Ense, Biographische Denkmale, Bd. 1 (3. Aufl., Leipz. 1872).

[Mecklenburg.] 17) Friedrich W. Nikolaus, Herzog von Mecklenburg, zweiter Sohn des Großherzogs Paul Friedrich und der Prinzessin Alexandrine von Preußen, Schwester Kaiser Wilhelms I., geb. 5. März 1827, trat in die preußische Armee, ward Kommandeur des 6. Kürassierregiments, vermählte sich 9. Dez. 1865 mit der Prinzessin Alexandrine von Preußen, welche ihm 1868 eine Tochter (Charlotte) gebar, befehligte 1866 als Generalmajor eine leichte Brigade im Kavalleriekorps der ersten Armee, 1870-1871 als Generalleutnant die 6. Kavalleriedivision, war aber, 9. Sept. bei der Explosion in Laon leichtverwundet, bis Ende d. J. von dem Truppenteil abwesend und zeigte in den Kämpfen bei Le Mans Januar 1871 großen Mangel an Energie. Er ward 1873 Kommandeur der 22. Division in Kassel, aber schon 1874 à la suite gestellt und starb 28. Juli 1879.

[Meißen.] 18) W. I., Markgraf von Meißen, geb. 1343, Sohn Friedrichs des Ernsthaften, besaß die väterlichen Länder gemeinschaftlich mit seinen ältern Brüdern, Friedrich (dem Strengen) und Balthasar, und unter Vormundschaft derselben, erhielt bei der Teilung von 1382 Meißen, verwaltete bis 1398 als Pfandinhaber auch die Mark Brandenburg. In