Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Witenagemote; Witham; Witherit; Withington; Witim; Witkowitz; Witkowo; Witney; Witold; Witt

700

Witenagemote - Witt.

in bedeutenden Quantitäten Getreide aus Smolensk, Tuchen aus Grodno, Kolonial- und Galanteriewaren aus Riga und Moskau. Der bedeutendste Handelsplatz ist Witebsk. An Unterrichtsanstalten hat W. 330 Elementarschulen mit 12,433 Schülern, 9 Mittelschulen mit 1983 Schülern und 2 Fachschulen mit 282 Schülern, nämlich ein geistliches und ein Lehrerseminar. Das Gouvernement zerfällt in zwölf Kreise: W., Gorodok, Level, Newel, Polozk, Sebesh, Surash, Welish, Drissa, Liuzin, Reshiza und Dünaburg, von welchen die vier letztgenannten in der Ordenszeit zu Livland gehörten und heute »Polnisch-Livland«, von den Landleuten aber Niflant und Iflant genannt werden. W. bildete früher einen Teil des polozkischen Fürstentums, kam im 14. Jahrh. an Litauen, wurde eine Woiwodschaft, fiel 1772 bei der ersten Teilung Polens an Rußland, wurde 1796 mit Mohilew zur Statthalterschaft Weißrußland vereinigt, 1802 aber wieder davon getrennt und als eignes Gouvernement organisiert. Die gleichnamige Hauptstadt, zu beiden Seiten der Düna, an den Eisenbahnen Dünaburg-W. und Orel-W., hat über 30 Kirchen (darunter 3 römisch-katholische und eine protestantische), 2 Synagogen, mehrere Klöster (schönes Basilianerkloster), ein kaiserliches Palais, ein Gymnasium, ein Theater, große Kaufhallen, ein Hospital, Gerbereien, berühmte Metfabrikation, lebhaften Handel und (1885) 54,676 Einw. Im Nordischen Krieg hielt die Stadt zu den Schweden und wurde dafür auf Peters d. Gr. Befehl niedergebrannt.

Witenagemote (Wittenagemote, »Rat der Wissenden«), die alte Ständeversammlung der Angelsachsen (s. d., S. 570).

Witham (spr. ütthäm), Flecken in der engl. Grafschaft Essex, nordöstlich von Chelmsford, mit (1884) 2966 Einw. Dabei Tiptree Hall, mit Musterwirtschaft des Herrn Mechi.

Witherit, Mineral aus der Ordnung der Carbonate, findet sich selten in rhombischen Kristallen, meist in radialstängeligen Aggregaten von kugeliger und traubiger Form, ist farblos, meist gräulich oder gelblich durchscheinend, besitzt Glasglanz, Härte 3-3,5, spez. Gew. 4,2-4,3, besteht aus kohlensaurem Baryt BaCO3 ^[BaCO_{3}], tritt meist auf Bleierzgängen zu Tarnowitz in Schlesien, Leogang in Salzburg, Peggau in Steiermark, in Northumberland, Cumberland und Lancashire in England auf und dient zur Darstellung von Baryumpräparaten und als Rattengift.

Withington, Fabrikstadt in Lancashire (England), 4 km südlich von Manchester, mit (1881) 17,609 Einw.

Witim, rechter Nebenfluß der Lena in Ostsibirien, entspringt am Westabhang des Jablonoigebirges, durchfließt zuerst in nordöstlicher Richtung das Witimplateau, wendet sich dann nach NW. und erreicht, in mächtigen Krümmungen das sehr gebirgige Land durchschneidend, nach 2000 km langem Lauf bei Witimsk die Lena. Das Flußgebiet ist reich an Pelztieren, besonders Zobeln.

Witkowitz, Eisenwerk, s. Ostrau 1).

Witkowo (Witkowen), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Bromberg, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge und (1885) 1583 Einw.

Witney (spr. uittni), Stadt in Oxfordshire (England), 16 km westlich von Oxford, am Windrush, mit Pflugscharfabrikation und (1881) 3017 Einw.

Witold (Witowt), ein litauischer Kriegsheld, der Sohn des litauischen Großfürsten Keistut, aus Gedimins Geschlecht. Lange Zeit stritt er um die Herrschaft in Litauen mit Jagello, seines Vaters Bruderssohn, bis dieser ihm im J. 1392 die Herrschaft über Litauen überließ, das unter W. seine höchste Macht erlangte und von der Ostsee bis zum Schwarzen Meere reichte. W. eroberte ganz Podolien und machte in vielen Kämpfen mit den Russen, den Tataren und den Ordensrittern seinen Namen hochberühmt. Er nahm Anteil an der Schlacht bei Tannenberg im Kampf gegen die Deutschritter (1410). Doch gelang es ihm nicht, Litauen zu einem eignen Königreich zu erheben. Noch ehe er sich die von Kaiser Siegmund auf der Fürstenversammlung zu Luzk (1429) versprochene Königskrone aufsetzen konnte, starb er, 80jährig, 27. Okt. 1430.

Witt, 1) Johan de, Ratspensionär von Holland, geb. 1625 zu Dordrecht aus einem patrizischen Geschlecht, erhielt eine vortreffliche Erziehung und erbte von seinem Vater, dem Bürgermeister Jakob de W., welcher als einer der Führer der Loevesteinschen Partei 1650 auf Befehl Wilhelms II. von Oranien verhaftet worden war, den Haß gegen das Haus Oranien und die Grundsätze der republikanisch gesinnten städtischen Aristokratie in Holland. Er wurde erst zum Pensionär (Stadtschreiber) seiner Vaterstadt, im Juli 1653 zum Ratspensionär von Holland erwählt, welches Amt ihm nach dem Sieg der holländischen Aristokratie über die statthalterliche Partei die Leitung der Staatsangelegenheiten der niederländischen Republik in die Hand gab. W. besaß eine außergewöhnliche Arbeitskraft, vielseitiges, gründliches Wissen, einen klaren, tief eindringenden Verstand und große Energie und Zähigkeit in der Verfolgung seiner Pläne. Im Innern suchte er die Herrschaft der städtischen Aristokratie dauernd zu begründen, die oranische Partei durch Abschaffung der Statthalterwürde und Beschränkung des Landheers niederzuhalten, die Finanzen durch Reduktion des Zinsfußes der Anleihen und weise Sparsamkeit zu bessern, Industrie und Handel zu befördern; nach außen war er vor allem bemüht, die Seemacht der Niederlande zu behaupten, namentlich gegen das rivalisierende England, sonst aber Kriege möglichst zu vermeiden. Nachdem der unglückliche erste Seekrieg gegen England (1654) beendet war, wobei der Haß gegen das Haus Oranien W. die demütigende Bedingung der Ausschließungsakte eingehen ließ, wahrte er durch seine Einmischung in den dänisch-schwedischen Krieg (1658-60) die Freiheit der Ostsee und begann 1665 einen neuen Krieg gegen das seit der Restauration der Stuarts nicht bloß der Seemacht, sondern auch der Verfassung der Republik gefährliche England. Er beendete denselben glücklich durch den Frieden von Breda (1667) und wandte sich dann gegen Frankreich, das durch die Eroberung der spanischen Niederlande die Unabhängigkeit der Republik ernstlich bedrohte. Er schloß im Januar 1668 mit England und Schweden die Tripelallianz, welche Ludwig XIV. zum Frieden von Aachen zwang. Seine und seiner Partei Machtstellung schien so befestigt, daß er 1668 durch das Ewige Edikt den heranwachsenden Prinzen Wilhelm von Oranien für immer von der Statthalterschaft auszuschließen wagte. Aber er hatte der Republik den unversöhnlichen Zorn Ludwigs XIV. zugezogen, und da er die Generalstaaten nicht zu energischen Rüstungen bewegen konnte, auch selbst die Größe der Gefahr nicht erkannte, so fielen bei dem plötzlichen Überfall Frankreichs und Englands im April 1672 fast die ganzen Niederlande in die Gewalt der Feinde. Nachdem der Prinz von Oranien zum Generalkapitän und Statthalter erwählt worden, legte W., den das erbitterte Volk des Verrats beschuldigte, im Juli 1672 sein Amt nieder. Als er 20. Aug. im Haag seinen Bruder Cornelis de W., Ruwaard