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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wladislaw

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Wladislaw (Polen, Ungarn).

seines Vaters in Ungarn 1386 diesem in Neapel unter Vormundschaft seiner Mutter Margarete, hatte mit den Anhängern Ludwigs II. von Anjou, welcher ihm die Krone streitig machte, zu kämpfen, erlangte jedoch mit Hilfe des Papstes Bonifacius IX. allmählich die Oberhand. Er machte 1403 einen erfolglosen Versuch, die ungarische Krone zu gewinnen, bemächtigte sich während der aus Anlaß der Papstwahlen in Rom entstandenen Wirren der Herrschaft im Kirchenstaat, verlor diese aber wieder durch seine Niederlage bei Rocca Secca (19. Mai 1412), eroberte Rom 1413 von neuem, starb aber 6. Aug. 1414. Ihm folgte seine Schwester Johanna II.

[Polen.] 3) W. I. Hermann, Herzog von Polen, zweiter Sohn Herzog Kasimirs von Polen, geb. 1043, folgte seinem ältesten Bruder, Boleslaw II., 1081 in der Regierung, stillte mehrere Unruhen im Land, namentlich den Aufstand seines unehelichen Sohns Zbygniew, demütigte die Pommern, Preußen und Böhmen, erbaute viele Kirchen und Klöster und starb 1102 in Plozk.

4) W. II., Herzog von Polen, Enkel des vorigen, Sohn Boleslaws III., geb. 1104, erhielt bei der Teilung 1139 Krakau und Schlesien und die Oberhoheit über seine drei Brüder, wurde aber, als er diese ihrer Länder berauben wollte, von ihnen bei Posen überwunden und mußte 1146 nach Deutschland fliehen. Kaiser Konrad III., dessen Halbschwester Agnes seine Gemahlin war, sowie Kaiser Friedrich I. versuchten umsonst, die streitenden Parteien zu versöhnen. W. starb 1158 in Deutschland.

5) W. III., Laskonogi (»Dünnbein«), Herzog von Großpolen, Sohn Mieczyslaws III., war durch eine Fehde mit der Kirche genötigt, die eine Zeitlang behauptete Oberhoheit über ganz Polen 1206 wieder aufzugeben, und starb, von seinem Neffen Wladislaw Odonicz auch aus Großpolen vertrieben, 1231 in Schlesien.

6) W. IV., als König von Polen W. I., mit dem Beinamen Lokietek (»Ellenlang«), Sohn des Herzogs Kasimir von Kujavien, geb. 1260, wurde 1288 von einem Teil des Adels als König anerkannt, mußte aber dem Herzog Heinrich von Breslau, dann dem Böhmenkönig Wenzel weichen und erkämpfte sich erst nach dessen Tod (1305), nachdem er mehrere Jahre in der Verbannung gelebt und sich als Pilger in Rom den Segen des Papstes geholt hatte, die Herrschaft in Krakau. Großpolen erkannte ihn jedoch nicht an, und Pomerellen verlor er an den Deutschen Orden. Erst 1312 gelang es ihm, seiner Feinde Herr zu werden, welche sich besonders auf die Deutschen und die schlesischen Piasten stützten, und er ließ sich, nachdem er die päpstliche Erlaubnis in Avignon hatte einholen lassen, 20. Jan. 1320 nebst seiner Gemahlin Hedwig in Krakau als König von Polen krönen. Pomerellen konnte er dem Orden nicht wieder entreißen, und der Krieg zerrüttete das Reich. W. starb 1333 und hatte seinen Sohn Kasimir d. Gr. zum Nachfolger. Durch dessen Verheiratung mit Anna, Tochter des litauischen Fürsten Gedimin, bereitete er die Vereinigung Polens mit Litauen vor.

7) W. II., Jagello, König von Polen, Sohn des Großfürsten Olgierd von Litauen, geb. 1348, hieß ursprünglich Jagello (Jagal), folgte 1377 seinem Vater in dessen Herrschaft, beraubte 1382 seinen Oheim Kieystut seines Fürstentums und machte sich zum Alleinherrscher in Litauen. Nachdem er 13. Febr. 1386 in Krakau die Taufe und den Namen W. empfangen, wurde er mit Ludwigs d. Gr. Tochter und Erbin Hedwig vermählt und 4. März zum König von Polen gekrönt. In Litauen setzte er zuerst seinen Bruder Skirgiello, dann seinen Vetter Witold als Großfürsten unter seiner Hoheit ein. Polen nahm unter W. einen großen Aufschwung und besiegte nach längern Streitigkeiten den Deutschen Orden in der Schlacht bei Tannenberg (1410), wenn auch der Friede von Thorn außer Samogitien dem Orden seine Lande beließ. Doch mußte der schwache König dem Adel große Rechte und Freiheiten zugestehen. Er starb 31. Mai 1434 in Grodek. 1400 gründete er die Universität Krakau.

8) W. III., König von Polen, Sohn und Nachfolger des vorigen, ward, zehn Jahre alt, 1434 gekrönt, übernahm 1439 die Regierung und wurde 1440 auch von den Ungarn zum König erwählt. Nachdem er daselbst das Heer der Witwe Albrechts II., Elisabeth, die dessen nachgebornen Sohn zum König hatte krönen lassen, besiegt und Ofen erobert hatte, erfolgte seine Krönung in Stuhlweißenburg. Den Erfolgen seines Feldherrn Johannes Hunyades und der Vermittelung des päpstlichen Legaten Cesarini gelang es endlich 1442, Elisabeth zu bewegen, W. ihre Hand zu reichen; sie starb aber drei Tage nach der ersten Zusammenkunft mit ihm und überließ ihm so den Thron ungeteilt. Im Krieg mit den Türken rückte er mit 20,000 Ungarn und Walachen in die Bulgarei ein, fiel aber 10. Nov. 1414 in der Schlacht bei Warna.

9) W. IV., König von Polen, Sohn Siegmunds III. aus dem Haus Wasa, geb. 1595 zu Krakau, ward noch als Kronprinz von den Russen zum Zaren erwählt; weil aber Siegmund nicht zugeben wollte, daß W. in Moskau residiere, erregten die Russen 1612 einen Aufstand und wählten einen andern Zaren. 1632 nach Siegmunds Tod auf den Thron berufen, kämpfte W. gegen die Russen, welche in Litauen eingefallen waren u. Smolensk belagerten. Er zwang im März 1634 die russische Armee bei Smolensk, die Waffen zu strecken, nachdem der Reichsfeldherr im Oktober 1633 die Türken bei Kamenez geschlagen, worauf beide Völker mit Polen Frieden schlossen, in welchem der Zar nicht nur Smolensk, sondern auch Severien abtrat und allen Ansprüchen auf Kurland, Livland und Esthland entsagte. 1635 wurde der Waffenstillstand mit Schweden, das Westpreußen zurückgab, auf 26 Jahre verlängert. Im Innern erregte das von W. begünstigte jesuitische System unter den nicht römisch-katholischen Einwohnern, namentlich den Kosaken, Gärungen, während der Adel die Macht des Königtums immer mehr beschränkte und ihm statt eines Heers nur eine Ehrenwache von 1200 Mann zugestand. W. starb 20. März 1648 in Merecz, und sein Bruder Johann II. Kasimir bestieg den Thron.

[Ungarn.] 10) W. der Heilige, König von Ungarn, Sohn Belas, erhielt nebst seinen Brüdern Geisa und Lambert von König Salomon einen Teil Ungarns als Herzogtum, kämpfte glücklich gegen die Kumanen, schlug und stürzte 1074 mit Geisa Salomon und wurde nach Geisas Tod (1077) von den Edlen als König von Ungarn anerkannt. Er schlug einen Versuch Salomons, die Krone wiederzugewinnen, zurück (1087), unterwarf die Kroaten und setzte seinen Neffen Almus als König über sie ein, gründete in Agram ein Bistum und ordnete in Ungarn die kirchlichen Verhältnisse; die Überreste des Heidentums rottete er sorgsam aus. Wegen seiner Verdienste um das Christentum erhielt er den Beinamen des Heiligen und ward in Piacenza zum Führer eines Kreuzheers ausersehen, starb aber 29. Aug. 1095, Ungarn in glänzender Blüte zurücklassend.