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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Württemberg

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Württemberg (Geschichte bis 1520).

und Staatshandbuch«, neuestes 1889); die »Jahresberichte der Handels- und Gewerbekammern in W.« (hrsg. von der königlichen Zentralstelle für Gewerbe und Handel); Pleibel, Handbuch der Vaterlandskunde (2. Aufl., das. 1877); Vischer, Die industrielle Entwickelung im Königreich W. (das. 1875); »Die forstlichen Verhältnisse Württembergs« (das. 1880); Fraas, Württembergs Eisenbahnen mit Land und Leuten an der Bahn (das. 1880); Engel, Geognostischer Wegweiser durch W. (das. 1883); Golther, Der Staat und die katholische Kirche in W. (das. 1874); Palmer, Die Gemeinschaften und Sekten Württembergs (Tübing. 1877); über das Staatsrecht des Königreichs W. die Darstellungen von Riecke (Stuttg. 1882), Sarwey (Tübing. 1883, 2 Bde.), Gaupp (Freiburg 1884); Keppler, Württembergs kirchliche Kunstaltertümer (Rottenburg 1889); Paulus, Die Kunst- und Altertums-Denkmale im Königreich W. (Stuttg. 1889); Hirschfeld, Württembergs Großindustrie und Großhandel (Berl. 1889). Karten: »Topographischer Atlas des Königreichs W.« (1:50,000, 55 Bl.; neue Aufl. 1879 ff.); derselbe auch geognostisch (1865 ff.); v. Morlok, Topographische Karte (1: 25,000), seit 1878).

Geschichte.

Die älteste germanische Bevölkerung des jetzigen Königreichs W. bildeten die Sueven. Im 1. Jahrh. n. Chr. eroberten die Römer das Land und schützten es durch Anlegung eines Grenzwalles (Pfahlgraben) an der Ostgrenze gegen feindliche Angriffe; das römische Gebiet, Zehntland (Agri decumates, s. d.) genannt, wurde zwar mit germanischen Ansiedlern besetzt, aber der römischen Kultur eröffnet. Im 3. Jahrh. wurde es von den Alemannen erobert, kam nach deren Unterwerfung durch die Franken (496) zum fränkischen Reich und gehörte dann zu dem im 9. Jahrh. sich bildenden deutschen Herzogtum Schwaben. Der erste Herr von W. (Wirtineberg, einem Schloß bei Stuttgart) wird 1092 genannt. Das Geschlecht erlangte von den Staufern reiche Besitzungen und die Grafenwürde. Graf Ulrich (1241-65), mit dem die historisch sichere Reihe der Grafen von W. beginnt, erwarb von Konradin das Marschallamt in Schwaben und die Vogtei über die Stadt Ulm und hatte als guter Wirtschafter immer Geld bereit, um in der Zeit des Interregnums neue Güter, so die Grafschaft Urach, zu erwerben. Ihm folgten seine Söhne Ulrich II. und Eberhard I., der Erlauchte, von denen ersterer schon 1279 starb, letzterer seinen Besitz gegen die Könige Rudolf von Habsburg und Albrecht I. zu verteidigen hatte, welche die Reichsgüter zurückforderten. Von Heinrich VII. ward Eberhard sogar aus seinem Land vertrieben und kehrte erst nach des Kaisers Tod (1313) in dasselbe zurück. Dennoch vergrößerte er die Grafschaft durch Neuerwerbungen fast um die Hälfte und erlangte auch die Landvogtei in Schwaben, welche ihm reichliche Einkünfte gewährte; 1321 machte er nach Zerstörung des Schlosses W. durch die Eßlinger Stuttgart, wohin er das Erbbegräbnis seines Hauses verlegte, zur Residenz. Auf seinen Sohn Ulrich III. (1325-44) folgten dessen Söhne Eberhard II., der Greiner, und Ulrich IV. erst gemeinsam, nach des letztern Tod (1366) Eberhard allein (bis 1392). Da dieser die Rechte der schwäbischen Landvogtei energisch geltend machte, geriet er mit den schwäbischen Reichsstädten und der Ritterschaft in langdauernden Streit. Er siegte 1372 über die Städte bei Altheim und brach, nachdem sein Sohn Ulrich 1377 bei Reutlingen geschlagen worden war, die Macht des Schwäbischen Städtebundes durch seinen Sieg bei Döffingen (1388). Sein Enkel Eberhard III. (1392-1417) und dessen Sohn Eberhard IV. (1417-19) vermehrten den Besitz des Geschlechts besonders durch die Erwerbung von Mömpelgard. Nach dem frühen Tod Eberhards IV. regierte dessen Witwe, Gräfin Henriette, für die minderjährigen Söhne Ludwig I. und Ulrich V., welche nach erlangter Volljährigkeit erst gemeinschaftlich herrschten, 25. Jan. 1442 aber das Land teilten; Ludwig erhielt den Uracher, Ulrich den Stuttgarter oder Neuffener Teil. Als Ludwig 23. Sept. 1450 starb, übernahm Ulrich die Vormundschaft über seine Unmündigen Söhne Ludwig II. und Eberhard V. (im Bart), von denen der erstere schon 1457 starb. Ulrich V. schloß sich 1462 dem Krieg mehrerer Reichsfürsten gegen den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz an, wurde aber bei Seckenheim geschlagen und gefangen genommen und erst 1463 freigelassen. Bei seinem Tod (1. Sept. 1480) hinterließ er den Stuttgarter Anteil seinem ausschweifenden Sohn Eberhard VI., der aber 14. Dez. 1482 durch den Münsinger Vertrag die Regierung seinem Vetter Eberhard V. überließ; zugleich wurden durch diesen Vertrag unter Mitwirkung der Landstände die Unteilbarkeit des württembergischen Landes und die Erbfolge nach dem Rechte der Erstgeburt festgesetzt. Diese Bestimmungen wurden auf dem Wormser Reichstag 1495 vom Kaiser Maximilian I. bestätigt und nur die linksrheinischen Gebiete zur Versorgung nachgeborner Prinzen offen gelassen; Eberhard ward zum Herzog erhoben und W. für ein Reichsherzogtum erklärt.

Württemberg als Herzogtum.

Als Herzog Eberhard I. 24. Febr. 1496 kinderlos starb, folgte ihm sein Vetter Eberhard VI. als Herzog Eberhard II. Da derselbe sich dem von Eberhard I. ihm bestellten Regiment der Landstände nicht fügen wollte und eine empörende Willkürherrschaft führte, wurde er unter Zustimmung des Kaisers vom Landtag für abgesetzt erklärt und unterschrieb 10. Juni 1498 im Horber Vertrag seine Verzichtleistung. Sein minderjähriger Neffe Ulrich, der Sohn des geisteskranken Grafen Heinrich, folgte ihm unter vormundschaftlicher Regierung, wurde aber schon 1503, erst 16jährig, vom Kaiser für volljährig erklärt. Als des jungen Herzogs Prachtliebe und Verschwendung eine Erhöhung der Steuern notwendig machten, brach 1514 im Remsthal der Aufruhr des »armen Konrad« aus. Zur Herstellung der Ordnung schritt der Landtag ein: durch den Tübinger Vertrag vom 8. Juli 1514 übernahm die Landschaft die Schulden des Herzogs (950,000 Gulden), wogegen sich dieser verpflichtete, ohne Zustimmung des Landtags keinen Krieg anzufangen, kein Stück vom Land zu verpfänden, keine Schatzung auszuschreiben und niemand ohne Urteil und Recht zu bestrafen; diese Rechte bildeten die Grundlage der württembergischen Verfassung. Sehr bald beschwor jedoch Ulrich einen neuen Konflikt herauf: er ermordete 1515 den Ritter Hans von Hutten, mit dessen Gattin er ein Liebesverhältnis hatte, und zog sich dadurch den Zorn der deutschen Ritterschaft zu; ferner floh seine Gemahlin Sabine, die er des Ehebruchs mit Hutten beschuldigte, zu ihren Brüdern, den Herzögen von Bayern, und diese bewogen den Kaiser Maximilian, den Herzog wegen Mordes in die Acht zu erklären. Als Ulrich endlich 28. Jan. 1519 die Reichsstadt Reutlingen überfiel und besetzte, erklärte ihm der Schwäbische Bund, dessen Mitglied Reutlingen war, den Krieg und eroberte W., welches er 1520 für 220,000 Gulden an