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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zschopau; Zsedényi

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Zschopau - Zsedenyi.

Leitung des gesamten Forst- und Bergwesens anvertraut wurde. In dieser Stellung schrieb er: »Der Gebirgsförster« (Aarau 1804, 2 Bde.) und »Der Alpenwäldler« (Stuttg. 1804). Durch den 1804 wieder aufgenommenen und mit allgemeinem Beifall begrüßten »Aufrichtigen und wohlerfahrenen Schweizerboten« und nachher durch »Des Schweizerlandes Geschichte für das Schweizervolk« (Zür. 1822; 8. Aufl., Aarau 1849) wirkte er gesund, kräftig und nachhaltig auf die politische und sittliche Neugestaltung seiner zweiten Heimat. Die von ihm 1807-1813 ununterbrochen herausgegebenen »Miszellen für die neueste Weltkunde« zeichneten sich durch Reichtum des Inhalts und treffendes Urteil aus. Ihnen ging seit 1811 die Monatsschrift »Erheiterungen«, in der er den größern Teil seiner Erzählungen publizierte, zur Seite. Zschokkes Übersiedelung von Biberstein nach Aarau 1808 führte zu der Errichtung einer Freimaurerloge und (1810) einer Gesellschaft für vaterländische Kultur im Kanton Aargau. In den Jahren 1813 und 1814 beschwor er das Feuer der Zwietracht mit Worten der Mäßigung und Vernunft, während er zugleich die Rechte und Freiheiten seines Kantons glänzend verteidigte. 1814 ward er im Aargau in den Großen Rat der Gesetzgeber gewählt. Von Schlichtegroll aufgefordert, für die »Denkschriften der Münchener Akademie« einen Abschnitt der bayrischen Geschichte zu bearbeiten, schrieb er seine »Geschichte des bayrischen Volkes und seiner Fürsten« (Aarau 1813-18, 4 Bde.; 2. Aufl. 1821), welche sich durch lichtvolle Anordnung und warme Darstellung weit über die Flut der gewöhnlichen Erscheinungen erhob. 1817 und 1818 erbaute er sich am linken Ufer der Aare, am Fuß des Jura, der Stadt Aarau gegenüber, ein anspruchsloses Landhaus, die »Blumenhalde«. Als Fortsetzung der »Miszellen für die neueste Weltkunde« erschienen die »Überlieferungen zur Geschichte unsrer Zeit« (Aarau 1817-23). Unterdessen waren Haß und Verleumdung unablässig gegen ihn thätig. Zwar überhäufte ihn sein neues Vaterland mit Ämtern aller Art, und zu derselben Zeit war er Mitglied des gesetzgebenden Großen Rats, des evangelischen Kirchenrats, der Kantonsschuldirektion, des Bezirksschulrats, der Stadtschulpflege, Inspektor einiger Landschulen, Mitglied der Kommission der Staatsbibliothek, Suppleant des Kantonsobergerichts, Präsident in der Direktion der Gewerbeschule der Stadt Aarau, dabei Oberforst- und Berginspektor; dennoch sah man in Z. nur den Mann der Revolution, einen Feind der Religion und bürgerlichen Ordnung und verdächtigte ihn auf der Kanzel und in Flugschriften und öffentlichen Blättern. Als er den Namen des Verfassers eines freisinnigen Aufsatzes im »Schweizerboten« nennen oder scharfe Maßregeln gewärtigen sollte, that er zwar das erstere, legte aber im Sommer 1829 seine Stellen als aargauischer Forst- und Kircheninspektor nieder. Dagegen behielt er seine übrigen Funktionen, und 1830 wählte ihn der Kleine Rat wieder in den evangelischen Kirchenrat. Als Gesandter des Aargaues mußte er 1833 bei der Tagsatzung in Zürich zu dem Beschluß mitwirken, daß sich der Kanton in zwei ungleiche Hälften schied. Da der Verfassungsrat des Aargaues 1831 beschlossen hatte, daß jeder nicht geborne Schweizer von Staatsämtern ausgeschlossen sein sollte, trat Z. aus, wurde indes bei einer Umgestaltung der Dinge nochmals als Mitglied des Großen Rats berufen. Mehr und mehr aber zog er sich von der Öffentlichkeit zurück, um sich mit Muße der Ausarbeitung des zweiten Teils seiner »Selbstschau« widmen zu können. Er starb 27. Juni 1848. Eine Reihe seiner Erzählungen sind gesammelt in den »Bildern aus der Schweiz« (Aarau 1824 bis 1825, 5 Bde.), den »Ausgewählten Novellen und Dichtungen« (11. Aufl., das. 1874, 10 Bde.) und der »Ährenlese« (das. 1844-47, 4 Bde.). Seine »Ausgewählten historischen Schriften« erschienen Aarau 1830, 16 Bde.; seine »Gesammelten Schriften« daselbst 1851-54, 35 Bde. in 3 Abtlgn. Das verbreitetste (über 30 Auflagen) und wirksamste aller seiner Werke aber, als dessen Verfasser er sich später bekannte, sind seine »Stunden der Andacht« (Aarau 1809-16; 1873, 6 Bde.), der vollkommenste Ausdruck des modernen Rationalismus. Eine Art Selbstbiographie ist die »Selbstschau« (Aarau 1842; 7. Aufl. 1877, 2 Bde.). Obgleich Z. in seinen Novellen und Dichtungen weder neue Bahnen brach, noch die sozialen Fragen in seine Darstellungen aufnahm, sich überhaupt als poetischer Eklektiker zeigte, haben dieselben doch durch künstlerische Besonnenheit, ausgezeichnete Charakterschilderung, bewegliche Phantasie und glückliche Lebendigkeit des Vortrags eine große Verbreitung gefunden, wie kaum andre Produkte dieser Art. Auszuzeichnen unter seinen Novellen und Volkserzählungen sind: »Alamontade der Galeerensklave«, »Die Herrnhuterfamilie«, »Der Narr des 19. Jahrhunderts«, »Der Abend vor der Hochzeit«, »Abenteuer einer Neujahrsnacht«, »Meister Jakob«, »Die Branntweinpest«, »Das Goldmacherdorf« (worin er mit Pestalozzis »Lienhard und Gertrud« wetteifert), »Der Freihof von Aarau« und »Addrich im Moos«. Vgl. Emil Zschokke, H. Z., ein biographischer Umriß (3. Aufl., Berl. 1876); Born, Heinr. Z. (Basel 1886); Keller, Beiträge zur politischen Thätigkeit H. Zschokkes 1798-1801 (Aarau 1887).

Zschopau, Fluß im Königreich Sachsen, entspringt in der Kreishauptmannschaft Zwickau, am Nordwestabhang des vordern Fichtelbergs unweit der böhmischen Grenze, fließt nördlich, nimmt die Sehma, Pöhl, Preßnitz und Flöha auf, tritt in die Kreishauptmannschaft Leipzig über und fällt dort nach einem Laufe von 105 km bei Schweta unterhalb Waldheim links in die Freiberger Mulde.

Zschopau, Stadt in der sächs. Kreishauptmannschaft Zwickau, Amtshauptmannschaft Flöha, an der Zschopau und der Linie Chemnitz-Annaberg der Sächsischen Staatsbahn, 340 m ü. M., hat eine evang. Kirche, ein altes Schloß (Wildeck), ein evang. Lehrerseminar, eine Webschule, ein Amtsgericht, eine Oberforstmeisterei, Baumwoll- und Streichgarnspinnerei, bedeutende Weberei, Fabrikation von Nopp- und Fantasiezwirn, Zigarren- und Strumpfwaren, Holzschleiferei, eine Dampfmühle, eine Ziegelei, Tuchhandel und (1885) 7869 fast nur evang. Einwohner. In der Nähe das ehemalige Blaufarbenwerk Zschopenthal (jetzt Wunderlichsches Fabriketablissement), eine Nähfadenfabrik zu Witschdorf und eine Papierfabrik zu Porschendorf.

Zsedényi (spr. schéddēnji), Eduard, ungar. Staatsmann, geb. 1805 zu Leutschau in der Zips, deutscher Abkunft (er hieß eigentlich Pfannschmidt), wurde 1832 zum erstenmal zum Deputierten gewählt und glänzte von da an als eine der Notabilitäten der Regierungspartei, deren Führer er auf dem Landtag 1839-40 war. 1848 Ministerialrat im ungarischen Ministerium am königlichen Hoflager, ging er mit Kaiser Ferdinand nach Innsbruck, zog sich aber ins Privatleben zurück, als Jellachich die Oberhand bekam. Im Käsmarker Distriktualkonvent der Evangelischen Augsburger Konfession protestierte er energisch gegen das Protestantenpatent und wurde