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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zuckerstich; Zuckertannenholz; Zuckerwurzel; Zuckerzoll; Zuckfuß; Zuckmantel

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Zuckerstich - Zuckmantel.

dem System der Pressen nach der Höhe der Zentrifugen oder Saftpressen und der Größe der Preßflächen, bei dem Diffusionssystem nach dem Umfang und der Zahl der Füllungen der Diffusionsgefäße, wurde in Österreich 1865 eingeführt, nachdem man ursprünglich es mit der Fabrikatsteuer, dann mit der Rohmaterialsteuer versucht hatte. Diese Steuer macht eine fortlaufende Kontrolle des technischen Betriebs entbehrlich und gewährt damit der Fabrikation freien Spielraum. Sie begünstigt dagegen, wie Rüben- und Saftsteuer, die Fabriken, welche zuckerreichere Rüben verarbeiten, sie ist schwer zu bemessen, da sich die Leistungsfähigkeit der Apparate nicht genügend genau feststellen läßt, zumal dieselbe durch technische Verbesserungen erhöht werden kann; sie zwingt ferner auch bei geringeren Bedarf zur Produktion, weil die Steuer doch entrichtet werden muß, endlich wird sie infolge technischer Verbesserungen in Verbindung mit der Ausfuhrvergütung leicht finanziell unergiebig. Auch Österreich sah sich 1875 gezwungen, die Steuer in der Art zu kontingentieren, daß ein Minimalbetrag ausgeworfen wurde, der jedenfalls gezahlt werden muß. Wird derselbe vom Unterschied zwischen Steuer und Ausfuhrvergütung nicht erreicht, so werden die Fabrikanten zu Nachzahlungen nach Maßgabe ihrer Produktion gehalten.

4) Die vom fertigen Fabrikat erhobene Fabrikat- oder Produktensteuer besteht in Frankreich und in Rußland. Am besten wird diese Steuer beim Ausgang des Produktes aus der Fabrik oder von Niederlagen bemessen und erhoben. Sie bietet dann den Vorteil, daß die Steuer richtig veranlagt wird, daß durch Technik und Qualität der Rüben bedingte einseitige Begünstigungen vermieden werden. Der Betrieb wird ferner nicht gestört, endlich kann die Ausfuhrvergütung richtig bemessen und demnach ohne Nachteile gewährt werden. Soll die Steuer gleichmäßig belasten, so muß sie die Unterschiede in den Qualitäten berücksichtigen. Dies geschieht in Deutschland bei der Verzollung durch Anwendung von Mustern zum Vergleich (Standardmustern), wobei die Farbe entscheidet, bei Bemessung der Ausfuhrvergütung durch Anwendung des Polarisationsapparats. Die besondere Art des französischen und russischen Besteuerungsverfahrens ist mit erheblichen Schattenseiten verknüpft. In Frankreich wurde die Steuer 1837 mit der Bestimmung eingeführt, daß sie allmählich bis zur Höhe des Zolles gesteigert werde, welcher von aus französischen Kolonien eingeführtem Zucker erhoben wurde. Dabei wurden hohe Ausfuhrprämien gewährt, infolge deren die französische Zuckerindustrie sich rasch entwickelte. Für die Besteuerung wird zunächst eine nach Menge und Dichte des Safts bestimmte Minimalausbeute festgesetzt. Zur Ermittelung der wirklichen Produktion wird die Fabrik dem sogen. exercise, einer scharfen, für den Betrieb sehr lästigen Kontrolle, bis zur Fertigstellung des Produktes unterworfen. Eine Folge dieser Besteuerung ist die Trennung der Rohzuckerfabriken von den Raffinerien. Kein Zucker darf ohne Begleitschein die Fabrik verlassen. In Rußland wurde 1881 die bis dahin bestandene Pauschalierungssteuer durch die Fabrikatsteuer ersetzt. Der Zucker wird in besondern Räumlichkeiten gewogen. Die Emballage des die Fabrik stets mit Begleitschein verlassenden Zuckers wird mit Nummern und dem Fabrikzeichen versehen. Bei der Besteuerung wird kein Unterschied in der Qualität gemacht. Außer der Z. wird noch eine Patentgebühr von 5 Rubel für 1000 Pud Zucker entrichtet.

Holland hat seit 1863 sowohl die Saftbesteuerung als auch die Fabrikatbesteuerung. Der Fabrikant, welchem jene als zu hoch erscheint, kann sich für Letztere entscheiden und hat sich demgemäß der Betriebskontrolle zu unterwerfen. Durch Gesetz vom 9. Juli 1887 wurde auch in Deutschland eine Fabrikatsteuer unter dem Namen Verbrauchsabgabe eingeführt. Die Rübensteuer bleibt auch fernerhin bestehen (seit 1888 nur noch 80 Pf. von 100 kg Rüben). Die Verbrauchsabgabe (12 Mk. von 100 kg inländischem Rübenzucker) wird, sobald der Zucker aus der Steuerkontrolle in den freien Verkehr tritt, von demjenigen erhoben, welcher den Zucker zur freien Verfügung erhält. Die Ausfuhrvergütung beträgt für Rohzucker und raffinierten Zucker (90-98 Proz. Zuckergehalt) 8,50 Mk., für Kandis und weißen, harten Brotzucker 10,65 Mk., für alle übrigen harten Zucker 10 Mk. Auch kann ein Rückersatz stattfinden für Zucker, welcher zur Viehfütterung oder zur Herstellung andrer Fabrikate als Verzehrungsgegenstände verwendet wird. Zur Sicherung des Steuereinganges sind die Zuckerfabriken und Fabriklager unter entsprechende Steuerkontrolle gestellt worden. In Österreich wurde unter Aufhebung der 1878 und 1880 gesetzlich neugeregelten Pauschalierungssteuer durch Gesetz vom 20. Juni 1888 eine Fabrikatsteuer unter der Bezeichnung als Verbrauchsabgabe eingeführt. Nach demselben ist von Rübenzucker und allem Zucker von gleicher Art (Rohrzucker) in jedem Zustand der Reinheit mit alleiniger Ausnahme von zum menschlichen Genuß nicht geeignetem Sirup für 100 kg netto 11 Gulden, für Zucker andrer Art in festem Zustand 3 Guld., in flüssigem Zustand 1 Guld. zu zahlen. Die Ausfuhrvergütung ist je nach dem Grade der Polarisation verschieden bemessen. Sollte dieselbe für sämtlichen während einer Erzeugungsperiode ausgeführten Zucker den Betrag von 5 Mill. Guld. übersteigen, so ist die diese 5 Mill. überschreitende Summe von sämtlichen Unternehmern der Zuckererzeugungsstätten an die Staatskasse zu ersetzen. Die Verbrauchsabgabe haftet auf den Zuckererzeugnissen, solange diese sich in der Erzeugungsstätte oder in einem Freilager oder unter amtlichem Verschluß, oder auf dem Transport aus einer Ergänzungsstätte in ein Freilager oder umgekehrt oder auf dem Transport zur Ausfuhr befinden.

Vgl. Le Pelletier de Saint-Remy, Questionnaire de la question des sucres (Par. 1877); v. Kaufmann, Die Zuckerindustrie in ihrer wirtschaftlichen und steuerfiskalischen Bedeutung (Berl. 1878); »Report from the select committee on sugar-industries« (Lond. 1879); Wolf, Über die Reform der Z. in Österreich (Wien 1880); Derselbe, Die Z. (in der »Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft« 1882); Troje, Die Rübenzuckersteuer (Harb. 1886); Reinhold, Das Zuckersteuergesetz vom 9. Juli 1887 (Leipz. 1888); »Das (österreichische) Zuckersteuergesetz vom 20. Juni 1888« (2. Aufl., Prag 1888).

Zuckerstich, die Verletzung einer Stelle im vierten Gehirnventrikel, infolge deren Zuckerharnruhr auftritt (s. Harnruhr).

Zuckertannenholz, s. Jacaranda.

Zuckerwurzel, s. Sium; arabische Z., s. Cyperus.

Zuckerzoll, s. Zuckersteuer.

Zuckfuß, s. Hahnentritt.

Zuckmantel, Stadt in der österreichisch-schles. Bezirkshauptmannschaft Freiwaldau, nahe der preußischen Grenze, am Fuß der Bischofskoppe (960 m) malerisch gelegen, hat ein Bezirksgericht, Leinweberei, Modewarenfabrikation, Bierbrauerei, Ziegelfabrikation, Steinindustrie, eine Wasserheilanstalt und (1880) 4574 Einw.