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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Alert-Expedition; Alexander

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Alert-Expedition - Alexander

Auch wurden im Blut eines solchen Kranken Mikrokokken gefunden, welche, auf Kaninchen übergeimpft, eine der Krankheit sehr ähnliche Affektion hervorrufen sollen.

Alert-Expedition,* 1875-76, s. Maritime wissenschaftliche Expeditionen (Bd. 11).

Alexander, 13) A. I., Fürst von Bulgarien, zog sich dadurch, daß er 1883 gegen den Willen der russischen Minister die Verfassung von Tirnowa herstellte und nach der völligen Unabhängigkeit Bulgariens strebte, den unversöhnlichen Haß des Zaren und der panslawistischen Partei in Rußland zu; man zieh ihn der schmählichsten Undankbarkeit und wünschte seinen Sturz. Als nun A. nach dem Aufstand in Ostrumelien (18. Sept. 1885) auf den Rat des Ministerpräsidenten Karawelow, allerdings unter Verletzung des Berliner Vertrags, die ihm von der aufständischen Regierung angetragene Herrschaft übernahm und sich in der Proklamation von Tirnowa 20. Sept. "durch den Willen des allmächtigen Gottes und des Volkes Fürst beider Bulgarien" nannte, strich der Zar A. aus den Listen der russischen Armee und suchte Bulgarien durch Abberufung der russischen Offiziere wehrlos zu machen. Daß A. dennoch im Kriege gegen die Serben bei Sliwnitza und Pirot glänzende Erfolge erfocht und nur durch die Intervention Österreichs in seinem Siegeslauf gehemmt werden konnte, erregte erst recht den Neid seiner russischen Feinde. Während die russische Regierung die Aufhebung von Alexanders Vertrag mit der Pforte vom 2. Febr. 1886 durch die Mächte bewirkte und durchsetzte, daß nicht A., sondern dem Fürsten von Bulgarien das Generalgouvernement von Ostrumelien auf fünf Jahre übertragen wurde, wühlten und hetzten russische Agenten gegen A. besonders im Heer mit solchem Erfolg, daß A. in der Nacht zum 21. Aug. 1886 in Sofia von abtrünnigen Offizieren und Soldaten überfallen, mit brutaler Gewalt zur Abdankung genötigt und nach der russischen Donaustadt Reni geschafft wurde. Hier freigelassen, reiste er nach seiner Heimat, erfuhr aber in Lemberg, daß in Bulgarien die Verschwörer verhaftet seien und die neu eingesetzte Regierung ihn zur Rückkehr einlade. Er begab sich nach Rustschuk, wo er 29. Aug. mit Begeisterung aufgenommen wurde, ließ sich aber durch die Vorspiegelungen des russischen Konsuls verleiten, einen Versöhnungsversuch beim Zaren zu machen und 30. Aug. die Wiederübernahme der Herrschaft von der Zustimmung des Zaren abhängig zu machen. Diese wurde in schroffster Weise abgelehnt, und so zog A. zwar 3. Sept. wieder in Sofia ein, aber nur, um 7. Sept. abzudanken (s. Bulgarien, Bd. 17). Er begab sich nach Darmstadt und lebte hier in völliger Zurückgezogenheit. Die überwiegende Mehrheit der Bulgaren hätte ihn gern wieder zum Fürsten gehabt, da er sich durch seine tapfere und geschickte Haltung 1885 und 1886 die Liebe des Volkes erworben hatte; doch hätte er durch Wiederbesteigung des Throns die unversöhnliche Rache des Zaren nicht nur über sich, sondern auch über Bulgarien heraufbeschworen. Seinen unbeweglichen Besitz kaufte ihm der bulgarische Staat für 2 1/2 Mill. Frank ab; von dieser Summe gingen 84,000 Fr. ab, die A. der Bulgarischen Bank schuldete. Als 1888 Kaiser Friedrich III. den deutschen Thron bestieg, wünschte die Kaiserin Viktoria A. mit ihrer zweiten Tochter, Prinzessin Viktoria, zu vermählen, ein Plan, der schon früher gehegt, aber an dem Widerspruch Kaiser Wilhelms I. gescheitert war; es war die Rede davon, A. eine hohe Stellung im Reichs- oder Heeresdienst zu übertragen. Doch erhob der Reichskanzler Fürst Bismarck gegen die Heirat Einspruch, weil sie das Verhältnis Deutschlands zu Rußland noch schwieriger gestalten mußte, und sie wurde fallen gelassen. Nachdem A. Anfang 1889 aus der preußischen Armee, in welcher er den Rang eines Generalmajors bekleidete, ausgeschieden war, vermählte er sich 2. Febr. 1889 zu Nizza mit der bisherigen Sängerin am Darmstädter Hoftheater, Johanna Loisinger, welche aus Pest gebürtig war, und nahm den Namen eines Grafen von Hartenau an. Er ließ sich zu dauerndem Aufenthalt in Graz nieder. Vgl. Koch (sein ehemaliger Hofprediger), Mitteilungen aus dem Leben und der Regierung des Fürsten A. von Bulgarien (Darmst. 1887).

14) Prinz von Hessen und bei Rhein, starb 15. Dez. 1888 in Darmstadt; wegen seines Sohns, des Fürsten Alexander von Bulgarien (s. oben), war er mit dem russischen Zarenhaus, zu dem er früher in so intimen Beziehungen gestanden, zerfallen, hatte sich aber mit dem deutschen Kaiser versöhnt und den Rang eines preußischen Generals der Infanterie erhalten.

19) A. III. Alexandrowitsch, Kaiser von Rußland, bemühte sich, wie er in dem Manifest bei seiner Krönung (27. Mai 1883) verkündet hatte, den Frieden aufrecht zu erhalten und der ungehinderten Entwickelung der Kräfte Rußlands die Bahn zu ebnen. Er bekämpfte die herrschenden Bestechungen und Betrügereien, entließ deswegen mehrere hochgestellte Beamte und gab selbst das Beispiel der Einfachheit und Sparsamkeit in seinem Hofhalt, wie er denn auch den Rang der nachgebornen Großfürsten niedriger stellte und die Apanagen sämtlicher Mitglieder des Kaiserhauses herabsetzte. Freilich wurden diese Ersparnisse durch erhöhte Ausgaben für die Streitmacht mehr als aufgewogen, indem A. trotz seiner Friedensliebe sich bald zu großen Rüstungen veranlaßt sah. Nachdem er 15. Sept. 1884 mit den Kaisern Wilhelm und Franz Joseph im polnischen Schlosse Skierniewize eine Zusammenkunft gehabt und letzterm 25. Aug. 1885 in Kremsier einen Besuch abgestattet hatte, wurde er durch die Ereignisse in Bulgarien (s. oben) wieder gereizt und mißtrauisch. Ohne die Absicht, direkt mit Gewalt auf der Balkanhalbinsel einzuschreiten, wollte er doch für den Fall, daß sich infolge europäischer Verwickelungen eine Gelegenheit dazu bot, mit aller Macht sofort entscheidend auftreten können und zog daher einen großen Teil des russischen Heers an der Westgrenze des Reichs zusammen. Gefälschte Briefe erfüllten ihn mit besonderm Mißtrauen gegen Bismarcks Politik in der bulgarischen Frage, bis sich im November 1887, als A. auf seiner Rückreise von Dänemark, wo er im Herbst bei der dänischen Königsfamilie gern sich aufzuhalten pflegte, eine Gelegenheit bot, ihn über die gegen ihn verübte Betrügerei aufzuklären. Gleichwohl behielt er sich für sein Verhalten in der orientalischen Frage vollständig freie Hand vor und erwiderte den Besuch, den ihm Kaiser Wilhelm II. gleich nach seiner Thronbesteigung im Juli 1888 machte, erst im Oktober 1889. In der innern Politik hielt A. unter dem Einfluß seines frühern Lehrers Pobedonoszew an einem starren Absolutismus und an der Begünstigung des Altrussentums in Religion und Sitte fest, wogegen er die Unterdrückung westeuropäischer Nationalitäten und Religionen zuließ. Den Nihilismus vermochte auch er nicht zu unterdrücken; die Ausführung eines ähnlichen Attentats, wie es gegen seinen Vater verübt worden, wurde 13. März 1887 nur durch einen Zufall verhindert, und A. ließ sich in Petersburg nur selten sehen; er hielt