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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Bayern (Bildungsanstalten, Landwirtschaft, Bergbau, Industrie)

stehen sich in den letzten Jahren fast gleich (1887: erstere 20,742, letztere 20,876); die überseeische Auswanderung ist 1883-88 von 9237 auf 6139 Personen gesunken.

Bildungsanstalten. Die Zahl von Schülern betrug im J. 1886 an den Hochschulen 7092 (Universitäten 3035), Mittelschulen 50,041 (hiervon in den humanistischen Anstalten 17,229, Realgymnasien 444, Kunstgewerbeschulen 218, Musikschulen 1360, Handelsschulen 1163 Zöglinge); in den landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen 11,539, in den gewerblichen 26,645. Für den Elementarunterricht bestehen 7148 Schulen, hiervon 99,2 Proz. öffentliche. 5042 Schulen sind katholisch, 1883 protestantisch, 129 simultan und 94 israelitisch. Die Zahl der Schüler beträgt 855,463 in den Werktags-, 263,923 in den Feiertagsschulen. Schulgeld wird in 79 Proz. der Volksschulen erhoben; die Gesamtsumme desselben beträgt 1,793,571 Mk. oder 12,9 Proz. der Ausgaben. Die Zahl der Lehrkräfte umfaßt in den Hochschulen 555, Mittelschulen 5739, Fortbildungsschulen 2265, in den Volksschulen 22,379; auf je einen Lehrer der letztern treffen in den Städten 41, auf dem Land 38 Schüler. Die Ausgaben für Bildungsanstalten betragen in den Hochschulen 3, Mittelschulen 7,2, Fortbildungsschulen 0,5, in den deutschen Schulen 13,9 Mill. Mk. Mit einer großen Zahl von Bildungsanstalten sind besondere Erziehungsanstalten verbunden; in klösterlichen Anstalten werden 3797 Mädchen erzogen. Sehr groß ist in B. die Fürsorge für gebrechliche oder arme Kinder. So wurden gezählt: in Blindeninstituten 140, in Taubstummenanstalten 555, in Anstalten für krüppelhafte Kinder, Kretins, Blöde und Epileptische 620, in Anstalten für verwahrloste Kinder, in Waisen- und Findelhäusern, Kleinkinderbewahranstalten, Kinderhorten und Kindergärten 36,551 Zöglinge.

Landwirtschaft. Nach der Sondererhebung über die Bodenbenutzung vom Jahr 1883 setzt sich die Gesamtfläche Bayerns zusammen aus 4,764,646 Hektar reiner landwirtschaftlicher Fläche (63 Proz.), 23,847 Hektar Weinberge, 2,504,732 Hektar Holzland, 44,905 Hektar Haus- und Hofräume, 138,703 Hektar Wegeland und 109,632 Hektar Gewässer. Von der reinen landwirtschaftlichen Fläche treffen 64 Proz. auf Acker- und Gartenland, 27 auf Wiesen, 9 Proz. auf Weideland. Mit Getreide sind bebaut 1,823,928 Hektar und zwar in Prozenten: Roggen 30, Hafer 25, Weizen und Spelz 23, Gerste 19. Es wird vorzugsweise gebaut: Weizen in Nieder- und Oberbayern, Spelz in Schwaben (an Stelle des Weizens), Roggen in Oberbayern, Sommergerste in Niederbayern, Hafer in Ober- und Niederbayern, Flachs in der Oberpfalz, Tabak in der Pfalz (4195 Hektar), Hopfen in Mittelfranken (12,442 Hektar), Wein in der Pfalz (13,388 Hektar) und Unterfranken (9612 Hektar). Mit Kartoffeln werden bebaut 300,000, mit Zuckerrüben 1889 Hektar. Was die Lage der bayrischen Landwirtschaft betrifft, so erscheint es bemerkenswert, daß die Zahl der zwangsweise versteigerten Anwesen seit 1880 stetig von 3739 auf 1111 und deren Besitzfläche von 30,059 auf 7935 Hektar zurückgegangen ist. Die wenigsten Versteigerungen fallen auf die Pfalz, die meisten auf Unterfranken; von den versteigerten Betrieben gehören 37 Proz. den kleinen, 62 den mittlern und 1,3 Proz. dem Großgrundbesitz an. Von landwirtschaftlichen Vereinen besitzt B. 225 Bezirkskomitees und 1953 Fachvereine (Tierzucht-, Hopfen-, Wein-, Obstbau-, Kreditvereine mit zusammen 3,84 Mill. Mk. Vermögen) und einen Gesamtstand von 207,800 Mitgliedern. Im J. 1888 wurden durchschnittlich geerntet vom Hektar: Weizen 13,5, Spelz 15, Roggen und Gerste 13, Hafer 10,5 Doppelzentner. Die Gesamternte betrug unter anderm von Kartoffeln 2,57 Mill. Ton., Runkelrüben 2,57 Mill. T., Klee und Luzerne 1,3 Mill. T., Heu und Grumt 4,57 Mill. T., von Wein 477,600 hl. An Obst wurden geerntet in Doppelzentnern: 435,000 Äpfel, 375,000 Birnen, 230,000 Pflaumen, 18,500 Kirschen, 13,000 Walnüsse, 312 edle Kastanien mit einem Gesamtwert von 4,4 Mill. Mk. Vom Hagelschlag werden durchschnittlich 840 Gemeinden betroffen. Die verhagelte Fläche betrug im J. 1888: 115,400 Hektar und der Hagelschade 6 Mill. Mk. (in den letzten zehn Jahren zusammen 77 Mill. Mk. Hagelschade).

Bergbau im J. 1887. Im Vergleich zur Produktion des Bergbaues in den rheinischen und mitteldeutschen Gebieten ist jene von B. nicht sehr erheblich. Es wurden gefördert von Stein- und Pechkohle 654,975 Ton., Braunkohlen 6025 T., Graphit 2960 T., Steinsalz 789 T. An Erzen (Eisen, Kupfer, Antimon, Mangan und Schwefelkies) wurden gefördert 97,562 Ton. (hierunter Eisenerz 95,778 T.), Ocker und Farberde 4906 T., feuerfeste Thonerde 69,015 T., Speckstein 975 T., Lithographiesteine (in großer Güte und eine bayrische Spezialität wie Graphit) 6534 T. Die Gesamtproduktion des bayrischen Bergbaues wird auf 1,6 Mill. T. mit einem Wert von 11,8 Mill. Mk. geschätzt. Von den sechs Salinen wurden 42,411 T. Kochsalz erzeugt (hierunter von den königlichen Salinen Berchtesgaden 5325, Reichenhall 7477, Traunstein 8521, Rosenheim 20,905); außerdem wurden von der österreichischen Saline Hallein aus der auf bayrischem Gebiet gewonnenen Sole 17,624 T. Siedesalz erzeugt. Die Gewinnung von Salz beschränkt sich fast ausschließlich auf das Berchtesgadener Gebiet.

Industrie. Es wurden 1887 erzeugt: in den Hochöfen 36,794 Ton. Roheisen und 161 T. Gußwaren, im Kupolofenbetrieb 43,392 T. Gußwaren, im Hüttenbetrieb 69,264 T. Stabeisen, 4373 T. Blech und Draht sowie 13,202 T. Roh- und Gußstahl. Die Eisenindustrie, welche in B. ziemlich stark vertreten ist, lieferte zusammen 167,186 T. im Gesamtwert von 19,6 Mill. Mk. Es bestehen 5321 Braunbierbrauereien (hiervon 43 Aktien- und 536 gemeinschaftliche Brauereien), dann 1649 für Weißbier, welche zusammen 1887: 6,119,439 hl Malz verbrauchten und dafür 36,52 Mill. Mk. Brausteuer entrichteten. Die Gesamterzeugung belief sich auf 13,461,786 hl Braunbier (hiervon München allein 3,357,882 hl), 243,031 hl Weißbier und 438,748 hl sogen. Nachbier. Die größte Brauerei zugleich Deutschlands und Österreich-Ungarns ist die Spatenbrauerei in München, welche 446,791 hl Bier erzeugte (Dreher in Wien 429,000 hl), dann folgt die Löwenbrauerei ebenda mit 311,115 hl. Von je 1000 Personen der Bevölkerung sind in der Bierbrauerei thätig in Erlangen 15, im Bezirksamt Kulmbach 9, in Stadt München 5,4. 460 der bayrischen Brauereien sind Großbetriebe. Ausgeführt wurden 1,679,526 hl (hiervon aus München 766,480). Die Branntweinbrennerei ist infolge der reichsgesetzlichen Bestimmungen in eine neue Phase getreten. Es bestehen 4733 Brennereien (nahezu die Hälfte davon in der Pfalz); 23 derselben erzeugen über 2000 hl. Verwendet werden zum überwiegenden Teil Kartoffeln und Getreide (589,000, bez. 314,000 hl); denaturiert wurden 27,000 hl. Die Einfuhr von Branntwein beträgt 21,417, die Ausfuhr 13,585 hl. Im Kleinhandel mit Branntwein und Spiritus zählt man 3681