Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

160

Branntweinsteuer (neue Gesetzgebung in Deutschland etc.)

gestellten Menge 0,70 Mk. Die Gesamtjahresmenge, von welcher der niedrigere Abgabesatz zu entrichten ist, sowie der Betrag des niedrigern Abgabesatzes selbst sollen alle drei Jahre einer Revision unterliegen. Von der Verbrauchsabgabe befreit und bei Feststellung der nach dem Vorstehenden maßgebenden Iahresmenge außer Ansatz bleibt: 1) Branntwein, welcher ausgeführt wird, 2) Branntwein, welcher zu gewerblichen Zwecken, einschließlich der Essigbereitung, zu Heil-, zu wissenschaftlichen oder zu Putz-, Heizungs-, Koch- oder Beleuchtungszwecken verwendet wird.

Die Brennereibesitzer können amtliche Denaturierung ihres Branntweins in ihren Brennereien verlangen. Die Jahresmenge, welche von den vorhandenen Brennereien zum Satz von 0,50 Mk. hergestellt werden darf, wird nach der seither entrichteten Steuer bestimmt. In Zukunft wird sie alle drei Jahre für die bisher beteiligten und inzwischen neuentstandenen Brennereien nach Maßgabe der in den letzten drei Jahren durchschnittlich zum niedern Abgabesatz hergestellten Menge bemessen. Landwirtschaftliche Brennereien, welche nach 1. April 1887 in gewerbliche umgewandelt werden, dürfen Branntwein zu dem niedrigern Abgabesatz nicht mehr herstellen. Materialsteuer entrichtenden Brennereien kann nach näherer Bestimmung des Bundesrats gestattet werden, ihr gesamtes Erzeugnis zu dem niedrigern Abgabesatz herzustellen. Die Verbrauchsabgabe ist zu entrichten, sobald der Branntwein aus der steuerlichen Kontrolle in den freien Verkehr tritt. Vom 1. Okt. 1889 ab darf der nicht aus Roggen, Weizen oder Gerste hergestellte oder der Materialsteuer unterworfene Branntwein, sofern er der Verbrauchsabgabe unterliegt, nur in gereinigtem Zustand in den freien Verkehr gebracht werden. Bei der Ausfuhr von Fabrikaten, zu deren Herstellung im freien Verkehr befindlicher Branntwein verwendet ist, kann nachnäherer Bestimmung des Bundesrats für jedes in den Fabrikaten enthaltene Liter reinen Alkohols eine Vergütung der Verbrauchsabgabe von 0,50Mk. gewährt werden. Der Reinertrag der Verbrauchsabgabe ist den einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe der matrikularmäßigen Bevölkerung, mit welcher sie zum Gebiet der Branntweinsteuergemeinschaft gehören, zu überweisen.

Das Gesetz vom 8. Juli 1868 tritt für das gesamte Gebiet der Branntweinsteuergemeinschaft mit einigen im neuen Gesetz bezeichneten Änderungen und Ergänzungen in Kraft. Hiernach erfolgt die Erhebung der Maischbottichsteuer (mit 1,31 Mk. für jedes Hektoliter des Rauminhalts der Maischbottiche und für jede Einmaischung) nur noch 1) in den landwirtschaftlichen Brennereien, d. h. in denjenigen ausschließlich Getreide oder Kartoffeln verarbeitenden Brennereien, bei deren Betrieb die sämtlichen Rückstände in einer oder mehreren den Brennereibesitzern gehörenden oder von denselben betriebenen Wirtschaften verfüttert werden und der erzeugte Dünger vollständig auf dem den Brennereibesitzern gehörigen oder von denselben bewirtschafteten Grund und Boden verwendet wird; 2) in denjenigen Brennereien, welche Melasse, Rüben oder Rübemast verarbeiten. Für kleinere landwirtschaftliche Brennereien ist der Steuersatz auf 0,6, 0,8 und 0,9 Mk. des festgesetzten Betrags ermäßigt. An Branntweinmaterialsteuer sind je nach der Art der verwendeten Stoffe verschiedene Sätze von 0,35, 0,45, 0,50 und 0,85, Mk. zu entrichten. Eine Rückvergütung der Maischbottich- und der Materialsteuer soll für Branntwein bewilligt werden, welcher zu gewerblichen (auch Heil- und wissenschaftlichen) Zwecken Verwendung findet.

In den gewerblichen Brennereien, d. h. in denjenigen Brennereien, welche mehlige Stoffe verarbeiten, aber nicht zu den landwirtschaftlichen gehören, oder welche Mischungen aus mehligen und nicht mehligen Stoffen verarbeiten, findet die Erhebung der Maischbottichsteuer nicht mehr statt. Dagegen wird in denselben ein Zuschlag zur Verbrauchsabgabe von 0,20 Mk. für das Liter reinen Alkohols erhoben. Derselbe ermäßigt sich für den Umfang bisher bestandener Betriebe, welche nicht mehr als 10,000, bez. 20,000 Lit. Bottichraum an einem Tag maischen, um 0,04, bez. 0,02 Mt. Von dem vom Zollausland in Fässern eingehenden Arrak, Kognak und Rum werden an Zoll 125 Mk., von allem übrigen Branntwein 180 Mk. für 100 kg erhoben. Die inzwischen hinfällig gewordene Übergangsabgabe war auf 36 Mk. für 1 hl reinen Alkohols bemessen. Von demjenigen Branntwein, welcher 1. Okt. 1887 im Gebiet der Branntweinsteuergemeinschaft vorhanden war, wurde eine Nachsteuer von 0,30 Mk. sür das Liter reinen Alkohols erhoben. Die Gesamtjahresmenge, welche in einem der Branntweinsteuergemeinschaft neu beitretenden Staat zu dem niedrigern Abgabesatz hergestellt werden darf, wird auf 3 Lit. reinen Alkohols für den Kopf der Bevölkerung bemessen.

Inzwischen sind auch die süddeutschen Staaten der Steuergemeinschaft beigetreten, so daß das ganze Deutsche Reich für Branntwein nun ein einheitliches Steuergebiet bildet.

In Belgien wurde durch Gesetz vom 20. Dez. 1886 die B. erhöht. Sie stellt sich jetzt auf 104 Mk. für 1 hl absoluten Alkohols. Dänemark führte durch Gesetz vom 1. April 1887 die Fabrikatsteuer statt der Maischraumsteuer ein und zwar für alle neuen Brennereien und für diejenigen ältern, welche sich für das neue Besteuerungsverfahren entscheiden. Vom 1. April 1892 ab tritt das Gesetz allgemein in Kraft. Die Steuer beträgt 18 Öre vom Pot (= 0,97 Lit.) Spiritus zu 100 Proz. nach Tralles oder 21 Mk. vom Hektoliter. In Griechenland wird seit 1888 eine Verbrauchssteuer von 1,50 Drachmen per Ota (1283 g) reinen Weingeist erhoben, welcher von stärkehaltigen Substanzen gewonnen wird, und 1 Drachme per Oka Weingeist, welcher aus zuckerhaltigen Substanzen hergestellt wird. Holland erhöhte durch Gesetz vom 26. Dez. 1886 die B. von 57 Guld. auf 60 Guld. für das Hektoliter zu 50° Tralles. Italien erhöhte durch Gesetz vom 2. April 1886 die Fabrikatsteuer für Branntwein und zwar auf 150 Lire vom Hektoliter 100° Alkohols. 1887 wurde die Steuer auf 180 Lire erhöht, dazu kam durch Gesetz vom 12. Juli 1888 eine Steuer aus den Verkauf mit 60 Lire. Doch wurde durch Gesetz vom 30. Juni 1889 die Fabrikatsteuer auf 120, die Verkaufssteuer auf 20 Lire wieder herabgesetzt.

Rumänien hat seit 27. März 1885 eine Fabrikatsteuer von 80 Frank von 1 hl absoluten Alkohols. In Rußland wurde die B. durch Gesetz vom 18. Mai 1885 abgeändert. Die Steuer stellt sich auf 171 Mk. vom Hektoliter absoluten Alkohols.

In Österreich wurde ein neues Gesetz unterm 20. Juni 1888 erlassen. Nach demselben unterliegt der Branntwein, welcher innerhalb der Zolllinie erzeugt wird, einer Abgabe, welche nach Verschiedenheit der Brennereien, in denen die Erzeugung stattfindet, als Produktionsnbgabe bei der Erzeugung oder als Konsumabgabe bei dem Übergang des Branntweins aus der amtlichen Kontrolle in den freien Verkehr zu entrichten ist. Die Produktionsabgabe beträgt 35 Kr. für jedes Hektoliter und jeden Alkoholgrad, die Konsumabgabe hat zweierlei Sätze,