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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brassey; Bratianu; Braubach; Braumüller; Braun; Braunfels; Braunlingen; Braunsberg; Braunschweig

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Brassey - Braunschweig

Truppen. Ja, es ließ zu, batz die Kammer im Oktober ein Gesetz annahm, welches die Deputierten, welche erklärten, daß der Eid der Treue gegen den Kaiser ihrem Glauben oder ihren politischen Ansichten zuwiderlaufe, von demselben entbinde. So untergrub das Ministerium selbst die Monarchie.

Der Kaiser Dom Pedro II. besaß nicht die Thatkraft und Entschlossenheit mehr, um der Umsturzbewegung erfolgreich entgegenzutreten. Vielmehr hatten er selbst und der Graf d'Eu wiederholt offen erklärt, daß sie bereit seien, das Land zu verlassen, wenn dies der Wille des Volkes sei und in legitimer und freier Form ausgesprochen werden sollte. Obwohl in B. dem Kaiser nie die gebührenden äußern Ehren vom Volk erwiesen wurden, so waren seine edle Gesinnung und Uneigennützigkeit so bekannt und gewürdigt, daß man glaubte, eine Staatsumwälzung werde erst nach seinem Tod eintreten. Indes der ungeduldige Ehrgeiz Fonsecas ließ sich nicht mehr zügeln, zumal das Ministerium doch noch einen Garnisonswechsel beschlossen hatte. Nachdem er sich durch das ihm ergebene Militär aller wichtigen Punkte der Hauptstadt versichert hatte, verkündete er 15. Nov. 1889 den Sturz des Kaiserreichs und die Errichtung der Republik. Die Minister versuchten Widerstand, wurden aber verhaftet, der Marineminister Ladario hierbei verwundet. Der Kaiser, der im Glauben, es handle sich nur um einen Ministerwechsel, von Petropolis herbeigeeilt war, wurde in seinem Palast eingeschlossen und gezwungen, sich 17. Nov. mit seiner Familie nach Lissabon einzuschiffen; es wurde ihm eine Dotation gewährt, aber, da er nicht abdanken wollte, 21. Dez. wieder zurückgezogen, ja er und seine Familie sogar aus B. verbannt Fonseca stellte sich an die Spitze einer provisorischen Regierung, welche 16. Nov. ein Manifest erließ, in welchem sie das Geschehene verkündete, Senat und Staatsrat abschaffte, die gerade beurlaubte Kammer auflöste und erklärte, daß sie die Staatsschuld sowie alle Verträge und Verbindlichkeiten gegen auswärtige Mächte anerkennen und achten werde. Das daraus aus Republikanern unter Fonsecas Vorsitz gebildete Ministerium erklärte die Konstitution der Vereinigten Staaten von B. und verkündete für alle, die lesen und schreiben könnten, das allgemeine Wahlrecht. Von den Provinzen erfolgte gegen die Staatsumwälzung zunächst kein Widerspruch. Um genügende Zeit zur Befestigung ihrer Gewalt zu gewinnen, verschob die provisorische Regierung durch einen Erlaß vom 21. Dez. 1889 die allgemeinen Wahlen auf den 15. Sept. 1890 und den Zusammentritt der Konstituierenden Versammlung auf den 15. Nov. Bis dahin erhielten die Gouverneure der Provinzen, die, soweit sie nicht der republikanischen Regierung unbedingt sich anschlössen, neu ernannt wurden, diktatorische Gewalt. Jeder Versuch einer Auflehnung gegen die neue Ordnung der Dinge wurde mit Waffengewalt unterdrückt. Da man von der neuen Herrschaft liberale Reformen erwartete, wurden 7. Jan. 1890 die Trennung der Kirche vom Staat und die religiöse Gleichstellung verkündet.

Neuere Litteratur: v. Koseritz, Bilder aus B. (Leipz.1885); Hehl, Von den vegetabilischen Schätzen Brasiliens und seiner Bodenkultur (das. 1886); von den Steinen, Durch Zentralbraslien. Expedition zur Erforschung des Schingu im J. 1884 (das. 1886); Andrews, Brazil, its condition and prospects (Lond. 1887); Roméro, Matreriaes para a historia de literatura brazileira (1883 - 85, Bd. 1 - 3).

Brassey, Annie, engl. Reiseschriftstellenn, starb 14. Sept. 1887 auf einer Seereise an der Südostküste

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der Kapkolonie. Die Beschreibung dieser letzten Reise erschienen 1889 (deutsch, Leipz. 1889).

Bratianu, Ioan, rumän. Ministerpräsident, nahm 1888 seine Entlassung. Obwohl noch die neuen Wahlen für die Kammern im Februar eine große Mehrheit für die herrschende nationalliberale Partei ergeben hatten, so schien B. seine Stellung doch nicht mehr haltbar, weil die Linke in der ministeriellen Partei ihm wiederholt Schwierigkeiten bereitete und in seinem eignen Ministerium Unordnungen vorgekommen waren. B. reichte daher 4. März seinen Abschied ein, erhielt aber, da der Senatspräsident Ghika kein Kabinett zu stande brachte, von neuem den Auftrag, ein Ministerium zu bilden, das 12. März zu stande kam. Indes die Radikalen unter Demeter B., dem Bruder des Ministers, verbanden sich mit der Bojarenpartei unter dem Protektorat des russischen Gesandten Hitrowo zum Sturz des verhaßten B., versuchten 26 März in den königlichen Palast einzudringen und riefen 27. in der Kammer einen großen Skandal hervor. Da der König Bratianus Absicht, mit Strenge vorzugehen, nicht billigte, nahm B. 1. April seine Einlassung und erlitt bei den Neuwahlen im Oktober mit seiner Partei eine völlige Niederlage, erst bei den Nachwahlen wurde er in die Kammer gewählt. Ein von der siegreichen Bojarenpartet beabsichtigter Prozeß gegen B. wurde nicht genehmigt.

Braubach, seit 1886 Kreis St. Goarshausen, (1885) 1841 Einw.

Braumüller, Wilhelm, der jüngere, Verlagsbuchhändler, starb 31. Dez. 1889 in Wien.

Braun, 8) Karl, deutscher Politiker, ward bei den Neuwahlen 1887 nicht wieder in den deutschen Reichstag gewählt. Er siedelte 1887 von Leipzig wieder nach Berlin über, wo er als Rechtsanwalt am Kammergericht wirkt und seit 1888 die »Vierteljahrsschrift für Volkswirtschaft« herausgibt.

11) Isabella, Jugendschriftstellerin, geb. 12. Dez. 1815 als Tochter eines gräflich Schenkschen Rentbeamten zu Jettingen in Bayrisch Schwaben, erhielt ihre Erziehung zur Lehrerin seit 1827 bei den Englischen Fräulein zu Augsburg, ward 1887 Lehrerin an der Mädchenschule zu Neuburg an der Donau, lebte noch einige Jahre als Privatlehrerin daselbst und siedelte 1854 nach München über, wo sie die »Jugendblätter« herausgab, die beste katholische Jugendzeitschrift der neuern Zeit. Ihrem eignen Erstlingswerk »Bilder aus der Natur« folgten zahlreiche Erzählungen und andre Jugendschriften, in denen sie sich übrall als echte Schülerin Christoph v. Schmieds bekundete. Ihre Gesammelten Erzählungen« (Eßling. 1881, 12 Bde.) erlebten mehrfache Auflagen. Sie starb 3. Mai 1886 in München.

Braunfels, (1885) 1688 Einw.

Braunlingen, (1885) 1628 Einw.

Braunsberg, 1) Regierungsbezirk Königsberg, (1885) 10,759 Einw.

Braunschweig. Die Gesamtzahl der Einwohner betrug 1885: 372,452 Seelen. Dieselben verteilen sich auf die sechs Kreise des Herzogtums wie folgt:

Kreise QKilom QMeil. Einwohner Einw. auf 1 qkm

Braunschweig 543 9,86 124042 205

Wolfenbüttel 763 13,46 70722 93

Helmstedt 788 13,46 61700 78

Gandersheim 548 14,31 44463 81

Holzminden 574 9,95 45095 79

Blankenburg 475 10,42 26430 56

Zusammen: 3691 67,02 372452 191