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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Denudation; Depretis; Derby; Derenburg; Derfflinger; Dermatomykosen; De Rossi; Deroulède; De Sanctis; Desinfektion

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Denudation - Desinfektion

Denudation (lat., Entblößung), im geologischen Sinn die Abtragung der durch die Verwitterung gelockerten festen Bestandteile der Erdoberfläche und ihr Fortschaffen von höher gelegenen Orten nach tiefern. Als mechanisches Agens können dabei außer der Schwerkraft das fließende Wasser im flüssigen und festen Aggregatzustand sowie die bewegte Luft dienen.

Unter den denudierenden Kräften steht in erster Linie das Wasser. Die Arbeit, welche dasselbe leistet, hängt einerseits von dem Gefälle und der Wassermasse ab, anderseits ist der Einfluß je nach der Beschaffenheit und Lagerung des Verwitterungsschuttes sowie dem verschiedenen Grade der Bedeckung mit Vegetation ein andrer. Steiles Gehänge und dünne Pflanzendecke befördern das Fortspülen des mechanisch gelockerten Erdreichs. Zu dem, was auf rein mechanischem Weg vom Wasser zerstört und fortgeführt wird, kommt noch die Masse der chemisch gelösten Stoffe. Im Vergleich mit diesen Mengen ist der Betrag dessen, was vom Eis der Gletscher in der Gestalt von Oberflächenmoräne transportiert oder als Schleifpulver vom Boden durch den Gletscherbach entfernt wird, ein geringer zu nennen, selbst wenn man die Abräumung eines schuttbedeckten ebenen Landes und die Ausräumung von flachen Seebecken dazu nimmt. Viel wirksamer erweist sich dagegen die Entfernung staubartiger Massen vermittelst der mechanischen Kraft des Windes. Am bedeutendsten tritt diese äolische D. in regenlosen Gebieten auf, wo eine Vegetationsdecke fast ganz fehlt. Das Endziel des Denudationsprozesses ist die Bloßlegung der nackten Felsunterlage, wodurch den Atmosphärilien wieder neue Angriffspunkte geliefert werden. Betrachtet man die Erdoberfläche vom Standpunkt der Wirkung der denudierenden Kräfte, so kann man Regionen der fluviatilen, glazialen und äolischen D. unterscheiden, die sich in Bezug auf ihre Oberflächengestalt wesentlich voneinander abheben. Den ungefähren Betrag der D. berechnet man in der Weise, daß man bei einigen Flüssen die Menge des Wassers mißt, die sie jährlich dem Meer zuführen, und die Masse der chemisch gelösten und mechanisch suspendierten Stoffe zu bestimmen sucht. Aus beiden Faktoren läßt sich dann entnehmen, wieviel Material der Fluß jährlich seinem Entwässerungsgebiet entzieht, und aus der Ausdehnung dieses Gebiets ergibt sich, um wieviel das letztere jährlich durch D. verliert. So hat man gefunden, daß in ungefähr 3000 Jahren die ganze Kontinentalfläche der Erde im Mittel um 30 cm erniedrigt wird. Vgl. v.Richthofen, Führer für Forschungsreisende (Berl. 1886); Neumayr, Erdgeschichte, Bd. 1 (Leipz. 1885).

Depretis, Agostino, ital. Minister, gab bei der Ministerkrisis im März 1887 infolge der Vorfälle in Abessinien das Ministerium des Innern an Crispi ab und übernahm das Auswärtige, starb aber schon 29. Juli d. J. in Stradella. Vgl. Santi, A. D. e il suo ministerio (Mail. 1886).

Derby, 2) Edward Henry Smith Stanley, Graf, brit. Staatsmann, ward in das im Januar 1886 neugebildete Ministerium Gladstone nicht aufgenommen, weil er dessen irische Politik nicht billigte; er schloß sich der Partei der liberalen Union an.

Derenburg, (1885) 3045 Einw.

Derfflinger, Georg, Reichsfreiherr von, brandenburg. Generalfeldmarschall. Ihm zu Ehren erhielt 1889 das neumärkische Dragonerregiment Nr. 3 den Namen Dragonerregiment Freiherr v. D.

Dermatomykosen (griech.), durch Pilze hervorgerufene, also parasitäre, Hautkrankheiten.

De Rossi, 1) Pellegrino, Graf. Vgl. Ideville. Le comte P. Rossi sa vie, son œuvre, sa mort (Par. 1887); Tolra de Bordas, Le comte P. de R. (Amiens 1888).

3) Giovanni Battista, genannt il Rosso, ital. Maler, Architekt und Bildhauer, geb. 3. März 1494 zu Florenz, bildete sich nach Michelangelo, war anfangs in Florenz thätig, wo er in der Servitenkirche die Himmelfahrt Maria malte, von 1524 bis 1527 in Rom und dann in Arezzo und Venedig und wurde 1530 von Franz I. nach Frankreich berufen, um das Schloß von Fontainebleau mit Fresken und Stuckarbeiten zn dekorieren. Von seinen Fresken haben sich dort zwölf Darstellungen aus dem Leben Franz' I. und der antiken Mythologie erhalten, in welchen er sich wie in einer Beweinung Christi im Louvre zu Paris als manierierter Nachahmer Michelangelos zeigt. Er vergiftete fich 1541.

Deroulède, Paul, franz. Dichter und Politiker, legte 1887 sowohl den Vorsitz als die ihm darauf übertragene Ehrenpräsidentschaft der Patriotenliga nieder, weil ein Teil der Mitglieder mit seiner Haltung nicht einverstanden war; doch vertrat er im August noch die Patriotenliga beim Begräbnis Katkows in Moskau und agitierte auf einer Reise durch Rußland für das Bündnis zwischen diesem und Frankreich. 1888 schloß er sich Boulanger an und trat in den Vorstand der von diesem gegründeten Liga des nationalen Protestes. Er agitierte leidenschaftlich für den Boulangismus, von dessen Sieg er die Revanche erhoffte, und ward auch 1889 in die Deputiertenkammer gewählt.

De Sanctis, 2) Francesco, ital. Litterarhistoriker. Seine »Scritti politici« gab Ferrarelli (Neap. 1889), Fragmente seiner Autobiographie (»La giovinezza di F. de S.«, das. 1889) P. Villari heraus. Vgl. Ferrieri, Francesco de S. e la critica letteraria (Mail. 1887).

Desinfektion. Die D. ist noch fortwährend eine der brennenden Fragen in der Hygiene und in letzter Zeit wieder vielfach und von verschiedenen Gesichtspunkten aus bearbeitet worden. Als Ergebnisse der neuesten Untersuchungen darf etwa folgendes ausgesprochen werden. Alle Versuche, welche darauf abzielten. Räucherungen zur D. von geschlossenen Räumen anzuwenden, haben ergeben, daß auf diesem Weg niemals die zuverlässige D. eines Raums erreicht werden kann, heißen nun die Räucherungsmittel Chlor oder Brom, schweflige Säure, Sublimat oder Karbolsäure, und mag man das Mittel so konzentriert anwenden als man will. Es gelingt dies deshalb nicht, weil ein gasförmiges Desinfektionsmittel sich niemals gleichmäßig verbreitet und niemals sicher in alle Fugen und Ritzen eindringt. Räuchert man z. B. mit schwefliger Säure in einem Zimmer, in dessen Thür man zuvor von innen einen blanken Schlüssel gesteckt hat, so findet man nach der Räucherung das aus dem Schloß hervorstehende Ende des Schlüssels von der schwefligen Säure angegriffen und mit Rost überzogen, das in der Thür steckende blank. Übereinstimmend damit fand man auch bei Räucherungen Bakterienproben, welche beispielsweise auf dem Sitzbrett eines Stuhls angebracht waren, durch die Räucherung abgetötet; solche aber, welche an der Unterseite desselben Brettes befestigt waren, zeigten sich von der D. unberührt. Man muß also auf eine »D. der Luft«, so bequem dieselbe wäre, ein für allemal verzichten. Damit kommen die in flüssiger Form verwendeten Desinfektionsmittel um so mehr wieder zu ihrem Recht. Man hat deren manche neue kennen