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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Ehingen - Eidechsen

tenswert ist die sehr niedrige eheliche Fruchtbarkeit in Frankreich. Auf je 100 verheiratete Frauen im gebärfähigen Alter kamen 1887 nur 16 Geburten überhaupt und nur etwa 14,7 eheliche Geburten, so daß die Fruchtbarkeit der Ehen in Frankreich nur etwa halb so groß ist wie im Deutschen Reich. Vergleicht man die Zahl der jährlich geschlossenen Ehen mit derjenigen der ehelichen Kinder, so entfielen auf je eine E. Kinder: in Berlin 3,2, Bayern rechts des Rheins 4,9, Sachsen und Thüringen 4,2, Ost- und Westpreußen 4,8, Posen und Rheinprovinz 5,2. kBei solcher Rechnung ist die eheliche Fruchtbarkeit am beträchtlichsten in Spanien, Irland, Rußland, Rumänien, am geringsten in Frankreich, Dänemark, Norwegen. In Frankreich hatten von je 100 Familien:

kein Kind 20 im Land, 32,8 in Paris

ein Kind 24,4 " 27,0 "

zwei Kinder 21,8 " 19,8 "

drei Kinder 14,5 " 10,6 "

mehr Kinder 19,3 " 9,8 "

Auf 2/3 aller französischen und 4/5 aller Pariser Familien entfiel hiernach durchschnittlich nur ein Kind, und auf 100 Familien kamen in Frankreich überhaupt nur 259 Kinder.

Unter den segensreichen Folgen der E. wird auch aufgeführt, daß sie die Lebensdauer verlängere. Thatsächlich sterben von 1000 verheirateten Männern durchweg weniger als von 1000 ledigen derselben Altersklasse. Bei den verheirateten Frauen ist dasselbe Verhältnis in den höhern Altersklassen vorhanden; im Alter von 20-30 Jahren ist das Sterblichkeitsprozent der verheirateten Frauen infolge der mit den Wochenbetten verknüpften Lebensgefahren etwas größer als bei den unverheirateten. In Preußen starben 1886 von je 1000 Lebenden:

Männer ledige verheiratete Frauen ledige verheiratete

im Alter von 20-30 Jahren 8,1 5,9 5,8 8,1

" " " 30-40 Jahren 16,7 9,5 9,5 9,9

" " " 40-60 Jahren 30,2 19,3 18,5 13,7

" " " 60-80 Jahren 73,1 55,5 62,1 48,2

Der Einwand, das; vorwiegend gesunde Personen heiraten, weniger lebenskräftige ledig bleiben, trifft gegenüber den thatsächlichen Verhältnissen nicht zu. Sehr viele gesunde, kräftige Männer in erwerbsfähiger Lage bleiben unverheiratet, weil sie das mit größern Mühen und Entbehrungen verknüpfte Leben der Familienväter scheuen, und um nach ihrer Meinung das Leben besser genießen zu können. Über die größere oder geringere Erkrankungsfähigkeit der Eheleute gegenüber ledigen Personen liegen zuverlässige Ermittelungen nicht vor. Die Statistik der Irrenanstalten ergibt, daß das Irresein bei Ledigen häufiger ist als bei Verheirateten derselben Altersstufen; mdes gelangen auch wohl Ledige leichter in die Anstalt als Verheiratete, und viele bleiben ledig, weil sie den Keim der psychischen Störung schon in sich tragen. Dessenungeachtet sind die Differenzen so bedeutend, daß die Schutzkraft der E. nicht abgeleugnet werden kann. Dieselbe beruht wohl zum Teil auf der Regelung des Geschlechtslebens und darauf, daß das Leben im allgemeinen durch die E. in ruhigere, gleichmäßigere Bahnen gelenkt wird und Sorgen und Kummer weniger nachteilig wirken können. Im engsten Zusammenhang hiermit steht, daß Selbstmord bei Eheleuten relativ seltener als bei nicht und namentlich bei nicht mehr Verheirateten vorkommt. Die größte Höhe erreicht die Selbstmordziffer bei den Geschiedenen.

Ehingen, (1885) 4272 Einw.

*Ehlers, Rudolf, protest. Theolog, geb. 30. März 1834 zu Hainburg, studierte in Heidelberg, Berlin und Göttingen u. übernahm 1859 die gleichzeitig offen gewordenen Pfarrstellen der lutherischen und der reformierten Gemeinde zu Stolberg bei Aachen mit dem Auftrag, beide Gemeinden der Union zuzuführen. 1874 folgte er einem Ruf an die deutsch-reformierte Gemeinde zu Frankfurt a. M. u. wurde 1878 zum Konsistorialrat ernannt. Neben einer ausgedehnten Wirksamkeit für humane Bestrebungen war er 1883 auch an der Begründung des evangelisch-protestantischen Missionsvereins beteiligt u. veröffentlichte drei Predigtsammlungen: »Evangelische Predigten« (Frankf. 1872), »Das alte Gesetz und die neue Zeit, die zehn Gebote für die Gegenwart ausgelegt« (das. 1877), »Bilder aus dem Leben des Apostels Paulus« (das. 1886). Mit Bassermann gemeinsam gibt er seit 1879 die »Zeitschrift für praktische Theologie« heraus. Die theologische Fakultät zu Jena ernannte ihn 1889 zum Ehrendoktor.

Ehrang, (1885), 2255 Einw.

Ehrenbreitstein, (1885), 5299 Einw.

Ehrenfeld, Stadt, Regierungsbezirk Köln, seit 1888 mit der Stadt Köln zu Einer Gemeinde vereinigt, hatte 1885: 18,243, 1889: 27,422 Einw.

Ehrenfriedersdorf, (1885), 4370 Einw.

*Ehrenlauf, der rechte Vorderlauf des gejagten Hirsches, welcher am Kniegelenk mit einem etwa 15 cm langen Hautstreifen abgelöst wird. In letztern wird ein Schlitz geschnitten und eine Schlinge daraus gebildet, an welcher der E. über dem Hirschfängergriff angeschleift wird. Der E. wird mit einem Eichen- oder Nadelholzbruch vom Jagdleiter dem Jagdherrn überreicht, und bisweilen erhalten Teilnehmer der Jagd, welche der Jagdherr auszeichnen will, die andern drei ebenso hergerichteten Läufe des Hirsches.

Eibau (Alt-E.), (1885), 4335 Einw.

Eibenstock, (1885), 6913 Einw.

Eichendorff, Joseph, Freiherr von, Dichter. Als Festgabe zu Eichendorffs 100jährigem Geburtstag veröffentlichte H. Meisner »Gedichte aus dem Nachlasse des Freiherrn J. v. E.« (Leipz. 1888). Vgl. Reiter, J. v. Eichendorff (Köln 1887).

Eichler, August Wilhelm, Botaniker, starb 2. März 1887 in Berlin.

Eichstätt, 2) Stadt, (1885) 7655 Einw.

Eichthal, Gustave d', franz. Hellenist, starb 9. April 1886 in Paris. Vgl. Vernes, M. Gustave d'E. et ses travaux (Par. 1887), und den Nekrolog von Reinach (Berl. 1887).

Eidechsen. Die Naturgeschichte dieser Tiere hat in den letzten Jahren sehr erhebliche Fortschritte gemacht durch das Studium der Brücken- oder Stacheleidechse (Sphenodon punctatus oder Hatteria punctata) und ihrer fossilen Verwandten. Man hatte die neuseeländische Stacheleidechse oder Tuatera, die bei den Eingebornen die Rolle des menschenfressenden Lindwurms oder Drachens der deutschen Sagen spielt, und von der sie schon dem Kapitän Cook Schauergeschichten erzählten, für ein fast ausgestorbenes Tier gehalten; aber vor ca. sieben Jahren hat sie Reischek in Menge auf den kleinen Inseln der Mangareibai im O. der Nordinsel Neuseelands lebend angetroffen, und sie ist seitdem häufig in europäische Sammlungen gelangt. Trotz ihres teilweise gepanzerten Körpers und des vom Kopf bis zum Schwanz laufenden drohenden Stachelkammes scheint sie ein ziemlich friedfertiges Tier zu sein, denn sie teilt ihre unterirdische Wohnung regelmäßig mit einem Sturmvogel (Procellaria Gouldi oder Cooki) oder einem Sturm-