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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Fische (giftige)
Leuchtorgane all den Barteln und den modifizierten Flossenstacheln sind vielleicht Lockapparate. (5s wäre anzunehmen, das; diese gleich den »Laternen« fortwährend leuchten, während die an den Seiten befindlichen Organe nur im Moment der Gefahr aufblitzen, über die Fortpflanzung der Tiefseefische ist bis jetzt sehr wenig bekannt, allein von einigen Fischen, z. B. ^c»1.v^iic»n <:6i'ninin, ist die auffallende Thatsache konstatiert, das; der Laich sich an der Oberfläche entwickelt, während die F. in beträchtlicher Tiefe sich aufhalten. Es ist nun nicht wahrscheinlich, daß die F. zur Eierablage an die Oberfläche steigen, sondern eher anzunehmen, daß der am Boden der Tiefe abgelegte Laich emporsteigt, die jungen F. hier ausschlüpfen und nach kurienl, oberflächlichem, pelagischem ^eben wieder in die Tiefe hinabwandern. Bei andern Tiefseefischen jedoch machen die Jungen ihre Entwickelung am Grunde durch. Die Farben der Tiefseefische sind sehr einfach, schwarz, rötlich oder silberfarbig, einige waren, als sie gefangen wurden, blau, wurden aber in der Konservierungsflüssigkeit schwarz. Schwarze Flecke an den Flossen oder dunkle Querbänderung des Körpers, wie sie sich so häufig bei den Fischen findet, kommen bei den Tiefseefischen nur sehr selten vor.
Mftisse Fisches Die ältere Ansicht, daß F. im allgemeinen unschädliches Fleisch besitzen und höchstens in bestimmten Organen, namentlich in Galle und Leber, oder zur Laichzeit schädliche Stosse anhäufen, weshalb beispielsweise der Verkauf der gemeinen Barbe in Italien von März bis Mai ver boten ist, kann den neuern Erfahrungen gegenüber nicht mehr festgehalten werden. Es gibt bestimmte Abteilungen des Fischreichs, in denen fast alle Angehörige giftig oder doch verdächtig sind, namentlich gehört hierher die Ordnung der Haftkiefer, zu der die Igel-, Kugel- und Kofferfische (Oimion-, ^eti'o «lon- und OLtn^iou-Arten) gehören, deren Verkauf in China und Japan, auf Java und in Kapstadt teilweise verboten ist. Aber auch in manchen sonst un verdächtigen Abteilungen finden sich einzelne stark giftige Angehörige, fo z. B. unter den Heringen der Gifthering (^wjien veutmosk), durch dessen Genuß :l0 Personen der Bemannung des französischen Kriegsschiffs Catinet getötet wurden, während andre längerm Siechtum verfielen. In neuerer Zeit ist bekannt geworden, daß einzelne F. sehr heftig wirkende Blutgifte enthalten. So entdeckte Professor Mosso in Turin 1888 zufällig, daß der gemeine Aal, wie der Seeaal ((^on^si') und die Muräne, in ihrem Blutwasser ein starkes, dem Viperngift ähnlich wirkendes Gift enthalten, von dem wenige Tropfen, wenn sie ins Blut gespritzt werden, genügen, Tauben, Meerichweinchen, Kaninchen und dergleichen kleinere Tiere unter Eintritt von Rückenkrämvfen zu töten. V2 ^ lca. 6-7 Tropfen) des Blutwassers genügte, einen größern Huno zu töten, und zwar wahrscheinlich durch Einwirkung auf das verlängerte Mark. Im Magen wirken diese Blutgifte nicht schädlich, doch ist dennoch einige Vorsicht bei der Zubereitung dieser kräftigen Tiere, die leicht Fingerwunden beibringen, geboten.
Einige Fischarten scheiden derartige Vlutgifte in eignen Giftdrüsen ab, die an der Basis besonderer, mit Rinnen versehener Stacheln belegen sind, mit denen sie tiefe Wunden beibringen können, in die das Gift dabei hineinfließt. Die auch an den französischen und deutschen Seeküsten vorkommenden Viper- und Drachenfische (^ra/ Kinns Vip6i 3. u. Oiaco) sind durch diese Eigenschaft bei den Fischern und andern Küstenbewohnern längst berüchtigt. Wenn man ihnen mit den Händen oder den nackten Füßen
Meyers Konv., Leiilon. 4. Aufl., XVII. Bd.
zu nahe kommt, was um so leichter geschehen kann, als sie sich in der Farbe vom Uferschlamm, in welchem sie sich halb vergraben, kaum unterscheiden, so spreizen sie die Stacheln einer kleinen Rückenflosse und einen auf dem Kiemendeckel befindlichen stärkern Stachel in der offenbaren Absicht, den Angreifer damit zu verwunden, und die Fischer gebrauchen daher ihnen gegenüber die höchste Vorsicht, da der verwundete Körperteil erfahrungsmäßig mit den heftigsten Schmerzen anzuschwellen pflegt und manchmal so bösartige Zufälle darauf erfolgen, als ob sie von einer Viper gebissen wären, weshalb auch häufig das verwundete Glied abgenommen werden muß.
Gressin in Montvilliers "und Bottard in Havre stellten denn auch 1884 beim Vipernfisch das Vorhandensein einer Giftblase an der Basis des mit zwei Rinnen versehenen Kiemendeckelstachels fest, deren Inhalt sich ähnlich wie beim Schlangenbiß in die Wunde entleeren kann, wenn der Giftstachel durch den Widerstand, den er bei der Verwundung findet, auf den Behälter drückt. Die genannten Ärzte haben das Gift im physiologischen Laboratorium von Havre genauer untersucht und gefunden, daß es ähnlich wie das Blutgift des Aals kleinere Tiere sehr bald unter Krumpfen tötete. Doch scheint sich die Wirkung hier auch auf das Herz auszudehnen und eine baldige Lähmung desselben zu erzeugen. Beim Menschen halten die den Stich begleitenden Vergiftungserschei nungen zuweilen eine ganze Woche an. Ein gleich den vorgenannten Fischen zu der Abteilung der'Panzerwangen (^ataicki'licti) gehöriger und weitverbreiteter Bewohner der tropischen Meere, der Zauberfisch <8)^nc:6.jil. v6!-i'nco«N), ist bei den Küstenbewohnern des Roten Meers, der Samoa- und andrer Südseeinseln, von Mauritius 2c. noch mehr gefürchtet, denn sein unter ähnlichen Umständen erfolgender Stich soll zuweilen töten. Klunzinger erfuhr auch, daß beim >>ervorstülpen der Stachelspitzen, welche in einer Hautfalte verborgen liegen, eine milchige, das Was^ ser trübende Flüssigkeit hervortritt, wobei es natürlich dem Zufall unterworfen bleibt, wieviel davon in die Wunde gelangt. Ein ähnlicher Giftapparat wie bei den ^i^cliinu«-Arten ist durch Günther bei ^1m1k88opki'^n6 l6ti(^1ktH, einem an den Küsten Mittelamerikas lebenden Krötenfisch, nachgewiesen worden. Auch bei den Stech- oder Adlerrochen, deren Schwanzspitze in einen mit Widerhaken versehenen Stachel ausläuft, mit dem sie sehr gefährliche Wunden beibringen können, mag ein ähnlicher Giftapparat vorhanden sein. Nach der griechischen, von Oppianos aufbewahrten Sage wäre Odysseus durch den Stachel des Giftrochens umgekommen, den sein Sohn, wie es noch heute bei Naturvölkern üblich ist, an seiner Speerspitze befestigt hatte. Von einer bei den Samoainseln vorkommenden Meeradlerart wird versichert, daß die leicht abbrechende und gewöhnlich in der Wunde zurückbleibende Schwanzspitze alsbald Starrkrampf und Tod zur Folge habe, wenn die Spitze nicht schleunigst sorgsam aus der Wunde herausgeschnitten werde. In Italien ist es deshalb polizeilich verboten, den gemeinen Meeradler (2lMo!ikN8 ^(Min) mit seinem gefährlichen Schwanzstachel auf den Markt zu bringen. Die Fischer haben ihn alsbald nach dem Fang zu beseitigen.
Ta die neuern Forschungen den stets lebensgefährlichen Wundstarrkrampf auf einen in feuchter Erde sehr allgemein verbreiteten Bacillus zurückführen, so wäre es übrigens nicht undenkbar, daß dieser Schwanzstachel mit seinen einspringenden Winkeln nicht an sich, sondern nur durch Einführung dieses
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