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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Gewerbegesetzgebung - Gewerke
in Wasser entfernt, bisweilen ist bei vegetabilischen Fasern Kochen mit 5proz. Sodalauge, bei tierischen mit 3proz. Salzsäure erforderlich. Die Dichtigkeit (Schwere) der G. wird bedingt durch die Dicke (Nummer) und die Zahl der Fäden. Die Garnnummer erhält man durch Abziehen des Garns aus dem appreturfteien G. und Abwägen einer bestimmten Länge (5, besser 10 in). Zum Abzählen der Fäden dient ein Weberglas (Fadenzähler). Dies besteht aus einer kleinen Messingplatte mit eingeschnittenem Loch von 10 mm im Quadrat, dessen Seiten abgeschrägt sind. Die Platte besitzt einen Träger, an welchem eine Linse über dem Loch in der Platte angebracht ist.
Den Apparat setzt man auf das G., so daß die eine Kante des Loches mit einem Faden parallel läuft.
Um zu ermitteln, wie stark das G. einlaufen wird, übergießt man einen Längs- und Querstreifen von 0,5 m Länge und 30 mm Breite mit heißem Wasser, läßt ihn eine Nacht im Wasser liegen und dann im ungespannten Zustand bei gelinder Wärme trocknen.
Der Längenverlust, das Krumpmaß, wird in Prozenten ausgedrückt. Bei Beurteilung der fremden, in das G. gebrachten Stoffe < Appreturmasse und mineralische Beimengungen) ist festzuhalten, daß gegen dieselben nichts einzuwenden ist, solange sie nur zur Verschönerung des Ansehens dienen und eine Täuschung nicht beabsichtigt wird. Auch sucht sich der Fabrikant gegen den Verlust, den das Waschen und Bleichen des Garns verursacht, durch einen Ersatz in der Appretur schadlos zu halten, und ein solcher Ersatz gilt allgemein nicht als unreell. Für Baumwollgewebe z. B. kann man annehmen, daß sie im appretierten Zustand 78 Proz. Fasern, 7 Proz, Feuchtigkeit,7 Proz. Stärke und 7/> Proz. mineralische Zusätze enthalten. Weniger als 78 Proz. Fasern darf das G. nicht enthalten. Leinengewebe sollen, wenn es nicht ausdrücklich verlangt wird, ohne jede Appreturmasse oder nur mit Stärke ohne mineralischen Zusatz so appretiert sein, daß ^-5 Proz. durch das Auskochen verloren gehen. G. aus Streichgarn sind ohne Appreturmasse, aber wegen der großen Neigung der Welle, Wasser anzuziehen, gewöhnlich durch Feuchtigkeit beschwert; auch kommt es vor, daßman tuchartige Stoffe und Garne mit Stärkezucker, Dextrin, Glycerin, (5hlormagnesium :c. imprägniert und mit Scherflocken einwalkt/ Bei Kammwollstoffen gehört bisweilen Tränken mit Gummi-, Hausenblasen- oder Gelatinelösung zur Appretur. Am lohnendsten ist die Beschwerung der Seide. Der Verlust durch die Entschätung beträgt 12,5 Proz., und der Gebrauch, diesen Verlust zu ersetzen, ist gewissermaßen zu Recht anerkannt; man hat sogar eine Beschwerung bis zu 25 Proz. gestatten wollen, aber es kommen solche bis zu 150 Proz. vor, und dabei werden häufig giftige Bleisalze angewandt, die im höchsten Grad nachteilig werden können. Zur Untersuchung der Appretur trocknet man eine gewogene Probe des Gewebes beil 05" und bestimmt den Gewichtsverlust (Wasser) durch Wägen in einem verschlossenen Gefäß. Die getrocknete Probe extrahiert man mit wasserfreiem Äther zur Beseitigung von Fett, Harz, verdampft den Äther, trocknet den Rückstand bei 100" und wägt. Die entfettete Probe erschöpft man mit siedendem Wasser, verdampft letzteres im Wasserbad, trocknet den Rückstand bei 100" und wägt. Erzeugt Jodtinktur eine blaue Färbung, so ist Stärke zugegen, und dann muß man die Behandlung behufs vollständiger Lösung der Stärke im verschlossenen Gefäß unter Druck vornehmen.
(5ine andre Probe des Gewebes verbrennt man zur Bestimmung des Aschengehalts, und die Asche prüft
man in gewöhnlicher Weise auf ihre Bestandteile.
Zur Ermittelung der Fasern, aus welchen das G. besteht, dient in erster Linie das Mikroskop. Vegetabilische und tierische Fasern unterscheidet man einfach durch Verbrennen (bei appretierten Stoffen, nachdem man sie 15 Minuten mit 5proz. Salzsäure gekocht, gut ausgewaschen und getrocknethat). Pflanzenfasern brennen flott, tierische blähen sich auf unter Bildung schwer verbrennlicher Kohle und unter Entwickelung des Geruchs nach verbranntem Horn.
Man kann auf diese Weise auch die Zahl der Fäden jeder Gattung im G. bestimmen. Zur Untersuchung gemischter G. legt man dieselben in einer Porzellanschale 15 Minuten in 3proz. Salzsäure, kocht auf, wäscht aus und trocknet. Von der Baumwolle löst sich hierbei die Farbe fast in allen Fällen, von der Wolle schwierig und von Seide sehr unvollständig. Eine derartig'vorbereitete Probe wird1 - 2 Minuten in eine siedende basische Chlorzinklösung von 60" V., bereitet aus 100 Teilen Chlorzink,i 85 Teilen Nasser und 4TeilenZinkoxyd, eingetaucht, dann mit angesäuertem, zuletzt mit reinem Wasser gewaschen, getrocknet und gewogen. Der Gewichtsverlust ergibt den Gehalt des Gewebes an Seide. Die Probe wird dann )5 Minuten in Natronlauge vom spez. Gew. 1,02 auf 100" erhitzt, gut ausgewaschen und getrocknet, der jetzt sich ergebende Gewichtsverlust rührt von Wolle her. Um vegetabilische Fasern von animalischen zu trennen, kocht man das G. 80z bis 40 Minuten unter Ersatz des verdampfenden! Wassers in einer Lösung von ITeil Kochsalz in 1 Teil! Salzsäure und 5 Teilen Wasser, wodurch die Pflanzenfasern zerstört werden, so daß man sie durch Reiben in Wasser beseitigen kann. Über die Nachweisung von Baumwolle in Leinwand s. d. (Bd. 10, S. 661).
Wie bei der beschwerten Seide, kommen bei gefärbten Geweben und Bekleidungsgegenständen hygienische Rücksichten in Betracht, insofern manche Farben und namentlich gewisse Beizen gesundheitsschädlich wirken können. Schweinfurter Grün, Scheelsches Grün, Chromgelb :c. sind zum Färben und Bedrucken von Geweben angewandt worden, und da bei der Benutzung der G. ein Teil der Farbe sich leicht staubförmig ablöst, so ist die Gefahr einer Vergiftung gegeben. In Garnen hat man 0,n - 0,3i Proz. Antimon (als Beize) und damit die Erklärung gefunden, daß solche Garne auf der Haut Ausschlag erzeugen.
In Papierkragen, welche Geschwüre hervorgerufen hatten, wurden erhebliche Mengen Zinkweiß nachgewiesen. Auf diesem Gebiet hat das Gesetz vom 5. Juli 1887(s.Farbstoffe, Bd. 17)Abhilfe geschaffen. Die Vertreter der angewandten Chemie in Bayern hatten schon früher, unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Industrie nicht mit chemisch reinen Rohstoffen arbeiten, auch nicht absolut giftfreie Farben liefern kann, festgesetzt, daß 100 c^in von Bekleidungsgegenständen nur enthalten dürfen 0,002 A Antimon oder 0,002 ^^ Arsen und zwar nur in im Wasser unlöslicher Form.
Gcwerbegeschgebung. Vgl. noch Marcinowski, Die deutsche Gewerbeordnung für die Praxis in der preußischen Monarchie mit Kommentar 2c. (4. Aufl., Berl. 1888).
"Gewerte (der), veraltet s. v. w. Handwerker, be! sonders Bauhandwerker; jetzt noch allgemein im Bergbau s. v. w.GrubenarbeitersdaherGewerkenschiäst, Arbeitsquantum eines Grubenarbeiters, dann auch Besitzer, Mitbeteiligter eines Bergwerks; Gewerkenbuch, das Verzeichnis der Kuxeninhaoer; Gewerkentag, Hauptversammlung derselben.