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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Hänel - Hänisch
gemeinen leichter sein, der Heilungsprozeß wird sich günstiger gestalten. Verstümmelungen und Verkrüppelungen werden häufiger vermieden werden als bisher. Dünne Ziegelmauern schützen gegen diese Geschosse nur unvollständig; treffen mehrere Geschosse dieselbe Stelle, so dringen sie durch; Erdbrustwehren bedürfen einer Stärke von mindestens 75 om. Rußland, welches bisher eine abweisende Haltung gegen die Einführung eines Nevetiergewehrs kleinsten Kalibers bewahrte, soll das französische Gewehr N/86 angenommen und Lieferungsverträge mit französischen Fabriken abgeschlossen haben.
Belgien soll im Begriff stehen, das Repetiergewehr des Leutnants Marga einzuführen; es hat 8 mm Kaliber, wiegt 3,5 k F, hat 2,8 F Ladung Wetterenpulver (Papierpulver in Körnerform) und soll sich durch große Feuerschnelligkeit und Einfachheit des Verschlusses auszeichnen. Dänemark hat nach langjährigen Versuchen ein Magazingewehr von 8 mm Kaliber und Kapselmagazin für 5 Patronen System Lee mit Kupfermantelgeschoß angenommen. In Frankreich ist für Kavallerie ein Karabiner von 8 mm eingeführt, welcher die Patrone des Infanteriegewehrs ÄI/86 verfeuert und nur 3,6 k^ wiegt. In den Niederlanden folgt man einstweilen dem Beispiel Italiens und gibt dem Beaumont-Gewehr von I I mm Kaliber vor dem Verschlußgehäuse ein Kapselmagazin für Einzel- und Packfüllung. Zum kleinsten Kaliber will man erst dann übergehen, wenn die Pulverversuche Erfolg haben. Die Schweiz hatte sich für das Rubin-Gewehr von 7,5 mm Kaliber entschieden, die Versuche sind aber wieder aufgenommen, deren Ergebnisse geheimgehalten werden. Spanien hat eine Abänderung seines Gewehrs N/71 nach dem System Freyre-Brüll mit einem Mantelgeschoß angenommen. Portugal hat als Gewehr N/86 System Kropatschek von 8 mm Kaliber mit festem Rohrmagazin im Vorderschaft und Kupfermantelgeschossen eingeführt. Die Türkei hat das deutsche Gewehr K/71/84 als N/87 mit 9,5 mm Kaliber und Hartbleigeschossen (ohne Mantel) und Nottweiler Pulver angenommen. Man betrachtet heute, nachdem die verschiedenen technischen Schwierigkeiten überwunden sind, das zulässig kleinste Kaliber von 7,5-8 mm wegen seiner rasanten Flugbahn und daraus hervorgehenden Steigerung der zufälligen oder Gefechtstreffleistung der ungezielten Schüsse als das der Zukunft. Sowohl das Magazin im Vorderschaft, wegen seiner zeitraubenden Patroneneinzelfüllung wie der wechselnden Schwerpunttslage der Waffe, als die Magazine im Kolben mit Einzel- oder Packfüllung, wegen der schwerfälligen Patronenzubringung mittels Zugstangen, gelten als veraltet; man glaubt, daß den einsteckbaren Kastenmagazinen, wie beim österreichischen Mannlicher-Gewehr, die Zukunft gehört. Alle andern Verschlußarten sind durch den Cylinderverschluß mit geradliniger Vor- und Rückbewegung (Geradzugverschluß) an Einfachheit und Schnelligkeit der Handhabung überholt. Als Geschoß hat sich das 4 Kaliber lange Mantelgeschoß, dessen Mantel aus vernickeltem Stahl oder einer harten Nickellegierung durch Umbärtelung über die Bodenfläche des nicht eingelöteten Kerns aus Hartblei diesen festhält, bezüglich seiner Formfestigkeit beim Eindringen in das Ziel und Führungsfestigkeit im Gewehrlauf befriedigend bewährt. Nach Professor Bruns Versuchen ist die Durchschlagsfähigkcit die größte und die Schußverletzung in humanitär-chirurgischer Beziehung die günstigste, je härter und zäher der Mantel des Geschosses ist, und in dieser Beziehung übertrifft
der Stahlmantel alle bisher versuchten aus anderm Metall. Für die Patronenhülse sucht man noch immer nach einem leichtern Material als Metall, welches entweder durch die Ladung vollständig ohne Rückstand verbrannt wird, oder welches gar nicht verbrennt und verkohlt und wie die Metallhülse ausgezogen werden kann, aber wertlos ist, und welches gegen die Pulverladung sich vollkommen chemisch indifferent verhält. Die Patronenhülsen ohne überstehenden Bodenrand, statt dessen mit eingedrehter Auszieherrinne zum Eingreifen des Ausziehers werden wegen ihres vorteilhafter« Verpackens wahrscheinlich in kurzer Zeit die bisherigen Hülsen verdrängen. England soll sie angenommen haben, und sie soll auch zum deutschen Gewehr N/88 gehören. Die bisherigen Versuche mit rauchlosem Pulver haben befriedigt, der Mangel des Pulverrauchs beim Schießen hat jedoch auf die^Fechtweise einen so tiefgreifenden Einfluß, daß die Einführung dieses Pulvers noch auf viel Widerstand stößt; ihm gehört aberdoch nach heutiger Anschauung die Zukunft. Paul Gissard in Paris will ein Gewehr, das er »Ballistique« nennt, erfunden haben, welches dem Anschein nach die Geschosse durch verdichtete Luft forttreibt, und dessen Verschluß durch Elektrizität in Thätigkeit gesetzt wird. Sicheres ist nicht bekannt.
Vgl. .holzner, Ausländische Versuche zur Schaffung von Gewehren mit verkleinertem Kaliber (»Mittel lungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens« ,, Wien 1887, Heft 4 u. 5); Nud. Schmidt, Allgemeine Waffenkunde der Infanterie (Bern 1888, mit Atlas); Capitaineundv.5)ertling,DieKriegswaffen (Rathenow 1887-88/2 Bde.); Weygand, Die neue deutsche Gewehrfrage (Darmst. 1888); »Dic Entwickelung der Gewehrfrage in Frankreich «(2. Aufl., Hannov. 1888); Bruns, Die Geschoßwirkungen der neuen Kleinkalibergewehre (Tübing. 1889).
Hiinel, 3) Albert, Politiker, würde 1888 bei den Neuwahlen nicht wieder in den preußischen Landtag
gewählt.
^Hangekompaß,s.v.w.Markscheiderkompaß(Bd.11).
*Hänijch, Karl von, preuß. General, geb. 4. Jan.
1829 zu Ratibor, Sohn des dortigen Gymnasialdirektors Eduard H., besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, trat 1847 in das 2. Ulanenregiment ein, ward 1849 Sekondeleutnant und 1859 Premierleutnant in demselben, wurde 1860 in das 10. Ulanenregiment versetzt und 1863Rittmeister und Eskadronschef, machte den Krieg gegen Österreich 1866 als Adjutant der 10. Division mit, ward darauf in den Generalstab versetzt und dem Generalkommando des 5. Armeekorps zugeteilt, 1867 Major, 1869 in den Großen Generalstab versetzt und zur Dienstleistung beim Kriegsministerium kommandiert. Den französischen Krieg 1870/71 machte er im mobilen Stab des Kriegsministers v. Roon mit, erhielt das Eiserne Kreuz erster Klasse und ward in den Adelstand erhoben, war dann Mitglied der Kommission, welche das Militärstrafgesetzbuch für das Deutsche Reich zu beraten hatte, wurde 1872 Oberstleutnant und Kommandeur des 23. Dragonerregiments in Darmstadt, 1874 Oberst und Chef des Generalstabs des 8. Armeekorps, 1881 Generalmajor, 1882 Kommandeur der 28. Kavalleriebrigade, 1883 Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements im Kriegsministerium, Mitglied der Landesverteidigungskommission, Vorsitzender der Reichsrayonkommission und Bevollmächtigter beim Bundesrat, 1884 Mitglied des Staatsrats, 1885 Generalleutnant, 1888 Kommandeur der Kavalleriedivision des 15. Armeekorps, 1889 kommandierender General des 4. Armeekorps und 1890 Ge-