Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

459

Italien (Verkehrswesen, Presse, Verwaltung, Finanzen, Kolonien)

Jahr Einfuhr Ausfuhr Mehreinfuhr

1885 1458 946 512

1886 1453 1021 432

1887 1604 1005 599

1888 1174 892 282

Der Gesamtwert der Einfuhr ist demnach 1888 um 430 Mill. Lire geringer als im Vorjahr, jener der Ausfuhr ist um 113 Mill. Lire gesunken. Zugleich sind die italienischen Einfuhrzolleinnahmen im J. 1888 um 62 Mill. Lire (von 250 Mill im J. 1887 auf 188 Mill. Lire) herabgegangen. Die Mindereinfuhr im J. 1888 trifft insbesondere folgende Warengattungen: Getreide und Mehl (um 83 Mill. Lire), Holz (53), Metalle und Metallwaren (50), Seide und Seidenwaren (44), Kolonialwaren, Droguen und Tabak (43), Baumwolle und Baumwollwaren (42), Kurzwaren (24), Leinenwaren (22). Eine Minderausfuhr trat insbesondere bei Wein, andern Getränken und Öl (um 70 Mill. Lire), Getreide und Mehl (34), Vieh und tierischen Produkten (16), dagegen eine Mehrausfuhr bei Mineralien (8) und einigen andern Warenkategorien ein. Die Seeschiffahrt in den italienischen Häfen zu Handelszwecken ergab im J. 1888 zusammen einen Verkehr von 111,257 eingelaufenen Schiffen mit 20,048,258 Ton. und 110,903 ausgelaufenen Schiffen mit 20,085,309 T. Auf die internationale Schiffahrt kamen vom Gesamttonnengehalt der ein- und ausgelaufenen Schiffe (40,133,567 T.) 13,070,253, auf die Küstenschiffahrt 27,063,314 T., auf den Dampferverkehr 33,268,443, auf die Segelschiffahrt 6,865,124, auf die italienische Flagge 25,476,016, auf fremde Flaggen 14,657,551 T. Der durch die Seeschiffahrt vermittelte Güterverkehr belief sich auf 13,386,907 T. Gegen das Vorjahr ergibt sich ein geringer Rückgang des Schiffahrtsverkehrs. Von neuen Schiffahrtslinien sind insbesondere zu erwähnen die infolge Vertrags mit der Allgemeinen Italienischen Schiffahrtsgesellschaft von 1888 an eingerichtete wöchentliche Schiffahrtsverbindung Brindisi-Korfu-Patras und die 14tägige direkte Verbindung Genua-Batavia. Auch sollen demnächst Linien von Venedig nach den La Plata-Staaten, nach Odessa und Braila, ferner von Neapel nach Westindien eröffnet werden. Die genannte bedeutendste Schiffahrtsgesellschaft Italiens besitzt derzeit einen Fahrpark von 120 Dampfern, welche einen Raumgehalt von 102,700 Ton. und einen Wert von 66 Mill. Lire haben. Bemerkenswerte Projekte sind auf dem Gebiet des Kanalwesens hervorgetreten. So wird eine Verbindung des Tyrrhenischen mit dem Ionischen Meer mittels eines Kanals geplant, wodurch die Notwendigkeit der Durchschiffung der Meerenge von Messina oder der Umschiffung Siziliens für mehrere Verkehrsrichtungen entfallen würde. Der ungefähr 37 km lange Kanal soll im Golf von Sant’ Eufemia an der Mündung des Amato beginnen und an jener des Coraco^[korrekt: Corace] am Golf von Squillace endigen. Durch die in das Kanalunternehmen einzubeziehende Regulierung der genannten beiden Flüsse soll zugleich eine Fläche von 80,000 Hektar ertragsfähig gemacht werden. Ein andrer Plan ist die beabsichtigte direkte Verbindung von Venedig mit Benutzung des Po bis Pavia und von dort durch die Kanäle über Mailand mit dem Comersee, dem Lago Maggiore und der Gotthardbahn. Die Länge der im Betrieb befindlichen Eisenbahnen belief sich Ende 1888 auf 12,604 km. Eine besonders lebhafte Entwickelung zeigen in I. die Dampftramways, welche Mitte 1888 eine Ausdehnung von 2262 km erreicht haben. Davon hatten 381 km eignen Bahnkörper, beim übrigen Teil war das Geleise auf öffentliche Straßen gelegt. Der größte Teil dieser Bahnen befindet sich in Oberitalien, nämlich in der Lombardei 905, in Piemont 774, in Venetien 165 km. Die Fahrgeschwindigkeit ist bei den meisten Linien 18 km in der Stunde, die Züge enthalten durchschnittlich 4-5 Wagen.

Über die publikatorische Thätigkeit in I. liegen Angaben für das Jahr 1887 vor, welche zeigen, daß die dortige Schriftsteller- und Verlegerwelt keine geringe Lebhaftigkeit entfaltet. In diesem Jahr sind in I. 11,161 nichtperiodische Druckschriften und Werke und außerdem 1606 Zeitungen und periodische Schriften (1880: 1454) erschienen. Von letztern waren 135 täglich und 529 wöchentlich erscheinende Zeitschriften; 501 waren politische Tages- und Wochenblätter. Die meisten von ihnen erschienen in Rom (237), Mailand (172), Turin (105), Florenz (76) und Neapel (75).

[Verwaltung, Finanzen.] Auf dem Gebiet der Staatsverwaltung ist die Errichtung eines eignen Ministeriums für Posten und Telegraphen (Dekret vom 10. Febr. 1889) und die Aufhebung der Handelsgerichte, deren Agenden nach kaum siebenjährigem Bestand dieses Forums wieder an die Zivilgerichte überwiesen wurden (Gesetz vom 25. Jan. 1888), zu erwähnen. Das Staatsbudget für das mit 30. Juni endigende Finanzjahr 1889/90 beziffert die ordentlichen Einnahmen mit 1,615,130,511 Lire, und zwar:

Lire

Renten von den Staatsaktiven 88209307

Direkte Steuer 404642875

Abgaben für Rechtsgeschäfte 227360550

Konsumsteuern, Zölle etc. 632577245

Lotterie 76302000

Verkehrsanstalten etc. 78839865

Rückzahlungen 34432139

Verschiedenes 6776880

Durchlaufende Einnahmen 65989650

Mit Einschluß der außerordentlichen Einnahmen: 186,267,261 Lire, ergibt sich eine Gesamtsumme der Staatseinnahmen von 1,801,397,772 Lire. Dagegen wurden die ordentlichen Ausgaben mit 1,573,557,084 Lire veranschlagt und für die einzelnen Ministerien folgendermaßen festgestellt:

Schatzministerium 770811665

Finanzministerium 198449375

Justiz und Kultus 33873771

Äußeres 8545495

Öffentl. Unterricht 40998914

Inneres 60940073

Öffentliche Arbeiten 29314224

Post u. Telegraphie 53796611

Kriegsministerium 256002959

Marine 106859719

Ackerbau u. Handel 13964275

Mit Hinzurechnung der außerordentlichen Ausgaben von 284,349,766 Lire beziffern sich die gesamten Staatsausgaben mit 1,857,906,850 Lire. Hiernach ergeben die Einnahmen gegenüber den Ausgaben im Ordinarium einen Überschuß von 41,573,427, dagegen das Gesamtbudget ein Defizit von 56,409,078 Lire. Die Staatsschuld erfordert zur Verzinsung einen Betrag von 515,181,918 Lire. - Über das Stiftungswesen Italiens wurde 1881-87 eine sorgfältige Erhebung eingeleitet, welche 21,764 solcher Institute mit einem Vermögen von 1,724,091,106 Lire auswies, gegenüber der Enquete von 1861 ein Vermögenszuwachs um fast 46 Proz. Durch die gedachte Erhebung soll die Übernahme dieser Stiftungen in die Staatsverwaltung vorbereitet werden.

In den letzten Jahren hat auch I. mit überseeischen Erwerbungen in dem afrikanischen Küstenstrich am Roten Meer den Anfang gemacht. Der gegenwärtige Besitzstand ist folgender. Unter italienischer Souveränität stehen: 1) Assab und sein Territorium; 2) die Insel Massaua und die Nachbarinseln; 3) die Küste von Emberemi bis zur Halbinsel Buri; 4) die Dah-^[folgende Seite]