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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kolonien (Deutschland)

davon längs des Meers u. östlich davon das Land der Bergdama und Ovampo. Der Küstenstrich ist wasserlos und wüst und verläuft sehr gleichförmig, die einzigen bekannten Häfen sind Angra Pequena oder Lüderitzhafen und Zandfischhafen, während die etwas nördlicher von letzterm gelegene Walfischbai, der einzige jetzt wertvolle Hafen des ganzen Gebiets, mit den vorliegenden Guanoinseln und einem Areal von 1250 qkm im Besitz der Engländer ist, welche an demselben zäh festhalten. Das Hinterland ist wohlgeeignet für Viehzucht und reich an Kupfer, Gold und andern Metallen. Die Deutsche Kolonisationsgesellschaft für Südwestafrika, welche das Land von Lüderitz erwarb, richtete ihre Untersuchungen auf die Erschließung der Mineralschätze; aus ihr heraus bildete sich das Bleichrödersche Goldsyndikat und die Deutsch-Afrikanische Minengesellschaft, während die Deutsch-Westafrikanische Gesellschaft den Reichtum des Landes an Rindern und fettschwänzigen Schafen durch Anlage von Schlächtereien, Konserven- und Pökelanstalten auszubeuten suchte. Der deutsche Reichskommissar nahm seinen Sitz in Otjimbingue, nordöstlich von der Walfischbai, indessen hat das Land infolge der beständigen Kämpfe zwischen den Nama und den Dama keine Fortschritte gemacht, und die Erklärung des Oberhäuptlings der Dama, Kamaherero, daß er alle Minenrechte einem Engländer, Lewis, übertragen habe, machte allen Bergwerksunternehmungen ein Ende. Auch erwies sich eine aus Eingebornen gebildete Polizeitruppe unter deutschen Offizieren als ungenügend, und es mußte daher eine Truppe aus berittenen, ausgedienten Mannschaften unter Hauptmann v. François entsandt werden, um die Ordnung wiederherzustellen. Vgl. Deutsch-Südwestafrika (Bd. 17).

Deutsch-Ostafrika wird im S. begrenzt von der portugiesischen Kolonie Mosambik, von welcher der Rovumafluß sie scheidet, die Ostgrenze bildet ein schmaler, 10 km breiter Küstenstreifen, welcher zu Sansibar gehört, die Nordgrenze, welche das deutsche Gebiet vom englischen scheidet, geht von der Mündung des Wanga- oder Umbeflusses unter 5° südl. Br. in gerader Linie zum Ipisee, überschreitet dann den Lumifluß, zieht durch die Landschaften Taveta und Dschagga am Nordabfall des Kilima Ndscharo vorüber zu dem unter 1° südl. Br. liegenden Punkt am Ostufer des Victoria Nyanza, die Westgrenze ist noch unbestimmt. Den Umfang des Gebiets schätzt man auf 1,100,000 qkm (19,997 QM.), die Zahl der Bewohner (Suaheli an der Küste, weiter nach dem Innern Wasagara, Wasambara, Dschagga, Massai u. a.) auf 800,000. Von diesem großen Gebiet wurden 15. Febr. 1885 die Landschaften Usagara, Nguru, Useguha und Ukami unter deutschen Reichsschutz gestellt, während das ganze übrige Gebiet in den Bereich der deutschen Interessensphäre fällt. Das ganze Land gehört der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, welche auch an der Somalküste von Warschech im S. bis Ras Filuk im N. Erwerbungen machte und hier die Stationen Hohenzollernhafen an der Wabuschimündung und Halule am Kap Gardafui gründete, ohne aber hierfür den Schutz des Deutschen Reichs zu erlangen, welches vielmehr Italien wie England gestattete, hier sich festzusetzen. Der Sitz der genannten Gesellschaft ist Sansibar. Neben ihr arbeiten hier noch die Deutsch-Ostafrikanische Plantagengesellschaft u. die Deutsche Pflanzergesellschaft. Stationen wurden errichtet in der Landschaft Usagara in Simaberg und Kiora, in Useguha in Petershöhe und Bagamoyo, in Usaramo am Kinganifluß, in Dunda, Madimola und Usaungula, in Usambara am Pangani in Korogwe und Mafi, in Giriyama am Kilesi in Tanganijko. Die letztgenannte Station liegt schon in dem Küstenstreifen vor der englischen Interessensphäre. Man hat auf einigen dieser Stationen die Kultur von Tabak, Baumwolle und Kakao begonnen, als Erzeugnisse dieses Gebiets fand man Reis, Orseille, Kokosnüsse, Sesam, Erdnüsse, Palmkerne, Kopal vor. Die Entwickelung der deutschen Unternehmungen wurde auf das empfindlichste gestört, als 1888 die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft vom Sultan von Sansibar das Recht der Zollerhebung in dem diesem zugehörigen Küstenstreifen auf 50 Jahre gegen einen Teil der Einkünfte aus den Zöllen erwarb. Die Araber, welche sich in ihrem Handelserwerb, namentlich dem Sklavenhandel, bedroht sahen, regten das ganze Küstengebiet zur offenen Empörung auf, der fast sämtliche deutsche Plätze zum Opfer fielen. Indes nahm eine vom Major Wißmann mit Hilfe deutscher Offiziere und Unteroffiziere organisierte Streitmacht von Eingebornen schnell fast alle verlornen Plätze wieder und stellte die Ordnung im größten Teil des Küstengebiets schnell wieder her. Vgl. Deutsch-Ostafrika (Bd. 17).

Witu, zwischen der Mandabucht und dem Osifluß, wurde 27. Mai 1885 unter deutschen Reichsschutz gestellt, nachdem der Sultan von Witu das Land an die Gebrüder Denhardt abgetreten hatte. Diese verkauften einen Teil ihres Besitzes an die vom Deutschen Kolonialverein gebildete Witugesellschaft. Außer diesen beiden haben sich auch die Deutsche Pflanzergesellschaft und einige andre deutsche Kapitalisten Wituland zum Feld ihrer Operationen ausersehen. Mit dem Beginn des Jahrs 1890 ist der Besitz der Witugesellschaft in den der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft übergegangen. Der deutsche Besitz wurde zugleich nordwärts bis Kismaju ausgedehnt.

Kaiser Wilhelms-Land, der Bismarck-Archipel und die nördlichen Salomoninseln stehen sämtlich unter Verwaltung der Neuguineagesellschaft in Berlin, welche 17. Mai 1885 einen kaiserlichen Schutzbrief erhielt, nachdem schon im November 1884 auf den beiden ersten Gebieten, 6. April 1885 auch auf der Salomongruppe die deutsche Flagge geheißt worden war. Kaiser Wilhelms-Land, der nordöstliche Teil der Insel Neuguinea, mißt 179,250 qkm (3256 QM.) mit 109,000 Einw., der Bismarck-Archipel 52,200 qkm (948 QM.) mit 188,000 Einw., die nördlichen Salomoninseln 22,195 qkm (403 QM.) mit 80,000 Einw., so daß das ganze der genannten Gesellschaft unterstellte Gebiet 253,645 qkm (4607 QM.) mit 377,000 Einw. mißt. Der Sitz des Landeshauptmanns ist in Finschhafen, mit der Nebenstation Butaueng, andre Stationen sind: Konstantinhafen mit Bogadjim, Hatzfeldhafen und auf dem Lauenburg-Archipel Kerewara. In Bogadjim besteht eine protestantische Mission. Zwischen Finschhafen und Soerabaja besteht ein regelmäßiger Postdampferverkehr. In Kaiser Wilhelms-Land wird Ackerbau mit Hilfe von Malaien und Neubritanniern seitens der Neuguineagesellschaft betrieben, und Ansiedler können dort jetzt Land erwerben; auf dem Bismarck-Archipel treibt ein Amerikaner Plantagenbau bei Kalum am Südufer der Blanchebai, die Firma Robertson u. Hernsheim hat ihren Sitz in Matupit in der Blanchebai mit Zweigfaktorei auf der Insel Nusa zwischen Neumecklenburg und Neuhannover, die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft hat sich auf Mioko (Neulauenburg) niedergelassen. Beide Gesellschaften haben eine Anzahl Nebenstationen. Hauptprodukt ist Ko-