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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Aktiengesellschaft

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Akklimatisation - Aktiengesellschaft.

nien findet sich Typhoid unter den weißen Truppen, am häufigsten bei dem jüngst angekommenen Militär. Die farbigen Truppen blieben bis jetzt fast vollkommen frei. Im amerikanischen Bürgerkrieg fielen aber unter den frei erklärten Schwarzen noch mehr Opfer an Typhoid als unter den weißen Soldaten. In Neukaledonien werden die Eingebornen nicht weniger als die Franzosen vom Typhoid befallen, und in den niederländischen Kolonien des Malaiischen Archipels ist Typhoid überaus selten. Es scheinen also beim Typhoid besonders lokale Verhältnisse den Ausschlag zu geben. Interessant ist es aber, daß in Vorderindien Typhoid für den Europäer, Malaria für den Asiaten die verhängnisvolle Fieberkrankheit bleibt. Das gelbe Fieber befällt vorzugsweise den eingewanderten Europäer und schont den Eingebornen, der nach einem früher überstandenen leichtern oder schwerern Anfall wie alle übrigen Rassen Immunität bereits erlangt hat, die der neu Ankommende erst durch einen Anfall erwerben muß. Die verheerendsten Infektionskrankheiten der Tropen sind Dysenterie und Cholera, und gerade hier sind durch zweckmäßige sanitäre Maßregeln große Erfolge erzielt worden. Die Herstellung artesischer Brunnen auf Java hat die Dysenterie, welche vor 50 Jahren fast jeden eingewanderten Europäer ergriff, ganz außerordentlich zurückgedrängt, und wenn im letzten Jahrzehnt die Sterblichkeit bei den europäischen Soldaten noch größer war als bei den Eingebornen, so hat sich in der englischen Armee Vorderindiens die Sache ganz zum Vorteil des Europäers verändert. Dabei ist die Sterblichkeit von 100 Krankheitsfällen im Malaiischen Archipel bei den Asiaten, in Ostindien bei den Europäern größer. Die Cholera verursachte noch 1864-1868 bei den europäischen Soldaten der holländisch-ostindischen Armee eine Sterblichkeit von 18,6, im letzten Dezennium nur eine solche von 6 auf 1000, ja in Ostindien ist sie auf 3 gesunken. Dabei sterben aber freilich noch von den europäischen Soldaten zweimal mehr als von den Eingebornen, und während im Malaiischen Archipel die Widerstandsfähigkeit der erkrankten Europäer größer ist als die der erkrankten Asiaten, gestaltet sich dies Verhältnis in Ostindien ebenfalls zu ungunsten der Europäer. In Westindien fallen stets die Neger und selbst die Mischrassen der Cholera in größerer Zahl zum Opfer als die eingewanderten Europäer, und so muß man auch hier ganz sicher vieles auf Rechnung der Lebensgewohnheiten setzen, die ja bekanntlich gerade gegenüber der Cholera von größter Bedeutung sind. Unter den asiatischen Soldaten der holländisch-ostindischen Armee hat die Beriberi kolossale Dimensionen angenommen. Man hat geglaubt, daß der Europäer dieser Krankheit gegenüber immun sei, es hat sich aber herausgestellt, daß in den letzten Jahren jährlich mehrere Tausend Europäer befallen werden, so daß 1886: 286 europäische Soldaten pro 1000 erkrankten und 7 pro 1000 starben, während die Zahlen für die asiatischen Soldaten 430 und 30 betrugen. Ähnliches wird aus Japan und Brasilien berichtet, und mithin scheint die Empfänglichkeit für Beriberi und die Verbreitung der Krankheit mehr durch Alter und Geschlecht sowie durch lokale Verhältnisse als durch die Rasse bedingt zu werden. Wie die große Sterblichkeit in der englisch-ostindischen Armee durch die Respirationskrankheiten der Asiaten verschuldet wird, so ist die große Sterblichkeit der holländisch-asiatischen Soldaten auf Beriberi zurückzuführen.

Wenn in den Tropen Malaria, Cholera und Dysenterie die vorherrschenden Krankheiten sind, so hängt dies aufs engste zusammen mit den tropisch-thermischen Verhältnissen. Die Zustände der Unterleibsorgane geraten in ein labiles Gleichgewicht, und die Infektionsstoffe finden die Möglichkeit zu zahlreicher Ansiedelung und üppiger Entwickelung. Auch in den gemäßigten Zonen halten sich die genannten Krankheiten an bestimmte und zwar die heißesten Jahreszeiten, und wenn umgekehrt Masern, Scharlach, kroupöse Pneumonie und Diphtheritis in den Tropen selten sind oder sehr gelinde verlaufen, so hängt auch dies von den thermischen Verhältnissen ab, wie denn überhaupt nach Magelssen die Disposition und die Widerstandsfähigkeit des Menschen für akute Infektionskrankheiten durch die wechselnden Temperaturverhältnisse und durch die Witterung beherrscht werden. Diesen Einflüssen gegenüber kann aber durch Vorsicht, durch strenges Einhalten hygienischer Maßregeln sehr viel gewonnen werden, und es ist von allen Ärzten, welche in den Tropen Erfahrungen sammeln konnten, konstatiert worden, daß viel mehr als das Klima selbst eigne Unkunde und Nachlässigkeit die Nachteile verschulden, welche die einwandernden Europäer betreffen.

Viele Eigenschaften, welche man als angeborne oder vererbte betrachtet hat, ergeben sich bei näherer Prüfung als individuell erworbene. Die größere Widerstandsfähigkeit gegen Erkältungsursachen, welche der Europäer in den Tropen offenbart, ist sicher zum großen Teil auf die Übung zurückzuführen, welche seine thermotaktischen Zentren in der Heimat im Kampf mit den Elementen erwarben, ebenso wie die geringere Empfindlichkeit der Unterleibsorgane des Tropenbewohners seiner längern individuellen Anpassung an die tropischen Verhältnisse zuzuschreiben ist. Aber man darf nicht vergessen, daß der weiße Mann in seiner Widerstandsfähigkeit und in seinem Kosmopolitismus nur in dem Chinesen einen Nebenbuhler findet, und daß der Neger mehr und mehr der Degeneration verfällt, so daß schon prophezeit wurde, er werde innerhalb eines Jahrhunderts von einzelnen Gegenden des Erdballes verschwunden sein. Ebenso ist in Betracht zu ziehen, daß der Verlauf mehr wie einer Krankheit bei den verschiedenen Rassen Unterschiede ergibt, die sich ebensowenig wie der Einfluß der Temperamente bei Individuen derselben Rasse durch äußere Umstände erklären lassen, und man wird deshalb die Möglichkeit nicht leugnen dürfen, daß bei der verschiedenen vitalen Potenz der verschiedenen Menschenrassen in den Tropen in untergeordneter Weise auch angeborne Eigenschaften im Spiele sind. Vgl. Simonnot, De l'acclimatement des Européens dans les pays chauds (1. internationaler medizinischer Kongreß, Par. 1867); Treille, De l'acclimatation des Européens dans les pays chauds (6. internationaler Hygienekongreß, Wien 1888); Virchow, Über Akklimatisierung (Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Straßburg 1885); Jousset, Traité de l'acclimatement et de l'acclimatation (Par. 1884); Buchner, Disposition verschiedener Menschenrassen gegenüber den Infektionskrankheiten (Hamb. 1887); Magelssen, Abhängigkeit der Krankheiten von der Witterung (deutsch, Leipz. 1890); Stokvis, Über vergleichende Rassenpathologie und die Widerstandsfähigkeit des Europäers in den Tropen (Berl. 1890).

Aktiengesellschaft (Statistik). Über den Stand des Aktienwesens in einigen Staaten Europas während der letzten Jahre unterrichtet folgende Übersicht. Es betrug die Zahl der Aktiengesellschaften und die Hohe des eingezahlten Kapitals in: