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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Arbeiterschutzkonferenz

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Arbeiterschutzkonferenz (Berlin 1890: Frauenarbeit).

nen. Was die Ruhepausen betrifft, so hatte Deutschland zuerst zwei Stunden beantragt, dafür stimmten nur 5 Staaten (Deutschland, Dänemark, Spanien, Luxemburg, Schweden), für 1½ Stunde stimmten 7 (Österreich, Ungarn, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Portugal), für eine Stunde stimmten 2 (Italien, Holland). Die Schweiz enthielt sich der Abstimmung.

Der Antrag 3 wurde in der Kommission und im Plenum einstimmig mit Stimmenthaltung der Schweiz, welche keine Ausnahme gestatten wollte, angenommen.

Der Antrag 4 fand in der Kommission und im Plenum einstimmige Annahme.

II. Bezüglich der Arbeit der jugendlichen männlichen Arbeiter von 16-18 Jahren wünschten mehrere Staaten (Belgien, Italien, Luxemburg, Holland, auch Österreich und Ungarn) keine besondern Schutzbestimmungen, weil die Industrie dadurch geschädigt würde und die Arbeiterfamilien eine Einkommensverringerung erleiden würden. Eventuell sollte man diese auf gefährliche und gesundheitsschädliche Betriebe beschränken. Aber der Grundsatz des Schutzes auch dieser Arbeiter wurde von 8 Staaten (Deutschland, Schweiz, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Portugal, Schweden, Norwegen) angenommen, Spanien enthielt sich der Abstimmung. Deutschland wollte aber den Schutz auf das unbedingt Erforderliche, besonders auf das Verbot der Sonntags- und Nachtarbeit und auf Bestimmungen bei gefährlichen und gesundheitsschädlichen Betrieben, beschränken. Die Schweiz insbesondere vertrat jedoch den Standpunkt, daß außerdem auch noch eine Maximalarbeitszeit fixiert und demgemäß der Antrag angenommen würde: daß den jungen Männern von 16-18 Jahren Schutz gewährt werde in Betreff eines Maximalarbeitstags, der Nacht- und Sonntagsarbeit und ihrer Verwendung bei besonders ungesunden oder gefährlichen Arbeiten. Für den Maximalarbeitstag stimmten in der Kommission 9 Staaten gegen 6 (Deutschland, Belgien, Italien, Luxemburg, Holland, Portugal). Im Plenum war das Stimmenverhältnis 12 gegen 3 (Belgien, Italien, Holland). Deutschland stimmte dafür mit dem Vorbehalt, daß die Beschränkung des Arbeitstags nur aus gesundheitlichen Rücksichten geschehe und diese Beschränkung diejenige nicht überschreite, welche bereits für den Arbeitstag der Frauen und Mädchen über 21 Jahre vorgesehen wurde (s. unten). Das Verbot der Nachtarbeit wurde in der Kommission mit 10 Stimmen gegen 5 (Österreich, Ungarn, Belgien, Italien, Holland), im Plenum mit 10 Stimmen gegen 3 (Belgien, Italien, Holland) und Stimmenthaltung von Österreich und Ungarn angenommen. Das Verbot der Sonntagsarbeit wurde in der Kommission mit 11 Stimmen gegen 4 (Belgien, Italien, Luxemburg, Holland), im Plenum mit 12 Stimmen gegen 3 (Belgien, Luxemburg, Holland) angenommen. Holland erklärte sein verneinendes Votum damit, daß die niederländischen Arbeitsgesetze männlichen Personen über 16 Jahre die Sonntagsarbeit nicht verbieten, dagegen das Gesetz über die Sonntagsruhe die öffentliche Arbeit an Sonntagen mit einigen Ausnahmen im allgemeinen untersagt. Der Schutz gegen besonders ungesunde oder gefährliche Arbeiten wurde in der Kommission und im Plenum mit 14 Stimmen gegen 1 (Holland) angenommen.

V. Die Regelung der Frauenarbeit.

Die schweizerische Delegation stellte, sich an das vorgelegte Programm haltend, folgende Anträge: 1) die Arbeit der verheirateten Frauen muß gewissen Beschränkungen unterworfen werden; 2) die Arbeit aller Frauen und Mädchen in Fabriken muß gewissen Beschränkungen unterworfen werden; 3) die zu empfehlenden Beschränkungen sind: eine Maximalarbeitszeit, Verbot von Nacht- und Sonntagsarbeit, Verbot oder Beschränkung von Arbeiten, welche gesundheitsschädlich oder gefährlich sind; 4) es ist kein Grund vorhanden, für gewisse Kategorien von Betrieben Ausnahmen von den allgemeinen Regeln zuzulassen.

Die deutsche Delegation stellte dagegen folgende Anträge: Es ist wünschenswert, 1) daß Frauen jeden Alters weder nachts noch am Sonntag arbeiten; 2) daß ihre effektive Arbeit 11 Stunden täglich nicht überschreite und durch Pausen in einer Gesamtdauer von mindestens 2 Stunden unterbrochen werde; 3) daß Wöchnerinnen erst 4 Wochen nach ihrer Entbindung wieder zur Arbeit zugelassen werden; 4) daß für die besonders ungesunden oder gefährlichen Industrien weitere Beschränkungen vorgesehen werden; 5) daß für die Industrien, in welchen die Nachtarbeit der Frauen nicht zu entbehren ist, Ausnahmebestimmungen zulässig seien.

Die schweizerische Delegation zog zu gunsten der deutschen Anträge 1-4 ihre Anträge 1-3 zurück und hielt nur gegenüber dem deutschen Antrag 5 ihren Antrag 4 aufrecht. Die deutschen Anträge wurden der Beratung zu Grunde gelegt.

Gegen das Prinzip der Beschränkung der Frauenarbeit erhob sich kein Widerspruch. Nur der Vertreter von Italien glaubte, warnend vor zu weit gehenden Beschlüssen, auf die ausnahmsweisen Verhältnisse seines Landes aufmerksam machen zu sollen, in welchem regelmäßig eine bedeutende vorübergehende Auswanderung von Männern, welche in das Ausland ziehen und dort einen Teil des Jahres arbeiten, stattfinde, während dieser Zeit aber die Frauen im wesentlichen die Familie erhalten müssen.

Dem Antrag 1 von Deutschland wurde folgende Fassung gegeben: Es ist wünschenswert, daß Mädchen und Frauen in einem Alter von mehr als 16 Jahren weder nachts noch Sonntags arbeiten. Auf den Wunsch Belgiens wurde in der Kommission (und ebenso später im Plenum) gesondert darüber abgestimmt, ob diese Bestimmung nur weibliche Personen unter 21 Jahren oder alle betreffen solle, indem seitens mehrerer Staaten die Einwendungen gegen eine Gesetzgebung über die Arbeitszeit der Erwachsenen geltend gemacht wurden. Die vorerwähnte Bestimmung wurde in der Kommission wie im Plenum für die Altersgrenze von 21 Jahren einstimmig mit Stimmenthaltung von Spanien, welche damit motiviert wurde, daß in Spanien die weiblichen Personen nicht mit 21 Jahren, sondern erst mit 23 Jahren mündig werden und in der Resolution nur das Prinzip des Schutzes für die Minderjährigen aufgestellt, nicht aber ein bestimmtes Alter angegeben werden sollte, angenommen. Es siegte aber dann die Ausdehnung der Schutzbestimmung auf alle weiblichen Arbeiter in der Kommission mit 7 gegen 5 Stimmen (Belgien, Spanien, Ungarn, Italien, Portugal); 3 Staaten (Dänemark, Frankreich, Norwegen) enthielten sich der Abstimmung. Im Plenum stimmten 8 gegen 5 (Belgien, Spanien, Frankreich, Italien, Portugal) für die Ausdehnung, Dänemark und Schweden enthielten sich der Abstimmung.

Den Antrag 2 von Deutschland wollte Belgien auf eine 12stündige Arbeitszeit abschwächen, während anderseits Großbritannien und Ungarn vor-^[folgende Seite]