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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ausstellungen

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Ausstellungen (1890).

Ausstellungen. Die A. des Jahres 1890 waren nicht von großer Bedeutung und förderten nichts Epochemachendes zu Tage. Das meiste Interesse beanspruchte vielleicht die elektrische Ausstellung in Edinburg. Allerdings waren die dort ausgestellten Lampen, Dynamomaschinen, Elektromotoren, bez. Anwendungen der Elektrizität auf den Maschinenbetrieb längst mehr oder weniger bekannt; dafür trat unsers Wissens die elektrische Schiffahrt zum erstenmal auf einer Ausstellung auf. Die Firma Immisch in London, welche bereits auf der Themse eine kleine Flotte von elektrischen Booten unterhält, bewies auch hier durch die That, daß der elektrische Schiffsbetrieb bereits einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht hat. Eine unerläßliche Bedingung ist bei elektrisch getriebenen Fahrzeugen die Unabhängigkeit von der Kraftquelle. Demgemäß kann von einer direkten Stromzuführung aus dem Elektrizitätswerk nach dem Elektromotor des Schiffs mittels einer Leitung nicht die Rede sein. Es werden vielmehr ausschließlich Elektrizitätssammler verwendet, die im Kielraum des Fahrzeugs oder unter den Sitzbänken angeordnet sind, und die nach erfolgter Entladung von einem Elektrizitätswerk im Hafen oder an gewissen Stellen längs des zu befahrenden Wasserlaufs neugeladen werden. Die Maschinerie an Bord besteht aus einem Elektromotor, der aus den Sammlern gespeist wird, und einer damit verkuppelten kleinen Schraube, welche sich ebenso rasch dreht wie der Motor, also 800-900mal in der Minute. Der Maschinist vermag durch das Ausschalten eines Teiles der Sammler die Geschwindigkeit zu mäßigen. Auch ist eine Einrichtung zur Umkehrung der Fahrtrichtung vorhanden. Der Stromvorrat reicht bei voller Geschwindigkeit zu einer Fahrt von vier Stunden, bei halber Geschwindigkeit zu einer solchen von zehn Stunden. Die Hauptvorteile der elektrischen Fahrzeuge bestehen in der steten Bereitschaft, in dem Umstande, daß die Behandlung der Maschine keinerlei Vorkenntnisse und Lehrzeit erfordert, sowie in der Abwesenheit von Feuer, Rauch und Explosionsgefahr. Die Geschwindigkeit beträgt aber höchstens 10-12 km in der Stunde. In Edinburg fand auch eine musikalische Ausstellung statt, d. h. eine Ausstellung von wertvollen Instrumenten, Handschriften, schottischen, englischen und vlämischen Psaltern u. dgl.

Die nordwestdeutsche Ausstellung in Bremen darf auf eine gewisse volkswirtschaftliche und handelspolitische Bedeutung Anspruch machen, insofern, als hier wohl zum erstenmal die Erzeugnisse der deutschen Schutzgebiete im Zusammenhang vorgeführt wurden. Neben diesen Erzeugnissen bot sie aber auch eine Fülle von ethnologisch interessanten Gegenständen, die dem Beschauer einen Einblick in das Leben der Deutschland nunmehr unterworfenen Völkerschaften gewährten. Was die Erzeugnisse der Kolonien anbelangt, so ragen aus denselben hinsichtlich der Bedeutung für die Zukunft namentlich die vorgeführten Proben von Tabak hervor. Am reichhaltigsten war die von Finsch zusammengestellte Sammlung der Handelsartikel aus den Schutzgebieten der Südsee: Kaiser Wilhelmsland, Bismarck-Archipel, Salomoninseln und Bismarck-Inseln. Im übrigen zeichnete sich die Bremer Ausstellung durch die Vorführung der drei Haupthandelsartikel dieser Seestadt: Tabak, Baumwolle und Petroleum, aus. Ersterer kommt zwar zumeist aus Amerika; doch liefern die Sundainseln auch eine beträchtliche Menge. Auf Sumatra befinden sich sogar Pflanzungen, die von Bremern angelegt wurden, so die Pflanzung Asahan, welche in einem guten Modell vorgeführt wurde. Die Baumwollausstellung brachte den Anbau, die Reinigung, Verpackung und Klassifikation der Baumwolle nebst den dazu gehörigen Maschinen zur Anschauung. In der Petroleumausstellung interessierten besonders die Modelle der Zisternenschiffe zum Transport des Erdöls. Es bürgert sich die Beförderung desselben statt in Fässern, in eisernen Behältern ein, aus welchen das Öl bei der Ankunft erst in geeignete Transportgefäße oder in Zisternenbahnwagen gepumpt wird. Einen Ausstellungsgegenstand bildete endlich in Bremen die von Thomson-Houston gebaute elektrische Bahn. Leider steht die Ausführung dieser Bahn nicht ganz auf der Höhe der von Siemens U. Halske in Lichterfelde gebauten elektrischen Bahn.

Von A., die einen allgemeinern Charakter an sich trugen, ist noch diejenige zu Tokio (Japan) zu erwähnen. Dieselbe war durchaus national und rein gewerblich. Sie zeugte namentlich von den bedeutenden Fortschritten der Japaner im Maschinenbau. Bei den Baulichkeiten, welche, von einer abgesehen, nur provisorisch waren, herrschte an Stelle des Eisens vielfach der nationale Bambusstock vor. Einen guten Eindruck machte namentlich die Eintrittshalle mit ihren Bambusstäben und Querträgern. Die Ausstellung war in allen Teilen elektrisch beleuchtet.

In Straßburg fand eine Ausstellung der landwirtschaftlichen Gesellschaft statt. Auf derselben war unter anderm die künstliche Fischzuchtanstalt in Hüningen glänzend vertreten; die Aufmerksamkeit der Besucher erregte aber hauptsächlich der von der Bergedorfer Eisengießerei nach dem de Lavalschen Patent hergestellte Butterseparator, welcher hier zum erstenmal im Betrieb vorgeführt wurde. Diese Maschine kennzeichnet sich als eine Ergänzung der bekannten Milchschleuder, welche die Sahne von der Magermilch trennt. Die Sahne gelangt hierauf in einen zweiten Schleuderapparat, in welchem sie verdickt wird. Die Masse erhält jedoch die Buttereigenschaften dadurch noch nicht. Es bedarf dazu noch der Verarbeitung auf dem Knetbrett. Die Maschine arbeitet vortrefflich und ohne Störung. Im September fand auch in Mainz eine reichhaltige Ausstellung von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten statt.

Großartig angelegt war die Wiener land- und forstwirtschaftliche Ausstellung, welche aus Deutschland und Frankreich reich beschickt war. Sie förderte aber ebensowenig wie die Straßburger Epochemachendes zu Tage. Hervorzuheben wären hauptsächlich die Ausstellung des Königreichs Sachsen, welches sein landwirtschaftliches Versuchs- und Unterrichtswesen vorführte, sowie die Hopfenausstellung der weltbekannten Dreherschen Brauerei. Diese bestand aus dem Modell eines vollständigen Hopfengartens, als einer Nachbildung der ausgedehnten Hopfengärten auf dem Dreherschen Gute Michelob. Das alte System der Stangen ist hier vollständig verlassen; diese vertreten starke eiserne Pfosten, von denen sich kreuz und quer Drähte ziehen; von diesen hängen wiederum Schnüre zum Boden, an welchem sie verankert sind. An diesen Schnüren wird der Hopfen gezogen. Die Drähte sind zum Schutze gegen Rost verzinnt. Von landwirtschaftlichen A. wäre sonst noch diejenige der Royal Agricultural Society zu verzeichnen, welche dieses Jahr in Plymouth stattfand. Auf derselben spielte die Milchschleuder die Hauptrolle. Wesentlich Neues brachte auch sie nicht.