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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bellamy; Belot; Bembo; Benfey; Béniers Motor; Benjamin; Benk; Benlliure y Gil

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Bellamy - Benlliure y Gil.

ihren Gegnern konnten die Klerikalen ungestört im Genuß ihrer Herrschaft bleiben. Dazu kam, daß der Einfluß der Liberalen durch die nationale Spaltung geschwächt wurde. Ihre Mehrzahl war wallonisch und franzosenfreundlich, die Vlämen dagegen den Franzosen abgeneigt. Diese feierten 18. Juni auf dem Schlachtfeld von Waterloo die Erinnerung an die Befreiung Belgiens von der Fremdherrschaft und begrüßten in Ostende mit Jubel den Kaiser Wilhelm II., der den König Ende August besuchte. Die Wallonen gedachten dagegen 9. Nov. die Erinnerung an die Schlacht von Jemappes zu feiern, durch welche B. mit der französischen Republik vereinigt wurde; die Feier, zu der sich mehrere Mitglieder des Pariser Gemeinderats angemeldet hatten, wurde durch die Obrigkeit verboten. Auch die Regierung ließ sich die Zugeständnisse an die Vlämen einzeln abringen, so 1891 die Errichtung einer vlämischen Kammer bei dem Brüsseler Appellhof, wodurch die vlämischen Liberalen mehr und mehr auf die Seite der Radikalen gedrängt wurden und das Verlangen nach einer durchgreifenden Verfassungsdurchsicht sich zu eigen machten. Die Bewegung für das allgemeine Stimmrecht schwoll daher von Tag zu Tag an, und selbst die Klerikalen neigten sich teilweise einer bedeutenden Erweiterung des Wahlrechts zu. In den Arbeiterkreisen fuhr es fort zu gären, und die bedenklichen Zustände im Heer, in dem noch immer nicht die allgemeine Wehrpflicht eingeführt war, führten Anfang Februar 1891 in Brüssel zu Meutereien.

Bellamy, Edward, nordamerikan. Schriftsteller, geb. 1850 zu Chikopee Falls (Massachusetts), studierte auf dem Union College zu New York und ein Jahr lang in Deutschland Rechtswissenschaft, wandte sich aber bald journalistischer Thätigkeit zu, 1871 bei der New York Evening Post, im nächsten Jahre bei der Springfield Union und lebt seit 1876 ganz der Litteratur. Weit über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus bekannt wurde Bellamys Name durch den sozialistischen Zukunftsroman »Looking backward, 2000-1887« (1888), der binnen kurzem in Amerika wie in zahllosen Übersetzungen (deutsch u. d. T.: »Ein Rückblick aus dem Jahr 2000«) eine nach Hunderttausenden zählende Verbreitung fand. Seine frühern Schriften: »A Nantucket idyll«, »Dr. Heidenhoff's Process« (1884), »Miss Ludington's sister« (1884), »The blind man's world« u. a. erschienen darauf ebenfalls in deutschen Übertragungen.

Belot, Adolphe, franz. Dramatiker und Romanschriftsteller, starb 19. Dez. 1890 in Paris.

Bembo, Pietro, Humanist. Vgl. Cian, Un decennio della vita di P. B., 1521-31 (Turin 1885).

Benfey, Theodor, Sprachforscher. Eine Auswahl seiner »Kleinen Schriften« gab Bezzenberger heraus (Berl. 1889, Bd. 1).

Béniers Motor, s. Feuerluftmaschine.

Benjamin, Samuel Greene Wheeler, amerikan. Schriftsteller und Künstler, geb. 1837 zu Argos in Griechenland als Sohn eines Missionars, wurde seit 1859 auf dem William's College gebildet, bekleidete darauf eine Stelle als Unterbibliothekar in der New Yorker Staatsbibliothek zu Albany und ging dann auf drei Jahre nach Europa, wo er sich ausschließlich mit Kunststudien beschäftigte. B. ist Mitarbeiter der hauptsächlichsten illustrierten Zeitschriften Amerikas und Englands und hat sich für Anbahnung eines gesunden Kunstverständnisses in Amerika große Verdienste erworben. Er lebt gegenwärtig in New York. Von seinen Schriften sind zu nennen: »Constantinople, Isle of Pearls, and other poems« (1860); »Ode on the death of Abraham Lincoln« (1865); »The Turk and the Greek« (1867); »The choice of Paris« (1870); »What is art?« (1877); »Contemporary art in Europe« (1877); »The multitudinous islands« (1879); »The Atlantic islands« (1879); »Art in America« (1880); »The world's paradise« (1880); »Troy, its legend, literature and topography« (1880); »Our American artists« (1880 bis 1881, 2 Bde.); »Cruise of the Alice May in gulf of St. Lawrence« (1884); »Persia and the Persians« (1886) und in dem Sammelwerk »Story of nations« der Band »Persia« (1888).

Benk, Johannes, österreich. Bildhauer, geb. 29. Juli 1844 zu Wien, begann seine Studien auf der dortigen Akademie, wo er für eine Gruppe: Genovefa lehrt den Schmerzenreich beten, 1868 den Reichel-Preis erhielt, bildete sich dann im Atelier Hähnels zu Dresden und durch Studien in Florenz und Rom weiter und ließ sich 1871 in Wien nieder, wo er sich zumeist in der monumentalen und dekorativen Plastik zur äußern und innern Ausschmückung öffentlicher Bauten bethätigte. Für die Parlamentsgebäude schuf er vier Doppelkaryatiden und eine in Marmor ausgeführte Giebelgruppe: Innere Verwaltung, die ihm 1884 die Karl Ludwigs-Medaille eintrug, für das kunsthistorische und das naturhistorische Museum die Steingruppen Plastik und Amor und Psyche und die Bronzefiguren Pallas Athene und Helios, für den Festsaal des Rathauses die Statuen der Bürgermeister Trau und Vorlauf und für das Treppenhaus des Arsenalmuseums eine Gruppe der Austria. Einen sehr großen Anteil hatte er an der plastischen Ausschmückung des neuen Hofburgtheaters, für das er zwei Geniengruppen auf dem Dache des Bühnengebäudes, vier Kentauren an der Fassade des Treppenhauses, sechs Gruppen für die Nischen des ersten Stockwerks, die Personifikationen der Schönheit, Weisheit, Wahrheit und Dichtung für die Treppenhäuser und die mit reichem Bronzeschmuck versehene Marmorstatue der Klytia für den Kaisergang ausgeführt hat. Letztere, zugleich als Trägerin von Beleuchtungskörpern dienend, ist in zahlreichen Nachbildungen weit verbreitet worden. Von seinen übrigen Schöpfungen sind noch das Grabdenkmal des Malers Amerling auf dem Zentralfriedhof und ein Brunnen auf dem Hauptplatz in Währing hervorzuheben. Benks Begabung wurzelt in der Darstellung weiblicher Anmut und Körperschönheit und in dem Ausdruck feiner seelischer Empfindung. Mit einer edlen Formenbildung, die aus dem Stile der italienischen Renaissance abgeleitet ist, aber ein modernes, spezifisch Wienerisches Gepräge trägt, verbindet er ein großes Geschick im Aufbau rhythmisch bewegter Gruppen.

Benlliure y Gil, José, span. Maler, geb. 1855 zu Valencia als der Sohn eines Malers, von dem er den ersten Unterricht erhielt. Sein Talent kam so frühzeitig zum Durchbruch, daß er schon in seinem 9. Jahre Bilder malte. Im 14. Jahre ging er nach Madrid, wo er sich bei Francisco Domingo weiter ausbildete. Im J. 1878 ging er nach Rom, wo er seitdem, wie viele seiner spanischen Kunstgenossen, seinen Wohnsitz behalten hat. Er behandelt in seinen Bildern, die eine zu höchstem Raffinement ausgebildete Virtuosität des Kolorits im Verein mit realistischer Lebendigkeit der Darstellung zeigen, teils Szenen aus dem spanischen Volksleben, teils phantastische Motive, die bisweilen auf eine die Nerven erregende Wirkung ausgehen. Für ein großes Bild dieser Gattung: eine Vision im Kolosseum, ein gespenstisches Nachtstück,