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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bewässerung; Bewegung

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Bewässerung - Bewegung.

dazu Cheysson, La question de la population en France et à l'étranger (das. 1885). Für Italien in den letzten Jahrhunderten vgl. Beloch im »Bulletin de l'Institut international de statistique«. Bd. 3. Bekanntlich ist auch Süßmilchs »Göttliche Ordnung etc.« (1742) wichtig, insbesondere was die Erscheinungen der Bevölkerungsbewegung anbelangt (vgl. Bd. 2, S. 851). Über China und Japan vgl. den Vortrag von Mayet in Jokohama: »Japanische Bevölkerungsstatistik, mit Hinblick auf China« (auch Berl. 1888). Einen Überblick über die Bevölkerung Europas seit 1000 Jahren gab v. Inama-Sternegg anläßlich des sechsten Demographischen Kongresses (Berichte 1887 u. 1888).

Bewässerung. Am wirksamsten ist die B. auf Lehmboden und Lehmmergelboden, während der Sandboden zufolge seiner großen Durchlässigkeit, namentlich bei durchlässigem Untergrund, zu bedeutende, oft nur schwer zu beschaffende Wassermassen notwendig macht und der Thonboden besonders bei undurchlässigem Untergrund Veranlassung zur Versumpfung und schädlichen Erkältung gibt. Vor der Ausführung einer B. muß deshalb die Beschaffenheit des Bodens sowie des Untergrundes der Wiese mit Bezug auf die klimatischen Verhältnisse und die Grasvegetation genau in Erwägung gezogen werden. Nach den Untersuchungen von Stebler u. Schröter (»Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz«, 1. Bd., Bern 1887) ist ausnahmslose Wirkung der B. einzig und allein die Steigerung des quantitativen Ertrags bis auf das Dreifache. Die Veränderung der botanischen Zusammensetzung der Grasnarbe dagegen und damit im Zusammenhang der Beschaffenheit des Futters findet je nach Bodenart und örtlicher Lage bald in verbessernder (durchlässiger Boden, trockne Lage), bald in verschlechternder Richtung (bindiger Boden, frische Lage) statt. Das Wasserfutter ist bald besser und bald schlechter als das unter gleichen Bedingungen gewachsene Trockenfutter. Die Wasserverluste, welche bei der Verwendung des Wassers zur B. durch Versickerung und Verdunstung durch die Pflanzen und von dem Boden entstehen, sind je nach der Bodenbeschaffenheit, dem Grundwasserstand, der Neigung des Bodens, der Temperatur und dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft und der Windstärke sehr verschieden; nach König beträgt die Wasserabnahme für jede Benutzung auf westfälischen Wiesen bei der Herbstbewässerung 1,18-3,67, bei der Frühjahrsbewässerung 0-4,60 und bei der Sommerbewässerung 6,48-8,57 Proz. Nach weitern Versuchen (»Landwirtschaftliche Jahrbücher«, Berl. 1885) beträgt der Verlust an Wasser bei ein- bis zweimaliger Benutzung zur Herbst- und Frühjahrsrieselung im Durchschnitt 9-15 Proz. des aufgeleiteten Wassers; er ist um so größer, je geringer die aufgeleiteten Wassermengen sind.

Bewegung, in der Physiologie und Psychologie eine durch Muskelbeugung oder -Streckung hervorgerufene Lageveränderung am menschlichen Körper. Sie wird dem Menschen unmittelbar bewußt durch die sogen. Bewegungsempfindungen, deren sehr zusammengesetzte Natur bisher der Zergliederung große Schwierigkeiten geboten hat. Am deutlichsten ausgebildet sind die Bewegungsempfindungen, die sich auf Umfang und Energie der B. beziehen, und zwar unterscheiden wir in dem einfachsten Falle eines zu hebenden Gewichts die Kraftempfindung, welche dem Gewicht entspricht, und die Kontraktionsempfindung, welche der Hubhöhe entspricht. Bei jeder B., sei sie (aktiv) durch Innervation von Muskeln oder (passiv) durch äußere Mächte hervorgerufen, haben wir eine Vorstellung von Kraft, Umfang, Richtung und Geschwindigkeit der betreffenden B., wodurch dieselbe zu einem raum-zeitlichen Geschehnis wird. Für die Einteilung der Bewegungen muß wohl beachtet werden, daß jeder, auch der scheinbar rein mechanischen B., eine durch einen Reiz veranlaßte Empfindung zu Grunde liegt; man darf daher nicht zwischen automatischen und reflektorischen Bewegungen einerseits, den übrigen Bewegungen anderseits in dem Sinne scheiden, als ob jene physischer, diese psychophysischer Natur seien. Keine B. ohne Empfindung, ebenso wie keine Empfindung ohne B., denn jeder innere Vorgang äußert sich in freilich oft unbemerkten Bewegungen. Die B. als Mittel des psychophysischen Lebewesens, um auf die Reize der Außenwelt zu reagieren und sein Selbstgefühl zu bethätigen, steht in der Reflexerscheinung (s. d., Bd. 13) auf der niedrigsten Stufe. Und zwar trennt man zwischen physischen Reflexen (z. B. Lidschluß bei Berührung des Augapfels) und psychischen Reflexen (z. B. Lidschluß bei Annäherung eines Fingers gegen das Auge). Den letztern stehen die Nachahmungsbewegungen nahe, welche ganz unwillkürlich beim Anblick einer B. oder bei Erinnerung an frühere eigne Bewegungen ausgeführt werden, und die mehr pathologischen Fortsetzungsbewegungen, welche in der Wiederholung einer psychischen Reflexbewegung zu bestehen scheinen. Einen gleichfalls unwillkürlichen Charakter tragen die zahllosen automatischen Bewegungen, die wir beim Gehen, Schreiben etc., ohne Kenntnis von ihnen zu haben, ausführen, und die wir, insoweit sie ehemals eingeübt worden sind, als gewohnheitsmäßige Bewegungen bezeichnen. An sie schließen sich die Instinktbewegungen, welche zwar ganz die zweckmäßige Beschaffenheit willkürlicher Bewegungen besitzen, aber thatsächlich doch ohne Überlegung ausgeführt werden; sie sind entweder selber ererbt oder stammen aus ererbten Dispositionen. Mit ihnen sind die Triebbewegungen verwandt, die sich schon beim Neugebornen in dem impulsiven Zappeln äußern, einen Gefühlston mit sich führen und teils mit Lust verbunden zur Nahrungsaufnahme (Begattung), teils mit Unlust verbunden zu Schutz oder Abwehr dienen. Sie werden durch Erinnerungsbilder vertieft, durch individuelle Erfahrung verinnerlicht. Ihnen stehen nahe die bei gewissen Gemütszuständen auftretenden Ausdrucksbewegungen. Starke Hirnerregungen haben Muskelkontraktionen oder Thätigkeiten der Absonderungsorgane (z. B. der Thränendrüsen) zur Folge; lebhafte Sinnesempfindungen erzeugen Bewegungen, die sich später mit den Empfindungen ähnlicher Stimmungen associieren, wie beispielsweise das Gefühl des Unangenehmen (etwa eines Anerbietens) dieselben Mundverziehungen auslöst, welche ursprünglich beim Schmecken eines bittern Stoffes auftraten. Deshalb spricht man sehr richtig von »süßem« Lächeln, »saurer« Miene etc. (vgl. Mimik, Bd. 11).

Auf einem andern Brett stehen die Willkürbewegungen, welche von dem Gefühl der Freiheit, d. h. dem Bewußtsein des Anderskönnens (gleichgültig ob dieses Gefühl objektiv berechtigt ist oder nicht), begleitet sind. Wie die Zergliederung des Bewußtseins (s. d.) und der Vorstellung (s. d.) zeigt, sind in jedem Augenblick des normalen wachen Lebens ungezählte psychische Momente thätig, ohne direkt dem im Vordergrund befindlichen Vorstellungsablauf anzugehören. Sie bilden, psychologisch ausgedrückt, den zentralen Zusammenhang des Seelenlebens, physiologisch gesprochen, die regulierende