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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bremse; Brennkegel; Breßlau; Briefkarte; Briefmarke; Brieftauben

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Bremse - Brieftauben.

verglichen, sind die Ausgaben für 1890/91 um 1,052,000 Mk. höher, die Einnahmen um 553,000 Mk. niedriger veranschlagt. Die Staatsschuld betrug 1. April 1890: 69,815,050 Mk. und hat gegen das Vorjahr um 377,900 Mk. abgenommen. Von der für die Anlage des Freihafens ausgeworfenen Summe von 34½ Mill. Mk. waren 1. April 1890: 25 1/7 Mill. Mk. verausgabt, und zwar 23 1/7 Mill. Mk. für B., der Rest für Bremerhafen.

Bremse. Zur Bremsung von Eisenbahnzügen sind in den letzten Jahrzehnten mehrfach elektrische Bremsen versucht worden. Gerade der Gedanke der Verwendung der Elektrizität zu diesem Zweck hat etwas sehr Verlockendes, weil sie eine ungemein schnelle Bewegungsübertragung von der Lokomotive bis zum letzten Wagen eines Eisenbahnzuges gestattet. Es ist daher eine ganze Reihe von elektrischen Bremsen entstanden, welche jedoch nirgendwo dauernd und in größerm Umfang Verwendung gefunden haben. Immerhin bieten sie in konstruktiver Hinsicht manches Interessante. Bei der Achardbremse wird ein runder, stabförmiger Elektromagnet verwendet, der, um seine Längsachse drehbar, parallel zu einer Wagenachse aufgehängt ist. Die ringförmig verstärkt ausgeführten Pole stehen dabei zwei auf der Wagenachse angebrachten Scheiben gegenüber. Soll gebremst werden, so wird ein elektrischer Strom durch den Magneten entsendet; durch den Magnetismus werden die Pole gegen die Scheiben fest angelegt, so daß sie wie Reibungsräder wirken, die Pole von den Scheiben in Drehung versetzt werden und auf ihre Achse eine Kette aufwickeln, durch welche die B. angezogen wird. Diese B. ist natürlich nicht selbstthätig. Ein mit derartiger B. ausgerüsteter Zug ist 4 Jahre lang zwischen Tours und Les Sables d'Or ohne Störung gelaufen. Die Parkbremse wirkt durch eine Stange, welche durch ein auf einer Wagenachse befestigtes Exzenter fortwährend hin und her bewegt wird. An ihrem Ende, gegenüber einem mit Sperrzähnen versehenen Rade einer Kettentrommel, ist eine Sperrklinke angebracht, welche jedoch für gewöhnlich ausgerückt ist und erst in den Bereich des Sperrrades kommt, wenn ein elektrischer Strom geschlossen wird. Dann wird das Rad ruckweise umgedreht und eine zur B. führende Kette auf die Trommel aufgewickelt und so angezogen. Ein Gegensperrkegel verhindert die Rückbewegung der Trommel beim Rückgang des beweglichen Sperrkegels. Wird der elektrische Strom unterbrochen, so hört letzterer auf zu wirken, der Gegensperrkegel aber hält die Bremskette gespannt, also die B. in Thätigkeit. Um die B. zu lüften, muß ein Strom in einer zweiten Leitung entsendet werden, welcher den Gegensperrkegel aushebt. Die B. arbeitet nur bei geringen Fahrgeschwindigkeiten befriedigend. Bei der Cardbremse nötigt ein elektrischer Strom zwei Trommeln zum Eingriff ineinander; die eine wird von einer Wagenachse aus mittels einer Kette beständig in Umdrehung erhalten, die andre trägt die Bremskette und legt durch ihre Umdrehung die B. an. Hier wird also durch den elektrischen Strom eine Art Kuppelung eingerückt. In ähnlicher Weise wirkt die Waldumer B. Bei dieser liegt unter jedem Wagen eine wagerechte Welle, welche den Kern eines in einer Trommel eingeschlossenen Magneten bildet. Einerseits trägt die Trommel ein Rad, welches durch eine endlose Kette mit einer als Trommel für die Bremskette dienenden Hilfswelle verbunden ist. Anderseits trägt auch die Welle (der Kern) des Elektromagneten ein Rad, welches auf sie von einer Wagenachse aus eine beständige Drehung überträgt. Wird ein Strom durch den Elektromagneten gesendet, so wirken seine Pole auf innerhalb der Trommel parallel zur Achse angebrachte, radial verschiebbare Eisenstäbe anziehend, und zufolge der so hervorgebrachten Reibung muß die Trommel an der Drehung des Elektromagneten teilnehmen und die Bremskette anspannen. Je stärker der elektrische Strom ist, desto starker wird auch die Reibung der Eisenstäbe, somit die Anspannung der Kette und die Wirkung der B. werden. Der Stromerzeuger, eine Dynamomaschine, steht auf der Lokomotive. Bringt man am letzten Wagen eine zweite Elektrizitätsquelle an, so wird die B. selbstthätig. - Sawiczeski wollte Elektromagnete unmittelbar bremsend auf die Kränze der Räder wirken lassen; die Wirkung war jedoch nur schwach. Siemens und Boothby brachten unter jedem Wagen eine Dynamomaschine an, welche mittels Schraube ohne Ende einen auf der Achse der Bremshebel sitzenden Zahnbogen bewegte. Marcel Deprez ordnete kräftige Elektromagnete an, deren Pole eine auf einer Wagenachse sitzende Kupferscheibe umfaßten. Die Ströme, welche bei der Bethätigung des Magneten in der Scheibe erregt wurden, sollten sich der Drehung der Scheibe widersetzen, also bremsend auf die Achse wirken. Als Hilfskraft wendeten Westinghouse und Carpenter die Elektrizität bei ihren Luftdruckbremsen an, um an den einzelnen Bremsen Ventile zu öffnen, kamen aber nach der Erprobung der schnell wirkenden Funktionsventile (s. Band 17, S. 167) wieder davon ab.

Brennkegel, s. Thonwaren.

Breßlau, Harry, deutscher Geschichtsforscher, wurde Ostern 1890 als ordentlicher Professor der Geschichte an die Universität Straßburg berufen.

Briefkarte, s. Karte.

Briefmarke. Nach neuern Forschungen ist der Erfinder der gummierten Postfreimarke der Buchhändler John Chalmers aus Dundee (gest. 1853), welcher den in allen Einzelheiten ausgearbeiteten Vorschlag unter Beifügung von Probestücken gummierter Freimarken dem britischen Schatzamt vorlegte. Der Vorschlag gelangte im November 1837 zur Kenntnis des mit der Prüfung der Rowland Hillschen Postreformvorschläge beauftragten Ausschusses aus dem Hause der Gemeinen und wurde 1840 ausgeführt. Die Durchlochung der Briefmarkenbogen zur bequemern Abtrennung einzelner Stücke ist 1852 von dem Engländer Archer erfunden worden, welcher dafür eine Belohnung von 4000 Pfd. Sterl. erhielt. Vgl. Patr. Chalmers, James Chalmers, inventeur du timbre-poste adhésif (Lond. 1889). In der ganzen Welt sind zur Zeit etwa 13,000 verschiedene Postwertzeichen verausgabt. Die amtliche Sammlung des Reichs-Postmuseums enthielt im Oktober 1890: 11,600 Stück. Das 50jährige Jubiläum der B. ist 1890 durch drei Ausstellungen: in Wien, Magdeburg und London, gefeiert worden, von denen die letztere besonders großartig war. Seit 1889 hat auch Berlin eine Briefmarkenbörse. - 1889/90 betrugen die Herstellungskosten der in der Reichsdruckerei für die deutsche Reichspost angefertigten Postwertzeichen 1,905,535 Mk. Zur Zeit liefert das Institut täglich 1,500,000 Stück Zehnpfennigmarken. - Zur Litteratur: Krause, Lehrbuch der Philatelie (Leipz. 1889); Lietzow, Handbuch der Filatelie (2. Aufl., Berl. 1888 ff.); Rothschild, Histoire de la poste et du timbre-poste (4. Aufl., Par. 1878); Finke, Geschichte des Penny-Porto-Systems und der B. (Leipz. 1890).

Brieftauben (Militärbrieftaubenwesen). Die dem belagerten Paris 1870/71 von den B. geleiste-^[folgende Seite]