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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Englische Litteratur

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Englische Litteratur (Staats- und Kulturgeschichte).

den Geschilderten ausfällt und die vorausgegangenen Biographien desselben von Henry James und dem Sohne Julian vollkommen ersetzen durfte. Wemyß Reid bringt »The life, letters and friendships of Monkton Milnes, Lord Houghton«, der, selbst ein Dichter, den persönlichen Umgang und die Hochschätzung vieler ihm Überlegener genoß. - Das große »Dictionary of National Biography« ist bis zum 24. Bande (Ha) gelangt.

Staats- und Kulturgeschichte.

In erster Linie stehe hier die Vollendung eines monumentalen Werkes. Mit dem siebenten und achten Bande hat William Edward Lecky die »History of England in the XVIII. century« zu Ende gebracht; die ersten Bände waren 1878 erschienen. Lecky ist auch durch Übersetzungen seiner frühern Werke, die Geschichte des Rationalismus, die Geschichte der Moral von Augustus bis Karl d. Gr., in Deutschland wohl bekannt. Beim Schluß des oben genannten Buches stehen die irischen Angelegenheiten im Vordergrund. Lecky ist Ire und hat bei frühern Gelegenheiten ein warmes Herz für die Leiden Irlands bewiesen. Aber als Gladstone vor vier Jahren zu Parnell überlief, wandte sich Lecky als irischer Patriot mit Entrüstung von den vorgeschlagenen Heilmitteln ab. »Kein größeres Übel«, sagt er, »kann über eine Nation hereinbrechen, als daß sie hauptsächlich durch Verschwörer, Abenteurer oder berufsmäßige Wühler vertreten und geleitet wird, und keine schärfere Verurteilung kann über ein politisches System ausgesprochen werden, als daß es naturgemäß zu einem solchen Ergebnis führt.«

Hier schließt sich an: »Ireland under the Tudors« von R. Bagwell, das mit dem dritten Bande noch nicht beendet ist; seine große Sorgfalt in den Einzelheiten wäre vielleicht doch mit größerer Freiheit des Umblicks zu vereinen gewesen, wie sie Gibbon verstand. Man ist in Gefahr, durch das Detail erdrückt zu werden. Hierher gehören ferner: »With Essex in Ireland«, Auszüge aus einem Tagebuch, welches 1599 Heinrich Harvey, Sekretär des Grafen Essex, geführt hat, und das jetzt mit Einleitung von seinem Abkömmling Emily Lawleß herausgegeben wurde; »Church and State under the Tudors« von Gilbert Child, eine fleißige Arbeit, und »The Stuart dynasty« von Percy M. Thornton. Für das letztere, reich ausgestattete Werk hat Königin Viktoria die Benutzung von Dokumenten gestattet, welche in ihrem Besitz auf Schloß Windsor sind, und es wird vermutet, daß das Buch in wichtigen Punkten die Ansicht der Königin ausspreche. Die Frage über das Maß der Schuld Maria Stuarts wird nochmals hervorgezogen, und der Verfasser neigt sich zur Ansicht, daß wenigstens an dem Morde Darnleys die schöne schottische Königin unschuldig sei. Die alten »Casket letters«, auf deren belastendes Zeugnis von den Gegnern Gewicht gelegt wird, wurden in den Gerichtsverhandlungen als eigenhändig und unterzeichnet eingeführt, aber sie sind es nicht. Sie waren ein Jahr lang in der Hut Mortons, des Feindes der Königin, geblieben und wurden den Kommissaren in York in schottischer Sprache und in Westminster auf Französisch vorgelegt. Seitdem sind die Urschriften verschwunden. Es wird hier auch angenommen, daß einige echte Briefe, die aber an Darnley, nicht an Bothwell gerichtet waren, den gefälschten in dem Kistchen beigefügt worden. Eine weitere hochwichtige Sammlung von Dokumenten aus dieser Zeit zeigt sich in dem »Calendar of State papers etc., relating to English affairs, in the archives of Venice«, von 1558 bis 1580, von Rowden Brown und Cavendish Bentinck im Auftrag der englischen Regierung herausgegeben. Wie bedeutend zu allen Zeiten die Mitteilungen der scharfsichtigen Diplomaten Venedigs gewesen und wie wichtig für die Geschichtschreibung ihre Berichte sind, ist allgemein bekannt. Hier aber ist zu bemerken, daß während der angegebenen Periode und bis zum Ende von Elisabeths Regierung die Republik keine Gesandten am Hofe der ketzerischen Königin hielt, aber um so eifriger waren ihre Vertreter in Paris, Madrid, Brüssel und Wien bemüht, sich auf Privatwegen Mitteilungen über England zu verschaffen, welche hier zu finden sind; vieles von hohem Interesse erscheint über Elisabeth, Maria Stuart, Katharina von Medici, Philipp II., Don Karlos, die spanische Königin Elisabeth und jenen Chastelard, der Maria Stuart geliebt, und dem Swinburne in seiner gleichnamigen (1865 erschienenen) Tragödie einen höhern Charakter verliehen, als die Dokumente ausweisen. Bemerkenswert ist noch, daß aus den venezianischen Archiven für diese Periode die sämtlichen Depeschen aus Frankreich vom 24. Febr. 1572 bis 6. April 1573 verschwunden sind, welcher Zeitraum die Bluthochzeit einschließt. Eine andre Reihe von Regierungsmitteilungen aus den Archiven spricht über Heinrich VIII.; der letzt erschienene Band gibt uns den Aufstand Askes in Nordengland, die sogen. Pilgrimage of Grace, und die 1537 erfolgte Unterdrückung der Bewegung. Der Historiker Gardiner (s. d., Bd. 17) hat als Nachtrag zu seinem großen Werke herausgegeben: »The constitutional documents of the Puritan revolution, 1628-60«. Ins Mittelalter gehen zurück: »The house of Wallace« von A. Rogers und die »Chronicles of Robert of Forigni, abbot of the monastery of St. Michel in peril of the sea« von Richard Howlett, im Auftrag der englischen Regierung herausgegeben, indem es einen Band der »Chronicles of the reigns of Stephen, Henry II. and Richard I.« bildet. Dies wichtige Geschichtswerk hat schon früher einen deutschen Bearbeiter in Dr. Bethmann gefunden, auch einen französischen in Delisle, der neue Herausgeber benutzt indes mehrere Handschriften (auch eine des Vatikans), welche bei den frühern unbeachtet geblieben waren. Der mönchische Geschichtschreiber hatte für seine Abtei allerlei Vorteile von König Heinrich II. erhalten, und er zeigt sich nicht undenkbar. Über unangenehme Dinge weiß er gar zart hinwegzugehen; Unwahres sagt er nicht, aber die volle Wahrheit weiß er zu verschweigen, und des schrecklichen Mordes des Erzbischofs Thomas a Beckett gedenkt er nur mit den Worten: »ruit ense Thomas«.

Weiter zurück liegen die »Sancta Res publica Romana; history of Rome and Italy from the division of the Roman world to the breaking up of Charlemagne's empire« von Richard Wrightson, und in Parallele hiermit das geistreiche Buch von J. B. ^[John Bagnell] Bury: »History of the later empire, from Arcadius to Irene, 395-800«, zu welchem Frau Bury einen Beitrag über byzantinische Kunst geliefert hat. In den Osten und die mohammedanische Welt führen uns: »Palestina under the Moslems: Syria and the Holy Land from 650 to 1500«, ein klares, sorgfältig gearbeitetes Werk, welches Guy le Strange aus den Werken arabischer Schriftsteller des Mittelalters kompiliert hat; Stanley Lane-Pooles »The Barbary corsairs«, welches sich dessen »Turkey« und »The Moors in Spain« anschließt; W. D. Morrisons »The Jews under the Roman rule« und John Andersons »Early English intercourse with Siam in the 17. century«.