Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kanada; Kanalbrücke

471

Kanada - Kanalbrücke.

seldorf besonders unter P. Janssen und E. v. Gebhardt zum Geschichtsmaler aus, machte sich aber zuerst auf der Berliner Kunstausstellung von 1886 durch ein realistisches Genrebild mit lebensgroßen Figuren (letzte Aussage) bekannt, das das Verhör eines im Wirtshausstreit tödlich verwundeten Arbeiters durch einen Polizisten darstellt. Die große Kraft und Wahrheit der Charakteristik, die diesem Bilde trotz des abstoßenden Motivs hohe Anerkennung erwarben, übertrug K. auch auf die figurenreichen Geschichtsbilder, die er in den folgenden Jahren ausführte: der Choral von Leuthen (Wandgemälde im Hause des Fabrikbesitzers Peill in Düren, wo K. auch ein allegorisches Wandbild: Wein, Weib, Gesang, ausführte), im Dome zu Berlin in der Nacht von 13. zum 14. März 1888 (Aufbahrung der Leiche Kaiser Wilhelms I., in der Neuen Pinakothek zu München), Bon soir, Messieurs! (Friedrich II. nach der Schlacht bei Leuthen im Schlosse zu Lissa), Einsegnung von Freiwilligen im J. 1813 und Zieten an der Tafel Friedrichs II. eingeschlafen. K. hat Studienreisen in Frankreich, Belgien, Holland und Deutschland gemacht und ist jetzt Assistenzlehrer des Professors Janssen an der Düsseldorfer Akademie. 1890 erhielt er für das Bild: die letzte Aussage eine zweite Medaille der Münchener Ausstellung.

Kanada. Geschichte. Die Beziehungen Kanadas zu der großen Nachbarrepublik wurden immer schwieriger. Abgesehen von den Streitigkeiten über die Fischereigerechtsame, deren friedliche Schlichtung scheiterte, bedrohte die Mac Kinley-Bill (s. d.) K. mit der Ausschließung vom Markte der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Diese Gefahr verschaffte den zahlreichen Anhängern einer Vereinigung mit letztern in K. neue Kraft, zumal das Gefühl der Anhänglichkeit an das Mutterland in K. nicht sehr lebhaft ist und sich die Kolonie vor Jahren schon gegen England durch Schutzzölle abgeschlossen hat. Zunächst vertrat die Opposition den Grundsatz unbeschränkter Gegenseitigkeit im Verkehr mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika, während der Ministerpräsident Sir John Macdonald und die konservative Partei im Parlament sich für einen Vertrag mit der Union mit beschränkter Gegenseitigkeit erklärten, der auch die Fischereiverhältnisse zu ordnen hätte. Die englische Regierung war mit diesem Vorschlag einverstanden, deshalb löste der englische Statthalter Lord Stanley 3. Febr. 1891 plötzlich das Unterhaus auf und schrieb für Anfang März Neuwahlen aus. Macdonald hoffte dadurch seine Gegner zu überrumpeln und durch den Ausfall der Wahlen die bisherige Regierungsmehrheit von 50 Stimmen so zu vermehren, daß seine Herrschaft dauernd gesichert werde. Indes täuschte er sich sehr. Die Opposition unter Laurier und Sir Richard Cartwright wußte besonders in den an die Union grenzenden Provinzen Ontario und Quebec mit großem Erfolg zu agitieren, und das Ergebnis der Wahl 5. März war, daß die Konservativen 25 Sitze verloren und die Mehrheit des Ministeriums im Unterhaus von 50 auf 25 Stimmen herabsank. Wenn die Regierung auch mit dem Parlament weiter regieren konnte, so hatte doch der Zusammenhang mit England eine Lockerung erfahren.

Kanalbrücke. Der Gedanke, England und Frankreich an der engsten Stelle des Kanals durch einen festen Verkehrsweg zu verbinden, ist nicht neu. Schon 1802 legte der Bergingenieur Mathieu dem Ersten Konsul der französischen Republik den Plan einer unterseeischen Kanalverbindung vor. Unter den mehrfachen seitdem gemachten Vorschlägen eines unterseeischen Verkehrswegs ragt der auf gründliche geologische Vorarbeiten gestützte Entwurf eines Kanaltunnels des französischen Ingenieurs Thomé de Gamond hervor, auf dessen Arbeiten sich die 1882 dem Parlament zur Genehmigung unterbreiteten beiden Tunnelentwürfe der englischen Südostbahngesellschaft unter Watkins und der von Hawkshaw geleiteten englischen Kanaltunnelgesellschaft stützen. Obwohl an der technischen Ausführbarkeit niemand zweifelte, so scheiterte doch 1884 die Ausführung eines Tunnels an dem Widerstand der öffentlichen Meinung in England und an der Ablehnung des englischen Parlaments. Bald nach dem Falle dieser Tunnelentwürfe bildete sich eine Kanalbrückeneisenbahn-Gesellschaft, die, gestützt auf die Vorarbeiten der französischen Ingenieure Vérard de Sainte-Anne u. Henri d'Aulnois, einen Entwurf zur Überbrückung des Kanals aufstellte, welcher in der neuesten Zeit von zwei andern französischen Ingenieuren, Henri Schneider, dem Direktor der großen Eisenwerke von Creusot, und H. Hersent, dem Unternehmer beim Panamakanalbau, umgearbeitet wurde. Wenn nun auch der Plan eines Brückenbaues jenem Tunnelbau gegenüber im Nachteil ist, indem die Brücke der Schiffahrt auf dem Kanal hinderlich, die Bauzeit eine längere und der Kostenaufwand ein bedeutend höherer wird, so trägt doch der Brückenentwurf, vom technischen Standpunkt betrachtet, bereits den Stempel der Reife. Hiernach soll die 37,65 km lange Brücke flußeiserne Überbauten erhalten, die von 100-500 m voneinander gestellten Pfeilern getragen werden und eine 72 m über Niedrigwasser befindliche, 8 m breite zweigeleisige Fahrbahn bekommen. Die Brückenachse bildet keine völlig gerade Linie, sondern setzt sich aus drei geraden Strecken zusammen, welche an den über den Sandbänken von Varne und von Colbart befindlichen Scheitelpunkten durch kurze Krümmungen verbunden sind. Hierbei schneiden die Achsen der Brückenenden die beiden Ufer bei Folkestone und Kap Gris-Nez so günstig, daß das Brückengeleise bequem an die bestehenden Linien der englischen Südostbahn und der französischen Nordbahn angeschlossen werden kann. Den verschiedenen Meerestiefen entsprechend, sind die Öffnungen von 100-500 m weit geplant, wobei die größern Weiten den größern Tiefen entsprechen. Die beiden erwähnten Sandbänke befinden sich etwa in der Mitte des Kanals 7-8 m unter Niedrigwasser und sind 6 km voneinander entfernt. Zwischen ihnen liegt eine Mulde von höchstens 27 m Tiefe unter Niedrigwasser. Zwischen der Bank von Varne und Folkestone beträgt die Tiefe höchstens 24 m, während sie zwischen der Bank von Colbart und dem Kap Gris-Nez bis auf 55 m unter Niedrigwasser wächst. An dieser tiefsten Stelle aber würde die Pfeilergründung die größten Schwierigkeiten bereiten. Die Pfeiler sollen aus steinernen Unterteilen, welche mit Hilfe und im Schutze eiserner Mantel auszuführen wären, und aus eisernen Oberteilen bestehen, die wieder aus je zwei durch Fachwerk verbundenen Säulen zusammengesetzt werden sollen. Die Träger der Brücke sind nach dem Auslegersystem geplant, welches in der Auskragung eines auf je zwei Pfeilern ruhenden Trägers über diese Pfeiler hinaus besteht, worauf dann zwischen je zwei solcher vorgekragten Trägerenden ein kleinerer Träger durch Überschiebung eingeschaltet wird: ein System, welches im größten Maßstab bei der Forthbrücke (s. Forth, Bd. 6) zur Ausführung gelangt ist. Man kann sich einen Begriff von der Ausdehnung dieses Bau-^[folgende Seite]