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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kriegsgeschichtliche Litteratur

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Kriegsgeschichtliche Litteratur (neuere: Kriege des 19. Jahrhunderts).

nommen, ging bald in andre Hände über, und erst 1867 begann die Herausgabe, welche 1888 zu Ende kam, dafür aber 12 starke Bände geliefert hat. Rousset begegnen wir von neuem auf einem ganz andern Schauplatz, dem des Orientkriegs, so daß seine Ergiebigkeit Zweifel an dem Wert der Früchte seiner Thätigkeit wachrief. Dieselben sind indessen ohne Grund. Auch in »La guerre en Crimée« (Par. 1878) bekundet er neben Scharfsinn und Unparteilichkeit gründlichen Fleiß und gewissenhafte Forschung; seine Arbeit ist eine unentbehrliche Ergänzung zu den übrigen amtlichen und halbamtlichen Werken. Eine solche ist ferner in einer von dem als Schriftsteller bekannten General Bogdanowitsch geschriebenen Geschichte des Krieges (Petersb. 1876, 4 Bde.) gegeben. Englands nächste Kämpfe, die Niederwerfung des indischen Aufstandes, sind Gegenstand von »A history of the Sepoy war« von J. W. ^[John William] Kaye und deren Ergänzung durch Oberst Malleson in »History of the Indian mutiny« (beide Lond. 1878).

»Der Krieg in Italien 1859«, bearbeitet durch das k. k. Generalstabsbüreau für Kriegsgeschichte (Wien 1872-76), eröffnet den Reigen der sogen. Generalstabswerke, mit welchen wir uns zu beschäftigen haben. Ihre Herstellung ist eine schwierige, ihr Wert ein vielfach angezweifelter. Man hat behauptet, daß die mannigfaltigen Rücksichten, welche eine amtliche Schriftstellerei sich auferlegen muß, der Aufrichtigkeit und der Treue ihrer Erzeugnisse allzusehr im Wege ständen. Es ist wahr, daß sie nicht immer alles sagen kann und darf, was sie weiß, daß sie, wenigstens noch lange nach dem Stattfinden der Ereignisse, in ihren Mitteilungen vorsichtig, in ihren Urteilen zurückhaltend sein muß, daß sie zuweilen nur andeuten, nicht aussprechen darf, und daß sie nicht selten genötigt ist, zwischen den Zeilen lesen zu lassen. Es sind dies aber verschwindend kleine Nachteile gegenüber den großen Vorzügen, daß die Geschichte von Kundigen und Wissenden auf Grund der besten Quellen geschrieben wird, vorausgesetzt natürlich, daß die Beauftragten von dem Geiste beseelt sind, dessen Besitz wir den Bearbeitern der hier zu nennenden Werke nachrühmen dürfen, von dem Streben nach Wahrheit und nach Unparteilichkeit. Neben jenem Generalstabswerk ist »La guerre d'Italie« von dem Herzog d'Almazan (Par. 1882) zu bemerken. Das amtliche Werk über den nächsten unter den hier zu nennenden Kriegen, das im Auftrag des Kongresses von der Kriegsverwaltung der Vereinigten Staaten von Nordamerika über den nordamerikanischen Bürgerkrieg herauszugebende, ist so breit angelegt und bisher so langsam gefördert worden, daß, obgleich es seit 1880 erscheint, noch nicht abzusehen ist, wann es vollendet sein wird. Die größere Lesewelt verliert nicht viel dadurch, weil das Werk nicht eine zusammenhängende Erzählung, sondern eine Sammlung von Urkunden bietet. Dasselbe gilt von den »Parliamentary papers« und den »Reports of the joint committee on the conduct of war«, das Komitee war eine nordstaatliche Untersuchungsbehörde. Für jene weitern Kreise ist durch eine große Zahl von Büchern gesorgt, von denen auf nordstaatlicher Seite das leider noch nicht ganz zu Ende geführte Werk des Grafen von Paris, auf südstaatlicher die unter verschiedenen Titeln veröffentlichten Darstellungen von E. Pollard genannt werden mögen. Die beste deutsch geschriebene Geschichte, die von C. Sander, neubearbeitet von F. Mangold (Hannov. 1881), geht leider nur bis 1862; den südstaatlichen Standpunkt wahrt in engerm Rahmen J. ^[Justus] Scheibert (Berl. 1874). In das Deutsche übersetzt (Leipz. 1877 durch Bartels) ist die »History of the American war« von J. W. ^[John William] Draper. Einzeldarstellungen sind um so zahlreicher vorhanden, als die Ereignisse sich auf weit voneinander entfernten Schauplätzen vollzogen.

Während wir bisher nur solche Werke hervorzuheben hatten, deren Erscheinen in die letztverflossenen 25 Jahre fällt und demzufolge nur ein lückenhaftes Bild des Schrifttums geben konnten, welches die betreffenden Kriege behandelt, treten wir mit den Darstellungen des deutsch-dänischen Krieges vom Jahre 1864 in die Reihe derjenigen Kämpfe, deren Geschichte wir voll in Betracht zu ziehen haben. Die Generalstabswerke nehmen hier die vordersten Plätze ein. Nachdem zuerst eine im k. k. Generalstabsbüreau geschehene Bearbeitung durch F. v. Fischer (Wien 1870) veröffentlicht worden war, folgte mit einer zweibändigen, reich ausgestatteten Darstellung (Berl. 1886-87) der preußische Generalstab, dessen Quellenmaterial bereits der früher (das. 1865) erschienenen Darstellung durch G. Gr. (af) W. (aldersee) zu Grunde gelegen hatte. Der dänische Generalstab hat mit seiner Veröffentlichung spät begonnen, so daß gegenwärtig nur der 1. Teil, die Vorgeschichte und die Zeit bis einschließlich des Rückzugs aus den Danewerken umfassend, vorliegt. Dagegen hat Oberst Vaupell der Neubearbeitung einer frühern Arbeit über die Kriege von 1848 bis 1850 im J. 1888 eine Erzählung der Begebenheiten von 1864 hinzugefügt. Es wird hier der Ort sein, einen Schriftsteller zu erwähnen, dessen Arbeiten seit dem Orientkrieg bis zum russisch-türkischen Kriege von 1877-78 jedesmal auf dem Büchermarkt erschienen, sobald in irgend einem Lande die Pforten des Janustempels geöffnet wurden. Es ist der Oberst W. Rüstow. Unter den ersten Eindrücken und auf Grund von Zeitungsberichten geschrieben, haben seine betreffenden Arbeiten trotz seiner Befähigung keinen bleibenden Wert; es sei daher unterlassen, sie zu nennen. Die Kämpfe des Jahres 1866 haben die Federn aller beteiligten Generalstäbe in Bewegung gesetzt. Die Erzeugnisse derselben erschienen auf preußischer Seite unter dem Titel: »Der Feldzug von 1866 in Deutschland« (Berl. 1868), auf österreichischer als »Österreichs Kämpfe« (Wien 1867-69), auf bayrischer (Münch. 1868) und auf sächsischer (Dresd. 1869) als »Der Anteil etc.«, auf hannöverscher als »Offizieller Bericht etc.« (Wien 1866-67). Für das Armeekorps des Prinzen Alexander von Hessen trat das »Feldzugsjournal des 8. Bundesarmeekorps« (Leipz. 1867) ein; dazu ließ die bayrische Heeresleitung »Erläuterungen« (Münch. 1867) erscheinen. Den »Badischen Verrat« behandeln zwei zu Stuttgart (1866) und eine zu Lahr (1867) ohne Angabe der Verfasser erschienene Schriften. Ganz zuletzt, aber um so gehaltvoller, kam Italien (Rom 1875). Eine erwünschte Vervollständigung der Darstellungen der Vorgänge in West- und Süddeutschland in 3 Bänden gab E. Knorr (Hamb. 1867-70); über die »Kriegsereignisse zwischen Hannover und Preußen« berichtete in gewissenhafter Forschung Fr. von der Wengen (Gotha 1886) und beantwortete die seiner Arbeit gemachten Vorwürfe durch ein offenes Sendschreiben, welches unter dem Titel: »General Vogel v. Falckenstein und der hannöversche Feldzug 1866« (Gotha 1887) erschien; das wichtigste Ereignis, die Schlacht von Königgrätz, hat M. Jähns (Berl. 1876) ausführlich geschildert. Von zusammenfassenden Darstellungen nennen wir die durch F. Blanckenburg (Leipz. 1867-68), welche den Krieg in Deutschland, und die des Timeskorre-^[folgende Seite]