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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kriegsgeschichtliche Litteratur

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Kriegsgeschichtliche Litteratur (neuere: Heeres- etc. Geschichten).

J. Johnstones »Narrative« auf südstaatlicher Seite die erste Stelle ein; vortreffliche Lebensbeschreibungen des südstaatlichen Obergenerals Lee und des Generals Stonewall Jackson hat Easton Cooke geschrieben; »Lee and his lieutenants« sowie das Leben des Präsidenten Davis hat Pollard, der Geschichtschreiber des Südens, geschildert; dem Andenken des südstaatlichen Kavalleriegenerals Stuart wird sein Stabschef H. v. Borcke in »Zwei Jahre im Sattel« (2. Aufl., Berl. 1885) gerecht; von den übrigen Reiterführern haben Kilpatrick in Frank Moore, Mosby in Crawford, Morgan in Duke Biographen gefunden. Die vielen Lebensbeschreibungen, welche Watts de Peyster geliefert hat, sind minderwertig.

Von den Italienern hat Alfons Lamarmora in »Un po più di luce« über sein politisches Wirken und über seine Feldherrnlaufbahn Bericht erstattet, und Luigi Chiala hat sich bestrebt, beide Seiten seiner Thätigkeit in hellem Glanze erstrahlen zu lassen; den Kriegsminister Fanti hat Carandini geschildert. Russisch geschrieben sind eine dreibändige Lebensbeschreibung Suworows von einem Ungenannten, des Generals Totleben von seinem ehemaligen Adjutanten Schilder; Totlebens »Vie et travaux« hat auch sein Berufsgenosse, der belgische General Brialmont, geschrieben. Eine Biographie Skobelews veröffentlichte unter dem Namen Ossip Ossipowitsch der russische Staatsrat Heyfelder.

D. Heeres-, Waffen- und Truppengeschichten.

Aus der großen Menge der hierher gehörigen Schriften können wir nur die wichtigsten anführen. Die Darstellung der Heeresgeschichte eines ganzen Staates haben zum Gegenstand: »Illustrierte Geschichte der k. k. Armee von der Begründung an bis heute« (Wien 1885) von G. Anger, ein Werk, welches bestimmt ist, die Bekanntschaft mit Österreichs Heer weiten Kreisen der Bevölkerung zu vermitteln; »Geschichte der sächsischen Armee« (Leipz. 1885) von Oberstleutnant Schuster und Francke; »Geschichte der hannoverschen Armee« (Hannov. 1866-70) von General v. Sichart, bis zum Jahr 1803 reichend; »Geschichte des russischen Heeres bis zur Thronbesteigung des Kaisers Nikolaus I.« (Hannov. 1885) von F. v. Stein; »L'armée française à travers les âges« von L. Jablonski, im Erscheinen begriffen. Nicht ganz so umfangreich sind, wie schon der Titel zeigt, die Ziele einer »Kriegsgeschichte von Bayern«, welche im Auftrag der Regierung die bayrischen Offiziere Erhard, Würdinger und Heilmann zu bearbeiten angefangen haben, deren erschienene 6 Bände (Münch. 1868) aber nicht über das Jahr 1651 hinausreichen. Eine »Kriegsgeschichte der Ungarn« veröffentlichte H. Meynert (Wien 1876). Auch kleinere Staaten haben Beachtung gefunden. So das Großherzogtum Frankfurt durch den Anwalt Bernays, dessen Arbeit nach seiner Ermordung Rittmeister v. Ardenne herausgab (Berl. 1882), und die Stadt Hamburg, deren militärische Verhältnisse bis zur Errichtung der hanseatischen Legion Gaedechens (Hamb. 1889), von 1814 bis 1874 Hauptmann Mayer (das. 1874) geschildert hat. Aus einem Preisbewerbe, welchen Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch zum Zwecke der Herstellung einer Geschichte der Reiterei ausschrieb, ging als Sieger der kanadische Oberstleutnant Denison hervor, dessen »History of cavalry« der preußische Oberstleutnant Brix unter Beifügung von Anmerkungen, deren Umfang dem des Buches gleichkommt, ins Deutsche übertragen hat (Berl. 1879). Russisch hat General Markow eine Geschichte der Kavallerie geschrieben (Petersb. 1885). General Susane hat eine Geschichte der französischen Kavallerie und der Artillerie geschrieben und die früher von ihm herausgegebene Geschichte der französischen Infanterie in ganz neuer Bearbeitung (Par. 1876) erscheinen lassen. Eine amtliche »Geschichte der k. k. Kriegsmarine«, deren bisher erschienene Bände (1885-1890) die Jahre 1797-1802 und 1848-49 behandeln, ist noch nicht abgeschlossen. Eine »Geschichte der österreichischen Artillerie« hat Hauptmann Dolleczek (Wien 1887), eine »Geschichte des k. k. Pionierregiments« Brinner (das. 1879-81) geschrieben. Die letztere Waffe behandelt auch des Generals v. Bonin »Geschichte des Ingenieurkorps und der Pioniere in Preußen« (Berl. 1876-77). »Beiträge zur Geschichte der österreichischen Kavallerie aus dem 18. Jahrhundert und aus der neuesten Zeit« hat Major Freiherr v. Mühlwerth-Gärtner (Wien 1882) geliefert. Von der »Geschichte des russischen Generalstabes« vom General Glinojetzky (Petersb. 1883) ist der erste Teil, bis 1825 reichend, von »Den danske Generalstabs Historie«, bearbeitet vom Kapitän Lange (Kopenh. 1886), der Anfang erschienen. Die Geschichte der sächsischen Feldartillerie 1620-1820 hat Hauptmann v. Kretschmar (Berl. 1876) dargestellt.

In großer Zahl sind sogen. Regimentsgeschichten, deren Inhalt vorzugsweise die Darstellung der Kriegserlebnisse bildet, erschienen. Eine Abart derselben sind die sogen. Mannschaftausgaben, meist Auszüge aus den erstern, der Weckung und Kräftigung patriotischen Sinnes und soldatischer Tugenden gewidmet und bestimmt, die Kenntnis der Vergangenheit des Truppenteils in alle Kreise desselben zu tragen. Der Wert der Regimentsgeschichten ist ein sehr verschiedener. Es gibt ausgezeichnete Werke darunter, auf gründlicher Urkundenforschung beruhend, voll militärischen Verständnisses, reiche Fundgruben kriegsgeschichtlicher Belehrung, aber auch Arbeiten, deren sich die Verfasser und fast mehr noch deren Auftraggeber zu schämen haben. Denn sehr häufig hatten jene sich der Aufgabe, die Geschichte ihres Regiments zu schreiben, nicht aus eignem Antrieb unterzogen; sie war ihnen erteilt, weil die Erledigung gewünscht wurde, und weil gerade kein mehr geeigneter Bearbeiter zu Gebote stand. Der Umfang der Regimentsgeschichten ist sehr verschieden. Von Einfluß sind natürlich zunächst das Alter des Truppenteils, die Menge der Kriege, in denen er gefochten hat, deren Bedeutung und die mehr oder minder große Reichhaltigkeit der Quellen. Dann aber hängt derselbe wesentlich davon ab, ob der Verfasser sich lediglich auf die Erfüllung seiner Aufgabe beschränkt hat, oder ob er die Geschichte der Stammtruppen aufgenommen und ob er die allgemeinen Verhältnisse der Streitmacht des Staates in Betracht gezogen hat, welcher der betreffende Truppenteil angehörte. Wo der letztere Weg gewählt wurde, sind häufig Werke von hohem heeres- und kulturgeschichtlichen Werte entstanden, denen freilich der Vorwurf gemacht werden kann, daß sie des Guten zu viel gegeben und über ihr Ziel hinausgeschossen haben. Zu solchen Arbeiten gehören namentlich mehrere der bayrischen Regimentsgeschichten und Geschichten solcher preußischer Regimenter, in denen Stammtruppen verschiedener kleiner deutscher Staaten vereinigt sind. Die französischen Regimentsgeschichten bieten die Eigentümlichkeit, daß sie, ohne Rücksicht auf die Entstehung des Truppenteils, den letztern als den Erben der Vergangenheit aller der nämlichen Waffe angehörenden Truppenteile betrachten, welche jemals die Nummer des erstern getragen haben. Frankreich und Deutschland