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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Markthallen

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Markthallen (Allgemeines, Paris).

z. B. bei den im übrigen aufs großartigste angelegten Pariser Zentralhallen empfindlich fühlbar, bei denen die gesamte Lebensmittelanfuhr des Nachts mittels Fuhrwerks bewirkt werden muß. Wird in der Großmarkthalle auch Kleinhandel getrieben, so ist ihre Lage im Verkehrsmittelpunkt der Stadt oder des größern Stadtbezirks, den sie versorgen soll, erforderlich. Die Kleinmarkthallen liegen wieder in den verkehrsreichsten Mittelpunkten ihrer engern Stadtviertel. Womöglich sind die M. ringsum mit Anfahrtstraßen zu umgeben, doch hat sich auch, wie z. B. in Berlin, eine Anordnung bewährt, bei der die M. aus Kostenrücksichten auf eingebauten Grundstücken errichtet sind und nur auf zwei Seiten Zufahrtstraßen haben. Eine Lage mitten auf freien Plätzen empfiehlt sich ebensowenig wie eine Hindurchführung lebhafter Verkehrsstraßen durch die M.

Die besondere bauliche Konstruktion ist bei den Groß- und Kleinmarkthallen im großen und ganzen dieselbe, der Unterschied liegt im wesentlichen in der innern Einrichtung. Der Großmarkt fordert mehr ungeteilte, von Verkaufständen freizuhaltende Flächen. Daselbst werden in geeigneter Weise die Lagerräume der Großverkäufer abgegrenzt und für diese und die Makler Kontors eingerichtet oder zum wenigsten Schreib- und Verkaufstische aufgestellt. In den Gängen zwischen den Lagerräumen werden Estraden für das sich an den Versteigerungen beteiligende Publikum errichtet. Mit den Eisenbahn- und Schiffsladestellen ebenso wie mit den Lagerkellern sind die Hallenräume durch Treppen oder Rampen und starke Aufzüge verbunden. Beide Arten von Hallen werden zweckmäßig für Fuhrwerk zugänglich gemacht und zum Verwiegen desselben in der Nähe eines Einfahrtsthors mit Zentesimalwage versehen. Bei den Großmarkthallen ist dies unumgänglich nötig. Die Fußboden werden teils in Klinkersteinen oder verschiedenen Arten von Thonfliesen (Mettlacher Platten u. dgl.) hergestellt, teils mit Asphalt belegt und sind gut zu entwässern. Der Gesamtaufbau ist in Eisen und Stein zu errichten. Für die Umfassungswände hat man vielfach Eisenfachwerk angewandt, besser sind zur Vermeidung zu schneller Temperaturausgleiche lediglich steinerne Mauern. Aus demselben Grunde und um bei ruhiger und ausgiebiger Beleuchtung doch die Sonnenstrahlen fernzuhalten, führt man das Tageslicht durch abgeblendete seitliche Oberlichter unter Anwendung von Sheddächern u. dgl. ein, die zugleich eine wirksame Lüftung gestatten. Windfänge sind nicht zu vergessen. Für reichliche Bewässerung durch Laufbrunnen, Zapfhähne etc. ist überall zu sorgen, ebenso für ausgiebige Abendbeleuchtung durch Gas oder elektrisches Licht, auch (elektrische) Uhren dürfen nicht fehlen.

Für den Kleinhandel ist eine Standeinteilung erforderlich, wobei die Abmessungen der Stände je nach den Waren und den örtlichen Gewohnheiten verschieden sind. Die Größe der festen Stände wechselt von 4-10, ja 15 qm Grundfläche; kleinere Standplätze von 1-2 qm werden für Grünwarenhändler u. dgl. in den breitern Gängen durch farbige Linien auf dem Fußboden abgegrenzt. Bei Vereinigung von Groß- und Kleinmarkthallen wird dazu Zweckmäßig der breite, zwischen dem Groß- und Kleinverkehr befindliche Fahrweg ausgenutzt. Die Hauptzugänge werden mindestens 3 m, besser 5 m und sogar bis 8 m breit angelegt, die Zwischenwege 2 m und mehr. Es wird sich somit in der Regel eine Achsenteilung der Standreihen von mindestens 6 m ergeben. Die Einrichtung der Stände ist zumeist eine sehr einfache und besteht nur in seitlichen Gitterbrüstungen, höher geführten, mit Regalen versehenen Rückwänden und über diesen einer Vorrichtung zum Anbringen der Firmenschilder. Ihre Vervollständigung mit Verkaufstischen, Stühlen etc. bleibt den Verkäufern überlassen. Mehr ladenartig eingerichtet werden die Stände für den Handel mit Fleisch und Fischen. Die erstern, welche der Übersichtlichkeit der Halle wegen zweckmäßig an deren Umfassungswände gelegt werden, sind vollständige, kleine, in Eisen konstruierte Läden, mit unten hölzernen, oben aus Drahtgeflecht hergestellten Teilungswänden und Verkaufstischen mit Marmorplatte an der Vorderseite sowie ausgestattet mit Fleischaufhängevorrichtungen, einem drehbaren Ausleger zum Anbringen der Schnellwage und einer Vorrichtung zur Aufnahme des Firmenschildes. Die Stände für Flußfische haben mehrfach geteilte Fischbehälter aus weißen Marmorplatten, die mit Drahtgeflechtdeckeln versehen und, um bequem zu den Wasserröhren gelangen zu können, auf Granitwürfeln gelagert sind. Die niedrigen Teilungswände bestehen aus Eisengestellen und Gitterwerk und sind ebenfalls mit Vorkehrungen zur Anbringung der Wagen und Firmenschilder versehen. Die Stände für Seefischhandel haben die gleiche Einrichtung und nur statt der Fischkasten Tische mit Eichenholz- oder Marmorplatten zum Aufstellen der Körbe. Zur Freihaltung der Gänge sind alle Stände etwas über den Hallenfußboden erhöht; die Fischstände werden nach innen entwässert. Zur Aufbewahrung der Marktgüter müssen die M. durchweg Lagerkeller, für Fleisch und Fische auch Eiskeller erhalten, die durch Treppen und Aufzüge mit dem Erdgeschoß zu verbinden sind. Einige dieser Aufzüge dienen zur Beseitigung des Kehrichts während der Marktzeit. Die Einteilung der Keller mit Längs- und Querwänden aus Drahtgeflecht ist ähnlich wie oben in den Hallen; ihre einzelnen Abteilungen erhalten Schiebethürverschlüsse. Bisweilen werden die M. zweigeschossig angelegt, d. h. mit Galerien versehen, die dann gewöhnlich dem Handel mit Hausgerät, Holzwaren u. dgl. dienen. An Nebenräumen sind Zimmer für die Betriebsverwaltung und Marktpolizei, Aborte und Restaurationsräume erforderlich; für die Großhallen treten noch Räume für Güterabfertigung, Zollerhebung und für die Schauämter sowie neben den schon erwähnten Kontors und Lagerräumen Fernsprecheinrichtungen für die Großhändler hinzu.

Unter den europäischen Großstädten haben begreiflicherweise Paris, London und neuerdings auch Berlin die bemerkenswertesten M. aufzuweisen. Die ersten wurden in Paris errichtet; sie reichen dort bis in den Anfang des 13. Jahrh. zurück. Schon im vorigen Jahrhundert befanden sich geschlossene Hallen in dem Stadtviertel, wo jetzt die 1811 durch Napoleon I. gegründeten Halles centrales stehen. Der 1878 vollendete Teil der geplanten Gesamtanlage dieser berühmten M. besteht aus 10 Marktpavillons, die durch 15 m breite bedeckte Straßen untereinander verbunden sind und durch den 31,5 m breiten Boulevard des Halles in eine östliche und westliche Hälfte zerlegt werden. Der östliche Teil (Fig. 1 u. 2, Grundrisse des Erdgeschosses u. des Untergeschosses) wurde 1878 durch Napoleon III. neu eröffnet. Nur seine Abteilungen 3-6 sind vorhanden, die Abteilungen 1 und 2 und die beiden Verwaltungsgebäude, welche die in den Markthallenkomplex hineingezogene Getreidehalle umgeben, harren noch der Ausführung. Der westliche Teil besteht aus 6 Pavillons, von denen