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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Nebenplätze; Nedschd; Neipperg; Nelson; Nemirówitsch-Dántschenko; Neoskulptur; Nerrlich

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Nebenplätze - Nerrlich.

Meeresstraßen überwindet er leicht, größere nur durch Zufall. Er wandert, schützt sich, leistet Widerstand, erobert nicht einzeln, sondern als Stamm oder Volk, er entwickelt sich in und durch die Genossenschaft, er vermag sich als Einzelner in eine fremde Genossenschaft hineinzuleben oder als Volk einzelne Fremde sich zu assimilieren; verschiedene Stämme wirken nicht immer vernichtend aufeinander, sondern vermischen sich oder leben nebeneinander im labilen Gleichgewicht oder im symbiotischen Verhältnis. Der Naturmensch ist als Einzelwesen fast so abhängig vom Klima wie die einzelne Pflanzenart, besitzt aber als Art eine ganz außerordentliche Anpassungsfähigkeit, vergleichbar den Pflanzen in ihrer Gesamtheit. Wenn nun aber ein solches analoges Verhältnis zwischen Mensch und Pflanze in jenen Gebieten bisher bestanden hat, so wird es bald verschwinden. Der Europäer bringt die moderne Kultur mit, die natürliche Entwickelung der ethnologischen Verhältnisse vollkommen abbrechend. Wird nun die Pflanzenwelt Südasiens ihren natürlichen Gang weiter wandern? Werden die nordischen Nadelhölzer und Kätzchenträger von ihren Gebirgshöhen herabsteigen, wenn mit zunehmender Abkühlung die ihnen klimatisch günstige Zeit gekommen sein wird? Werden sie dann dort, wie sie es früher wohl bei uns gethan haben mögen, die reiche Tropenflora auch aus ihren letzten Zufluchtsstätten verdrängen? Redner glaubt, daß es dahin nicht kommen wird. Der größte Teil des Waldes beider Floren wird schon in naher Zeit dem Feuer und der Axt zum Opfer fallen; schon jetzt, im Anfang der modernen Kulturentwickelung, sind die Wälder des tropischen Asien nur noch Trümmer im Vergleich zu ihrer frühern Herrlichkeit, der australische Cedrelenwald, dieses pflanzengeographisch so wichtige Randgebiet von Queensland, wird in wenigen Jahren eine Mythe sein; in Java ist es schwer, überhaupt noch einen Begriff davon zu bekommen, wie ein ursprünglicher Ebenenwald aussieht. Auf Grund dieser Thatsachen forderte Redner ein rasches Eingreifen der Wissenschaft, um nicht die letzte Stunde zu versäumen, die für die Geschichte des Pflanzenreichs wichtigen Aufschlüsse zu gewinnen.

Den letzten Vortrag hielt Rode (Norderney) über die Kinderheilstätte Seehospiz Kaiserin Friedrich auf Norderney. Der Vortragende berichtete über die Erfolge der Anstalt bei Skrofulose, beginnenden Lungen- und Nervenleiden und ermahnte zu stärkerer Benutzung im Winter. Es sei vielfach in ärztlichen Kreisen noch ein gewisses Vorurteil gegen die Überwinterung von Kranken auf Norderney vorhanden, weil man sich von dem dortigen Winterklima eine ganz falsche Vorstellung mache. Dasselbe zeichne sich aber durch große Milde aus, es sei dort im Winter durchschnittlich 2-3° wärmer als in Bremen oder Berlin. Gänzlich fehlen die schroffen Übergänge, welche im Binnenland mit Recht gefürchtet sind. Die Tagestemperatur zeigt nur ganz geringe Schwankungen, und meist übertrifft noch die Abendtemperatur die des Morgens, so daß den Kranken selbst spät am Abend der Aufenthalt im Freien gestattet werden kann. Von 167 Tagen der letzten Winterkur waren nur 10 Tage gänzlich und 7 Tage teilweise zum Aufenthalt im Freien ungeeignet; in der übrigen Zeit genossen die Pfleglinge täglich 2,5 bis 4 Stunden an schönen Tagen die frische Luft. Durch diese günstigen Verhältnisse wurden denn auch bei chronischen Lungenkrankheiten wie bei Skrofulose hocherfreuliche Heilerfolge während der Winterkuren im Seehospiz erzielt.

Nebenplätze, Wechselplätze, an welchen die deutsche Reichsbank kein Kontor hat.

Nedschd bezeichnet im türkischen Amtsstil ein zum Wilajet Basra gehöriges Sandschak, die als Landschaft el Hasa genannte Nordhälfte der Ostküste von Arabien, welche mit dem eigentlichen N. im Innern der Halbinsel nichts zu thun hat. Hauptstadt ist el Hofûf, Unterabteilungen (Kazas) Katîf und Kastar.

Neipperg, Erwin Franz Ludwig Bernhard Ernst, Graf von, österreich. General, geb. 6. April 1813 zu Schwaigern in Württemberg als Sohn des Generals Adam Albert, Grafen von N. (gest. 1829), absolvierte die Ingenieurakademie, trat 1830 in die Armee, ward 1831 Oberleutnant, 1836 Rittmeister, 1847 Major, nahm 1848 an der Einnahme von Wien, 1848-49 am Kriege in Ungarn teil, ward 1850 Oberst und Kommandant des 2. Dragonerregiments, 1854 Generalmajor und Brigadier und 1863 Feldmarschallleutnant und Divisionär. Nachdem er 1864 den Feldzug gegen Dänemark mitgemacht hatte, ward er zum Kommandanten der Bundesfestung Mainz ernannt und befehligte 1866 die 4. Division des 8. deutschen Bundesarmeekorps, welche 14. Juli bei Aschaffenburg von der preußischen Mainarmee besiegt wurde. Er erhielt 1867 das Kommando einer österreichischen Division, 1869 das Generalkommando in Wien, dann in Lemberg, ward 1870 General der Kavallerie und 1878 Kapitän der k. u. k. Trabantenleibgarde und der Leibgarde-Infanteriekompanie. N. ist Haupt des standesherrlichen Hauses N., erbliches Mitglied des österreichischen Herrenhauses und seit 1865 Inhaber des 12. Dragonerregiments.

Nelson, Horatio, Viscount, brit. Seemann. Seine Biographie schrieb Lathom Browne: »The public and private life of Horatio, viscount N.« (Lond. 1890).

Nemirówitsch-Dántschenko, Wassilij Iwanowitsch, russ. Schriftsteller, geb. 5. Jan. 1849 im Kaukasus, entstammt einem kleinrussischen Adelsgeschlecht, war sieben Jahre in einem Kadettenkorps zu Moskau, schied aber aus demselben aus, um sich der Schriftstellerei zu widmen. Seine Wanderlust verschlug ihn hierauf in den Norden Rußlands, nach Lappland und an die Murmanküste, und die Eindrücke dieser Reise, die er in den Büchern »Ssolowki« und »Lappland und die Lappländer« veröffentlichte, lenkten zuerst die Aufmerksamkeit auf den begabten, keck mit frischen, saftigen Farben malenden Schriftsteller, der nach seiner Rückkehr aus dem Norden sich wieder auf die Wanderung begab und ganz Europa, Nordafrika, Kleinasien und Persien durchstreifte, um dann 1877/78 als Kriegskorrespondent den ganzen russisch-türkischen Feldzug mitzumachen. Seine hier gesammelten Beobachtungen und Eindrücke verwertete er für die vielgelesenen Romane: »Gewitter«, »Plewna und Schipka« und »Vorwärts«, die ihn so populär machten, daß er sich ganz der Belletristik hingab. Seit 1880 veröffentlichte er sodann eine Reihe von Romanen, wie »Patmos«, »Die Heldenfamilie«, »In eiserner Faust«, »Börsenfürsten« etc., in denen er ein beträchtliches koloristisches Talent entfaltete und als ein warm und lebendig, wenn auch zuweilen hastig und flüchtig schreibender Erzähler sich bewährte. Mehrere seiner Werke sind auch ins Deutsche übersetzt worden.

Neoskulptur, s. Holzverzierungen, S. 432.

Nerrlich, Paul, Litterarhistoriker und philosoph. Schriftsteller, geb. 25. Aug. 1844 zu Quaritz im Regierungsbezirk Liegnitz, studierte von 1863 an in Heidelberg und Berlin Theologie und Philosophie,